Julia Extra Band 363
der Tatsache, dass er sie anfangs für eine recht unausgeglichene Frau gehalten hatte, kam dieser Gefühlswechsel ziemlich überraschend. Er konnte es selbst kaum glauben. Sogar jetzt im Wagen hätte er am liebsten seine Hand ausgestreckt und auf die ihre gelegt, sie davon überzeugt, dass er keine Bedrohung darstellte. Andererseits hatte er noch nie jemanden getroffen, der ihn derart zur Weißglut brachte, und war sich nicht sicher, wie er mit der Situation umgehen sollte.
Kristie sah absolut hinreißend aus in ihrem himmelblauen Kostüm. Wenn sie sich endlich einmal locker machen würde, könnte es ein sehr schöner Abend werden. Er fragte sich, wie sie wohl auf den Vorschlag seiner Mutter reagieren würde.
„Nun, was meinen Sie?“
Erstaunt blickte Kristie Mrs Mandervell-Smythe einige Sekunden lang an, bevor sie antwortete. „Das kommt sehr überraschend. Es ist sehr großzügig von Ihnen, aber …“
„Radford hat mir erzählt, dass Sie in einer Ecke Ihres Wohnzimmers arbeiten. Das ist nicht ideal, meine Liebe, noch dazu, da eine Frau und ein Kind im selben Haus wohnen. Wie schaffen Sie das nur? Nehmen Sie das Angebot an. Es ist doch die perfekte Lösung.“
Doch Mrs Mandervell-Smythe wusste nicht, was sie Kristie da vorschlug. Wie könnte sie jemals in dem Haus arbeiten, in dem Radford ein- und ausging?
„Kommen Sie, ich zeige es Ihnen“, meinte die ältere Dame entschlossen.
Während sie hinter seiner Mutter das Zimmer verließ, warf Kristie einen Blick auf Radford. Ein geheimnisvolles Lächeln lag auf seinen Lippen – ein Lächeln, das ihr verriet, dass das Ganze wohl doch eher sein Werk war.
„Laufen Sie“, meinte er. „Sie wollen doch nicht, dass meine Mutter Sie für undankbar hält?“
„Das war Ihre Idee, nicht wahr?“, fauchte sie leise. „Was für eine Frechheit, sich so in mein Leben einzumischen!“
„Wie können Sie denn arbeiten, mit so einem Bengel, der ständig um Sie herumwuselt? Ich handle nur in Ihrem Interesse“, erwiderte Radford, immer noch lächelnd.
„Darauf kann ich verzichten“, zischte Kristie und eilte davon, um seine Mutter einzuholen. Sie durchquerten mehrere Korridore, bis sie zu einem Raum gelangten, der Kristies Schätzung nach auf der Westseite liegen musste – ziemlich weit weg vom Wohnbereich.
„Das hier war das Arbeitszimmer meines Gatten“, erklärte Mrs Mandervell-Smythe und öffnete die Tür. „Es wird nicht mehr genutzt. Radford hat sein eigenes Arbeitszimmer, aber die meiste Zeit arbeitet er in London. Merkwürdig, dieser Tage hat er es gar nicht eilig, zurückzufahren. Ich nehme an, es ist wegen Felicitys Hochzeit – er weiß, dass ich es ohne ihn nie schaffen könnte. Natürlich auch nicht ohne Sie, meine Liebe. Sie glauben gar nicht, wie dankbar ich bin, dass Sie mir all die Arbeit abnehmen.“
Kristie lächelte schwach.
„Was sagen Sie?“, fragte die ältere Dame, während Kristie ihren Blick durch den eichengetäfelten Raum schweifen ließ. „Können Sie hier arbeiten?“
Es war ein weitläufiger Raum mit einem riesigen Schreibtisch und endlosen Regalen. Vor den beiden hohen Fenstern, die einen Ausblick auf den Garten hinter dem Haus boten, standen zwei tiefe schwere Ledersessel. Verglichen mit ihrem beengten Arbeitsplatz daheim würde es ein Traum sein, hier zu arbeiten. Es gab nur einen Haken.
„Es ist sehr großzügig von Ihnen, Mrs Mandervell-Smythe …“
„Bitte, nennen Sie mich doch Peggy!“
Kristie brachte nur mit Mühe ein Lächeln heraus. „Peggy. Ich glaube nicht, dass ich Ihr Angebot annehmen kann. Es ist …“
„Unsinn. Sie würden mir damit einen Gefallen tun. Ansonsten müssten wir ständig telefonieren. Felicity ist bekannt dafür, ihre Meinung zu ändern.“
Die Dame hatte durchaus recht. Kristie musste zugeben, dass sich so eine Chance wohl nie wieder bieten würde. Kostenloser Zugang zu einem solch prächtigen Arbeitszimmer! Doch wenn sie Radford die ganze Zeit am Hals hatte, würde sie nicht viel Freude daran haben. „Wessen Idee war das eigentlich, Ihre oder die von Radford?“
„Es war meine Idee“, antwortete Peggy sofort. „Es ist jammerschade, dass Edwards Arbeitszimmer nicht mehr genutzt wird. Bitten sagen Sie Ja. Es kostet Sie keinen Penny.“ Peggy zeigte durch eines der französischen Fenster nach draußen. „Sie können dieses Tor benutzen und kommen und gehen, wie Sie wollen. Hinten gibt es reichlich Parkplätze.“
„Was ist mit dem Haupteingang?“
„Sie bekommen von
Weitere Kostenlose Bücher