Julia Extra Band 363
es nicht vorbeigegangen, wie unwohl sich Kristie hier im Kreise seiner Familie fühlte. Eigentlich hatte er angenommen, dass sie angesichts eines solchen Angebots sofort Feuer und Flamme wäre. Er war etwas überrascht gewesen, als sie so lange mit ihrer Entscheidung gezögert hatte. Allerdings hatte er dann schnell erkannt, dass er selbst der entscheidende Faktor war. Doch Kristies Sorgen waren unbegründet. Obwohl er nichts lieber täte, als hierzubleiben und sie besser kennenzulernen, warteten dringende geschäftliche Angelegenheiten auf ihn.
Kristie versuchte angestrengt, sich auf ihren Teller mit Meeresfrüchten zu konzentrieren. Ihre Wangen waren gerötet. Radford hingegen behagte es sichtlich, dass seine Mutter sie beide vis-à-vis gesetzt hatte.
Peggy fürchtete schon, dass ihr Sohn nie die richtige Frau fürs Leben finden würde. Wenn sie seine Gedanken lesen könnte, täte sie alles dafür, die beiden zu verkuppeln. Es würde ein ganz unverhohlener Versuch werden, den Kristie sofort durchschauen würde und der bereits mehrere Frauen vor ihr in die Flucht geschlagen hatte.
Radford spürte Kristies Erleichterung, als die Mahlzeit schließlich beendet war. Sie hatte eher mit ihrem Essen gespielt als etwas zu sich zu nehmen, und sie hatte ihn durch ihre langen Wimpern beäugt, wann immer sie sich sicher wähnte. Zwar hatte sie sich an der Konversation beteiligt und durchweg interessante Antworten gegeben, doch sobald sie dazu gezwungen worden war, mit Radford zu sprechen, hatte sie ihre Scheuklappen ausgefahren.
Nun, er würde schon noch herausfinden, warum sie ihn so verachtete – hoffentlich schon heute Abend, wenn er sie nach Hause führte.
Mit einer Rothaarigen war Radford noch nie ausgegangen. Je länger er Kristie betrachtete, umso dringender brannte in ihm das Verlangen nach ihr. Er konnte es nicht mehr leugnen. Seine Hormone standen in Alarmbereitschaft. Er gestattete sich, unter dem Tisch ihren Fuß zu berühren, und wurde mit einem lodernden Blick belohnt. Außerdem errötete Kristie noch ein wenig mehr. Offenbar war sie nicht gerade immun gegen seine Berührung.
Er konnte ein Lächeln darüber nicht verbergen, was ihm einen weiteren scharfen Blick einbrachte. Erstaunlich, wie sehr er genießen konnte, dass sie wütend auf ihn war. Kristie stand abrupt auf. „Ich sollte jetzt wirklich fahren, Mrs Mandervell … Peggy. Ich möchte nicht länger bleiben als erwünscht. Noch einmal vielen Dank für das liebenswürdige Angebot. Ich werde mich Anfang nächster Woche einrichten, wenn das in Ordnung ist?“
Peggy strahlte. „Mehr als in Ordnung. Radford, hast du die Schlüssel gefunden?“
Radford hatte gehofft, dass seine Mutter das vergessen würde – somit hätte er einen Vorwand gehabt, Kristie an ihrem neuen Arbeitsplatz aufzusuchen. Er fischte die Schlüssel aus seiner Hosentasche und ließ sie vor Kristies Nase baumeln. „Bitte sehr.“ Er wusste nur allzu gut, dass sie die Tür ihres Arbeitszimmers fest verschlossen halten würde. Und zwar nur gegen ihn – niemand sonst. Der Gedanke ließ ihn bitter aufstoßen. Nun, er würde morgen nach London zurückkehren und sie schnellstens vergessen.
Als er sich erhob, meinte Kristie schnell: „Machen Sie sich keine Umstände. Ich rufe ein Taxi.“
Doch seine Mutter protestierte. „Radford wird Sie fahren.“
„Meine Mutter hat ihrem Fahrer heute Abend freigegeben“, erklärte Radford gepresst. Der Ausdruck in Kristies Gesicht gefiel ihm gar nicht.
Er beschloss, während der Fahrt kein Wort zu sagen. Doch es klappte nicht ganz so, wie er sich das vorstellte – ihre Gegenwart allein schärfte und alarmierte seine Sinne, und der Geruch ihres Körpers wirkte auf ihn wie ein aggressives Aphrodisiakum.
Immerhin drängte sich Kristie nicht gegen die Wagentür wie vorhin – also vielleicht bestand ja doch noch ein Fünkchen Hoffnung. Er hätte alles gegeben, zu wissen, welche Gedanken durch ihren Kopf schwirrten.
„Warum wollten Sie so früh gehen?“, fragte Radford, während er den Wagen aus der Einfahrt manövrierte.
„Es ist bereits halb elf“, erwiderte Kristie stirnrunzelnd. „Nicht, dass ich mich rechtfertigen müsste, aber ich war bereits um fünf Uhr früh auf den Beinen.“
Radford blickte sie mit hochgezogenen Brauen an. „Ich dachte, Sie wollten vielleicht vor mir davonrennen?“
Kristie wandte sich ihm zu. Das Licht des beinahe vollen Mondes verlieh ihrem Gesicht eine eisige Schönheit. „Bilden Sie sich ja nichts
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