Julia Extra Band 364 (German Edition)
griff wieder zu Messer und Gabel. „Könnten wir jetzt vielleicht endlich essen, bevor alles kalt wird?“
„Die Vorspeise ist sowieso kalt.“
Sie warf ihm einen finsteren Blick zu. „Ich versuche gerade das Thema zu wechseln.“
„Das ist mir nicht entgangen. Aber warum?“, fragte er.
Gemini war noch nie einem Mann begegnet, der sie innerhalb von so kurzer Zeit ins Gefühlschaos stürzen konnte: Mit ihm durchlebte sie Verwirrung, Erregung, Lust, Verärgerung, Wut und jetzt reinste Frustration angesichts seiner Entschlossenheit, auf seine Frage eine Antwort zu erhalten.
Sie presste trotzig die Lippen aufeinander. „Singt heute Abend irgendein berühmter Opernstar?“
„Erst will ich eine Antwort, Gemini.“
Sie lachte hart auf. „Gibt es wirklich immer noch Frauen, die auf dieses Macho-Ding stehen?“
„Oh, glaub mir, die gibt es durchaus“, erwiderte er.
„Nun, ich kann dir jedenfalls glaubhaft versichern, dass ich nicht dazugehöre.“
Drakon war fest überzeugt davon, dass Gemini ihm irgendetwas verheimlichen wollte. Genauso wie er eben mehr oder weniger unbewusst versucht hatte, auf Abstand zu gehen, indem er sie gekränkt hatte, aus Angst, die Kontrolle über die Situation … über seine Gefühle zu verlieren.
„Also gut, wie wäre es, wenn ich mich für meine mangelnde Sensibilität von eben entschuldige?“, fragte er, weil er nicht oft in die Verlegenheit kam, sich entschuldigen zu müssen.
„Einverstanden.“
Er nickte zufrieden. „Schön, dafür erzählst du mir jetzt, was mit dem Verlobungsring deiner Mutter passiert ist.“
Gemini schaute ihn ungläubig an. „Wie? Das soll deine Entschuldigung gewesen sein?“
„Ja.“
„Und besser geht wirklich nicht?“
Sie machte sich doch nicht etwa lustig über ihn? „Im Moment nicht, nein.“
Sie lachte leise auf. „Tja, da kann man dir ja wirklich nur schwer böse sein, wenn du dich so … überzeugend entschuldigst.“
„Gemini!“
Sie seufzte. „Also schön, wenn du es unbedingt wissen musst …“
„Ja, ich muss.“
Gemini war wieder blass geworden. „Nun, wie schon gesagt hat mein Vater die Ohrringe, die Halskette und das Armband nach Mamas Tod an mich weitergegeben, weil er wollte, dass ich die Sachen trage. Nur Mamas Verlobungsring und ihren Ehering hat er behalten.“
Drakon nickte. „Verständlich.“ Er dachte an seine eigene Mutter, die den Ehering seines Vaters wie einen wertvollen Schatz hütete. Ab und zu holte sie den Ring heraus und nahm ihn ganz fest in die Hand, während sie an den Mann dachte, den sie so sehr geliebt hatte, dass ihr nie in den Sinn gekommen war, ein zweites Mal zu heiraten. „Und wo sind die Ringe jetzt?“, fragte er.
Gemini lächelte traurig. „Dreimal darfst du raten.“
Einmal genügte. Es war unglaublich. Schlicht unerträglich!
„Ich will es aber aus deinem Mund hören“, forderte er sie heiser auf.
Gemini seufzte. „Das Testament, das mein Vater hinterlassen hat, hat er kurz nach seiner Hochzeit mit Angela verfasst. Damals waren seine Gefühle für sie noch ganz ungetrübt“, erzählte sie mit dumpfer Stimme.
Drakon schaute sie entgeistert an. „Dein Vater hat sich darauf verlassen, dass Angela die Ringe deiner Mutter nach seinem Tod an dich weitergibt?“
„Das würde ich meinen, ja.“
„Aber sie hat es nicht getan?“
Oh, in Wirklichkeit war es noch viel schlimmer. Nicht genug damit, dass Angela nicht einmal im Traum daran gedacht hatte, die Ringe an sie weiterzugeben, kostete sie es auch noch aus, den Verlobungsring von Geminis Mutter in der Öffentlichkeit – und vor Geminis Augen – zu tragen.
„Hat sie nicht, nein“, bestätigte Gemini tonlos. „Aber könnten wir jetzt vielleicht endlich damit aufhören und essen?“, fügte sie fast schon verzweifelt hinzu, bemüht, das Thema zu wechseln … obwohl ihr der Appetit möglicherweise ein weiteres Mal vergangen war.
10. KAPITEL
Sie landeten auf dem Flughafen von Verona, wo sie von einer Limousine mit Chauffeur abgeholt wurden. Gemini saß eine Weile allein im Wagen und wartete auf Drakon, der kurz weggegangen war, um zu telefonieren.
„Alles in Ordnung?“, fragte sie, nachdem er wieder neben ihr im Auto saß.
„Alles bestens.“ Dabei warf er ihr ein knappes Lächeln zu.
Als sie sich wenig später im Amphitheater unter die bunte Schar festlich gekleideter Opernbesucher an der Champagnerbar mischten, registrierte Gemini die begehrlichen Blicke, mit denen zahlreiche der glamourös gestylten
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