Julia Extra Band 364 (German Edition)
Frauen Drakon bedachten. Was sie nicht sonderlich überraschte, weil er fraglos der attraktivste Mann weit und breit war.
„Wenn du deine Freunde begrüßen willst, tu dir keinen Zwang an“, bemerkte sie, nachdem ihr aufgefallen war, dass Drakon immer wieder für Leute – in der Mehrzahl Frauen –, die ihm zuwinkten, nicht mehr als ein höfliches Nicken übrighatte.
„Das sind Geschäftskontakte, keine Freunde.“ Drakon warf einen arroganten Blick in die Runde, bevor er sich Gemini wieder zuwandte. „Und ich verspüre nicht die leiseste Sehnsucht, mich heute Abend mit ihnen zu befassen.“
„Ich glaube kaum, dass die sexy Rothaarige da drüben einen Geschäftskontakt in dir sieht“, neckte ihn Gemini, nachdem sie den schwülen Blick der Frau bemerkt hatte.
„Ich bin nicht dafür verantwortlich, was andere Leute in mir sehen“, erwiderte Drakon, ohne die Rothaarige auch nur eines einzigen Blickes zu würdigen. „Wie schmeckt dir der Champagner?“
Es erfüllte sie mit Genugtuung, dass er offenbar einzig an ihrem Wohlergehen interessiert war. „Danke, sehr gut.“
Drakon aalte sich in ihrem warmen Lächeln, gewiss nicht nur, aber auch, weil ihm aufgefallen war, dass ihr viele Männer begehrliche Blicke zuwarfen, was sie allerdings überhaupt nicht zu registrieren schien.
Etwas später ließ er im Verlauf des Gesprächs beiläufig einfließen, dass er nicht vorhatte, heute noch zurückzufliegen. Gemini blieb so abrupt stehen, dass das Pärchen hinter ihnen fast mit ihnen zusammengestoßen wäre und sie sich entschuldigen musste.
„Wieso das denn?“, fragte sie völlig perplex, während er entschlossen ihren Arm nahm und sie in eine abgelegene Ecke lotste.
Dort ließ er sie los und sagte mit einem Schulterzucken: „Ich wusste natürlich, dass es spät wird heute Abend, deshalb habe ich für uns eine Hotelreservierung vornehmen lassen.“
Gemini schnappte empört nach Luft. „Und das machst du einfach, ohne mich zu fragen? Für wen hältst du dich eigentlich? Ich habe ja nicht mal etwas zum Übernachten dabei … ich meine, du kannst doch nicht einfach über meinen Kopf hinweg solche Entscheidungen treffen!“
„Jetzt ist es aber nicht mehr zu ändern“, erwiderte er ungerührt.
Geminis Wangen brannten vor Empörung. „Was für ein selbstherrlicher Macho bist du eigentlich? Ich frage mich bloß, wann du endlich begreifst, dass du nicht einfach so über mich verfügen kannst. Die Einzige, die hier Entscheidungen für mich trifft, bin ich selbst und sonst gar niemand!“
Sie war aufrichtig erbost über so viel männliche Großkotzigkeit, obwohl ihr bewusst war, dass sie jetzt langsam wieder runterkommen musste, wenn sie sich nicht selbst um das Vergnügen einer großartigen Operninszenierung bringen wollte. Deshalb holte sie jetzt tief Luft und fuhr in versöhnlicherem Ton fort: „Also gut, lassen wir das jetzt. Wir sollten lieber reingehen, um die Oper zu genießen. Ich glaube, es hat schon das erste Mal geläutet.“
Das Letzte, worauf Drakon es angelegt hatte, war es, Geminis Unmut zu erregen, ganz im Gegenteil. Er hatte ihr mit seiner Einladung eine Freude machen wollen, auch wenn ein kleiner Hintergedanke dabei war, von dem sie – noch – nichts wissen sollte. Dafür, dass er die Übernachtungsfrage eigenmächtig entschieden hatte, gab es gute Gründe, die viel weniger selbstherrlich waren, als sie glaubte, aber das musste er – zumindest vorerst noch – für sich behalten. Deshalb konnte er jetzt nur versuchen zu retten, was noch zu retten war …
„Ja, du hast recht. Lass uns reingehen“, willigte er erleichtert ein.
Die erste Stunde der Aufführung verbrachte Drakon weitgehend damit, Gemini zu beobachten, statt das Drama zu verfolgen, das sich da vor den Zuschauern auf der Bühne entfaltete. Während Gemini atemlos der künstlerischen Darbietung lauschte, verschlang er seine Begleiterin förmlich mit Blicken … in allen wunderschönen Einzelheiten: ihr perfektes Profil, die elegante Säule ihres Halses, die verführerische Wölbung ihrer Brüste.
Ihre Jungfräulichkeit war in Drakons Augen ein Beweis für ihre Prinzipienfestigkeit. Und dass sie ihrem Vater trotz dessen problematischer zweiter Ehefrau auch weiterhin die Treue gehalten hatte, zeugte von ihrer Großherzigkeit und Loyalität. Dabei hätte aus ihr ganz leicht eine dieser vielen gelangweilten, verwöhnten reichen Erbinnen werden können, die sich auf den Spendengalas und Wohltätigkeitsveranstaltungen in
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