Julia Extra Band 364 (German Edition)
sagte: „Oh, das ist jetzt aber wirklich unfair, Drakon!“
Nun, hier ging es nicht um Fairness, sondern darum, die Wahrheit herauszufinden. Drakon hatte einen Plan, für dessen erfolgreiche Durchführung es unabdingbar war, dass Gemini den morgigen Abend mit ihm verbrachte. Deshalb war es allenfalls unfair, dass er ihr diese Zusammenhänge verschwieg, aber das ließ sich – im Moment jedenfalls – nicht ändern.
„Also, was meinst du?“, fragte er leicht angespannt.
„Ist es nicht ein bisschen spät, um jetzt noch für morgen Karten … nein, natürlich nicht“, beantwortete Gemini sofort ihre eigene Frage, als sie sah, dass Drakon nur ganz leicht die dunklen Augenbrauen hochzog. Für einen Mann wie ihn war es nie zu spät.
Sie wusste, dass es verrückt wäre, morgen schon wieder einen Abend mit Drakon zu verbringen, einfach weil sie sich viel zu sehr zu ihm hingezogen fühlte. Und dennoch …
Seit dem Tod ihres Vaters war sie nicht mehr in der Oper gewesen, und sie hatte sich schon gefragt, wie sie es schaffen sollte, jemals wieder dorthin zu gehen, weil damit einfach zu viele glückliche Erinnerungen an ihre Eltern verknüpft waren. Deshalb war ein Opernbesuch mit Drakon ein Angebot, das sie unmöglich ablehnen konnte, erst recht nicht, seit sich beim Essen herausgestellt hatte, dass er die Oper genauso liebte wie sie selbst.
„Also … Lust hätte ich schon“, sagte sie zögernd mit leicht heiserer Stimme.
„Gut.“ Drakon nickte erleichtert. „Was hältst du davon, wenn ich dich um sechs abhole? Dann können wir vorher noch eine Kleinigkeit essen. Oder ist dir das zu früh?“
Samstags ging es im Laden meistens ziemlich hoch her, aber morgen versprach es ruhiger zu werden, weil sie keine Aufträge von außerhalb hatte. Deshalb würde Jo es ihr bestimmt nicht übel nehmen, wenn sie sich etwas früher als üblich ins Wochenende verabschiedete.
„Sechs ist perfekt“, sagte Gemini, schon jetzt fast euphorisch bei der Aussicht, Drakon morgen wiederzusehen. Als er ihre Reaktion bemerkte, rief sie sich zur Ordnung, erschrocken darüber, wie nah dran sie war, seinem Charme endgültig zu erliegen. Sie musste gut auf sich aufpassen, weil ihr nur allzu deutlich bewusst war, dass sie bei der leisesten Berührung von ihm wieder in Flammen stehen würde. Und das war Grund genug, zumindest heute strikt auf Abstand zu achten.
„Gut, dann also bis morgen“, sagte sie eilig und stieg auch schon aus. „Du kannst sitzen bleiben, die Kavallerie ist bereits eingetroffen“, fügte sie trocken hinzu, als sie sah, dass sich Max’ schwarzer Range Rover hinter Drakons Mercedes schob.
„Ich bringe dich trotzdem noch bis zur Tür.“ Drakon runzelte die Stirn, verärgert darüber, dass Max so schnell war. Beim Aussteigen nickte er seinem Sicherheitschef kurz zu, bevor er leicht eine Hand an Geminis Arm legte und mit ihr zum Haus ging. „Allein meiner Mutter zuliebe, die todunglücklich wäre, wenn sie befürchten müsste, dass all ihre Bemühungen, mir gute Umgangsformen beizubringen, gescheitert sind“, scherzte er.
Sie lachte. „Das klingt wirklich liebenswert.“
Genauso liebenswert wie seine Mutter tatsächlich auch war. Drakon wusste, dass die beiden Frauen auf Anhieb Gefallen aneinander finden würden, so wie auch Markos spontan Gefallen an Gemini gefunden hatte. Als er sich wieder daran erinnerte, wie unverhohlen Markos seine Bewunderung für Gemini zum Ausdruck gebracht hatte, presste er die Lippen zusammen. Er ließ Geminis Arm los und sagte: „Also, bis morgen Abend dann.“ Dann machte er kehrt und ging zu seinem Wagen zurück.
Gemini beobachtete, wie er sich hinters Steuer setzte und davonfuhr, ohne sich noch einmal umzudrehen. Das war doch wohl keine Enttäuschung, was da in ihr aufstieg? Enttäuschung darüber, dass er nicht einmal versucht hatte, sie zum Abschied zu küssen? Bestimmt nicht, nachdem sie sich erst vorhin vorgenommen hatte, jedem Annäherungsversuch von seiner Seite schon von vornherein einen Riegel vorzuschieben.
Aber falls es wider Erwarten doch Enttäuschung sein sollte, wäre sie in noch größeren Schwierigkeiten als befürchtet.
„Ich verstehe nicht …“ Gemini, die neben Drakon auf dem Rücksitz der Limousine saß, mit der er sie abgeholt hatte, warf ihm einen fragenden Blick zu. Der Chauffeur war eben auf ein Gelände abgebogen, das wie ein privates Rollfeld aussah, und hatte den Wagen neben einem kleinen schlanken Flugzeug zum Stehen gebracht. Jetzt stieg er
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