Julia Extra Band 364 (German Edition)
dazu gehört, deinen Ängsten ins Auge zu sehen.“
Ihre Kehle schien noch immer so zugeschnürt, dass sie kaum ein Wort herausbekam.
„Du versuchst doch nur, das Thema zu wechseln. Wir hatten über dich und deine Frauen gesprochen …“
Sofort wurde sein Gesichtsausdruck hart.
„Ach ja, natürlich. Vielleicht könntest du mir noch einmal sagen, wie viele Frauen ich hatte. Ich habe es nämlich vergessen.“
„Ich hab’ die Bilder gesehen. Du und Sofia de Santis …“
Malik lachte kurz.
„Sofia ist eine Schönheit. Und sie ist verlobt. Mit einer Frau.“
Sydney errötete.
„Was ist mit Gräfin Forbach? Du bist mehrfach mit ihr abgelichtet worden.“
„Kein Wunder. Ich habe mehrere ihrer Wohltätigkeitsveranstaltungen besucht und eine Menge Geld gespendet. Sie ist übrigens glücklich verheiratet mit ihrem Grafen“, erklärte er triumphierend.
„So, du hast also für alles eine Erklärung, was?“
„Und du hast allem etwas entgegenzusetzen.“
Seufzend griff er nach einem der Kissen auf dem Bett und schob es sich unter den Kopf.
„Wir haben nur zwei Möglichkeiten, Sydney. Entweder wir leben als Mann und Frau, oder du kehrst zurück nach Los Angeles – allerdings ohne die Scheidung, die dir so unglaublich wichtig zu sein scheint.“
„Ich will weder das eine noch das andere“, entgegnete sie unwillig. Ihr Herz würde es nicht überleben, wenn sie wieder als seine Frau leben sollte. Er würde sie zerstören.
„Ich werde auf dem Sofa schlafen“, erklärte sie schließlich resigniert.
Maliks Antwort war ein gleichmäßiges Atmen. Er war bereits eingeschlafen.
Widerstrebend schlich Sydney durch das dunkle Zelt und auf das Sofa zu. Sie hätte das warme, weiche Bett – und den Mann darin – am liebsten gar nicht verlassen.
Am nächsten Morgen jedoch wachte sie eingekuschelt in die Felle und Kissen im Bett auf. Malik war fort.
Peinlich berührt realisierte sie, dass er sie mitten in der Nacht vom Sofa ins Bett getragen haben musste, während sie nicht einmal aufgewacht war.
Nach einer schnellen Dusche in dem Badezimmer, das für ein Zelt mitten in der Wüste erstaunlich gut ausgestattet war, zog sie eine frische weiße Abaya und Sandalen an. Ein Mädchen brachte ihr das Frühstück, das sie im Wohnbereich zu sich nahm, während sie die Nachrichten im Satellitenfernsehen ansah.
Es gab einen kurzen Bericht über Hollywood. Sie bemerkte überrascht, dass der Anblick der vertrauten Szenerie sie völlig kaltließ. Sie spürte kein Heimweh, wenngleich sie ihr Apartment und ihre Privatsphäre ein wenig vermisste. Und sie fragte sich, was ihre Eltern wohl machten. Sie hatten sich gefreut, als sie ihnen erzählt hatte, sie würde mit Malik nach Jahfar gehen. Den Grund für ihre Reise hatte sie ihnen nicht genannt.
Sie würden enttäuscht sein, wenn sie allein zurückkäme. Auch wenn sie es nie zugeben würden. Und was ihre Schwester anging – Alicia war trotz der geschwisterlichen Konkurrenz immer ihre engste Vertraute gewesen. Doch durch ihren neuen Freund war sie die letzten sechs Monate fast immer beschäftigt gewesen und hatte selten Zeit für sie gehabt. Sydney hatte mehrmals versucht, sie zu erreichen, um mit ihr über Malik zu reden. Alicia hatte nie zurückgerufen. Und während der Arbeit hatten sie keine Zeit zum Reden.
Nach dem Frühstück verließ sie das Zelt, um sich draußen ein wenig umzusehen. Die Hitze traf sie wie ein Schlag. Langsam schlenderte sie hinüber zum See. Die Oase schien menschenleer zu sein. Doch die schwarzen Zelte der Beduinen standen immer noch um den See herum. Hin und wieder sah sie eine Bewegung, wenn ein Kind kurz aus einem der Zelte lief und schnell wieder in seinem Inneren verschwand.
Sydney nahm sich vor, einmal um den See herumzulaufen. Es war nicht weit, aber wenigstens würde sie sich so etwas Bewegung verschaffen. Ein paar Kamele lagen im Schatten der Palmen und beobachteten sie träge, während sie ihr Futter wiederkäuten.
Nach wenigen Schritten merkte sie, dass sie kaum noch atmen konnte. Die Luft schien viel zu heiß. Schweißtropfen perlten zwischen ihren Brüsten und an ihrem Rücken hinunter. Sie spürte, dass ihr schwindelig wurde, und ließ sich am Fuß einer Palme zu Boden sinken.
Wie durch einen Schleier sah sie in der Ferne einen Reiter herannahen. Einige Meter vor ihr zügelte er das Pferd und sprang aus dem Sattel.
„Sydney!“
Er war kaum zu verstehen durch das dunkle Tuch, das er sich um das Gesicht gewickelt hatte.
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