Julia Extra Band 364 (German Edition)
Ventilator einschaltete, der die Luft ein wenig zirkulieren ließ.
„Wir haben hier einen Generator“, erklärte er. „Der Strom reicht leider nicht, um eine Klimaanlage zu betreiben, aber er produziert genug Energie für Licht und Ventilatoren. Und für den Kühlschrank“, fügte er hinzu. „Er wurde gerade erst eingeschaltet, wir können also später ein paar kühle Getränke zu uns nehmen.“
„Das ist ja ein Luxus“, entgegnete sie beeindruckt. „Aber was machen wir hier, Malik? Was hast du hier zu erledigen?“
Hätte es in der Nähe Ölraffinerien gegeben, hätte sie noch verstanden, warum sie ausgerechnet hierher reisen mussten.
Malik mied ihren Blick und war damit beschäftigt, weitere Ventilatoren einzuschalten.
„Ich habe die Beduinen lange vernachlässigt. Ein Besuch war längst überfällig“, erklärte er knapp.
Sydney beschloss, sich vorerst mit der Antwort zufriedenzugeben, und sah sich neugierig um. Das Zelt war wirklich luxuriös ausgestattet, mit bunten Teppichen auf dem Boden und an den Wänden, kunstvollen Messingtischen und einer gemütlich aussehenden niedrigen Couch.
„Wo ist mein Schlafplatz?“, erkundigte sie sich.
„Es gibt nebenan ein Schlafzimmer“, antwortete er und deutete auf eine dunkle Öffnung in der Ecke. Dann wurde ihr klar, was seine Worte bedeuteten.
„ Ein Schlafzimmer, sagst du?“
„Ja, es gibt leider nur eins.“
Ein Bett also. Für sie beide. Ihr Herzschlag beschleunigte sich.
„Das geht aber nicht“, erklärte sie und hoffte, dass ihre Stimme nicht so panisch klang, wie sie sich fühlte. „Ich werde nicht in einem Bett mit dir schlafen.“
„Es wird dir wohl nichts anderes übrig bleiben, Habibi . Und außerdem …“ Er trat ganz nah an sie heran, bis sie seine Hitze an ihrem Körper spürte. Ihr Blick fiel auf seinen Mund. Diese wundervollen sinnlichen Lippen, die sie in diesem Moment am liebsten geküsst hätte. „… solltest du vielleicht jede Minute dieser Ehe auskosten, bevor wir sie unwiderruflich beenden.“
„Das ist doch wohl nicht dein Ernst“, protestierte sie. Innerlich explodierte sie fast vor Verlangen. Sie musste sämtliche Willenskraft aufbringen, sich nicht an seine Brust zu werfen und ihre Lippen auf seinen Mund zu pressen.
„Doch, ich glaube, ich meine es so“, entgegnete er und warf ihr einen herausfordernden Blick zu.
Sie sah ihn verärgert an. Und plötzlich erinnerte sie sich daran, was seine Mutter an diesem Morgen gesagt hatte. Dass sie eine neue Braut für Malik gesucht hatten – und mit einem Mal fiel der Groschen. Natürlich!
„Du hast mich geheiratet, weil du die Braut, die sie ausgesucht hatten, nicht heiraten wolltest, stimmt’s?“
„Wie bitte? Sydney, ich habe dich geheiratet, weil ich es wollte, aus keinem anderen Grund. Und weil ich Gefühle für dich hatte. Hast du die Möglichkeit schon mal in Betracht gezogen?“
„Das sagst du jetzt nur so“, entgegnete sie, kaum in der Lage, ihre Traurigkeit zu unterdrücken.
Seine Augen schienen in dem dunklen Zelt zu glühen.
„Ach ja? Du kennst mich ja auch so gut, Sydney, nicht wahr? Du kennst meine Motive, meine Gefühle …“
„Du hast keine Gefühle!“, schleuderte sie ihm wütend entgegen.
Er erstarrte, als hätte sie ihn geschlagen.
Das hätte sie nicht sagen sollen. Es war ihr so rausgerutscht. Dieser Mann hatte ihr unter größtem seelischen Schmerz gestanden, dass er für den Tod eines jungen Mädchens verantwortlich war.
Malik hatte sehr wohl Gefühle. Dennoch bezweifelte sie, dass er je viel für sie empfunden hatte.
„Entschuldige“, murmelte sie zerknirscht. „Ich hab’s nicht so gemeint.“
Er antwortete ihr sehr kühl.
„Ich glaube, wir wissen beide, dass du es so gemeint hast.“
Du hast keine Gefühle.
Die Worte gingen Malik nicht mehr aus dem Kopf. Er saß mit einer Gruppe Beduinen um ein Feuer, während die Sonne langsam hinter den Dünen verschwand. Die Männer zogen genüsslich an einer Shisha und tranken Kaffee. Malik sprach nur, wenn es nötig war. Seine Gedanken waren woanders.
Natürlich hatte er Gefühle. Doch er hatte schon als Kind gelernt, seine Gefühle zu verbergen. Wenn man keine Emotionen zeigte, konnte man auch nicht verletzt werden.
Sydney hatte allerdings nicht ganz unrecht gehabt mit ihrer Anschuldigung, er habe sie geheiratet, um eine arrangierte Ehe zu vermeiden.
Doch dann war sie Teil seines Lebens geworden. Und er hatte ein Verlangen nach ihr entwickelt, das so stark war wie nie
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