Julia Extra Band 365
essen.“
„Das ist eine prima Idee. Frische Luft tut Ihnen bestimmt gut.“ Sie lächelte. „Da sieht alles gleich viel freundlicher aus, finde ich.“
„Ich bin um ein Uhr zurück“, versprach er und verließ die Praxis.
Es war ein ungewöhnlich warmer Tag für Ende September, beinah noch sommerlich. Brody lief den gleichen Weg wie fast jeden Tag zur Mittagszeit. Es hätte ihn nicht gewundert, wenn seine Schritte schon Vertiefungen in den Bürgersteig geprägt hätten.
Als er um die Ecke bog, zog er aus seiner Tasche eine Postkarte, die schon ziemlich abgegriffen war, aber noch immer gut lesbar.
Hallo Superman, pass auf dich auf und komm heil nach Hause! Wir hier lieben und vermissen dich sehr. Vor allem ich. Ohne dein Grinsen fehlt einfach was!
Ich hab dich lieb! Kate.
Brody blieb stehen. Er war am Ziel seiner mittäglichen Gänge angelangt, dem Laden mit der rot-weiß gestreiften Markise, der sich Nora’s Sweet Shop nannte.
Soll ich reingehen oder nicht? überlegte er zum x-ten Mal.
Er hatte Andrew versprochen, Kate aufzusuchen und sich zu überzeugen, dass es ihr halbwegs gut ging. Und er hatte versprochen, nicht zu berichten, was mit Andrew wirklich passiert war. Der junge Soldat hatte befürchtet, seine Schwester würde sich sonst schwere Vorwürfe machen.
Dieses Versprechen einzulösen fiel Brody schwer. Bisher hatte er sich vor dem Laden immer wieder umgedreht und war zurück in seine Praxis geflüchtet, zurück zu Thermometern, Stethoskopen und Verbänden. Doch wie sollte er dort je Frieden finden? Er musste den entscheidenden Schritt endlich wagen!
Brody atmete tief durch und betrat das Geschäft. Die herrlichen Aromen von Schokolade und Vanille umwehten ihn, sanfte Musik tönte im Hintergrund. An einem Ende befand sich eine Vitrine mit Cupcakes und Pralinen, am anderen standen bunt dekorierte Geschenkkörbe. Im Schaufenster prangte ein Hochzeitskuchen, ganz aus Cupcakes aufgebaut und mit rosa und weißem Zuckerguss verziert. Über den Regalen zog sich der Name des Ladens in dunklem Rosa, abgesetzt mit Schokoladenbraun, wie eine Girlande entlang.
„Bin gleich bei Ihnen!“, rief eine Frau aus dem Raum hinter dem eigentlichen Geschäft.
„Es eilt nicht“, erwiderte er. „Ich möchte nur …“
Ja, was? Er wollte sich nicht umschauen, er wollte keine Cupcakes kaufen. Aber er wollte ihr auch nicht die Wahrheit sagen.
Die Wahrheit nämlich, dass er in diesen kleinen Laden in Newton gekommen war, um Vergebung zu finden.
Brody griff sich den erstbesten Geschenkkorb und ging damit zum Tresen. Als er das Portemonnaie hervorzog, kam eine schlanke junge Frau aus dem rückwärtigen Raum.
„Guten Tag, ich bin Kate“, grüßte sie. „Was kann ich für Sie tun?“
Das war also Kate Spencer, die Besitzerin des Geschäfts, die ihm in den vergangenen Wochen nicht aus dem Sinn gegangen war. Er hatte sie noch nicht kennengelernt, hatte aber so viel über sie gehört, dass er einige Kapitel ihrer Biografie hätte verfassen können.
Nun war er überrascht. Er hatte eine jüngere Version von Helen Maguire erwartet, eine mütterliche Frau mit einem ordentlichen Knoten, einer sauberen Schürze und einem herzlichen Lächeln. So hatte er sich Andrews Schwester nach dessen Beschreibung vorgestellt. Liebevoll, warmherzig, verlässlich. Tröstlich wie eine Daunendecke.
Hier stand aber eine schlanke, fitte, dynamische Frau, die ihre dunkelbraunen Haare zu einem kecken, leicht schiefen Pferdeschwanz gebunden hatte. Ihr Lächeln war tatsächlich freundlich – und ihre Lippen waren verführerisch rot, voll und schön geschwungen. Ihr zartes Gesicht war fein geschnitten, doch unter den wunderschönen grünen Augen lagen Schatten, und ihre Schultern wirkten verspannt.
Brody öffnete schon den Mund, um sich vorzustellen und endlich seine Mission zu erfüllen, aber er brachte keinen vernünftigen Satz heraus.
„Ich … ja, also … das heißt …“ Er blickte auf den Korb in seinen Händen. „Ich wollte das hier kaufen.“
„Ja, gern. Ist es ein Geschenk für eine bestimmte Person?“
Verzweifelt überlegte er. „Ja! Für meine … Großmutter. Sie liebt Schokolade.“
„Und Baseball?“, hakte Kate nach. „Ist sie ein Fan der Red Sox?“
Nun blickte er genauer in den Korb und entdeckte, dass die Pralinen wie Bälle und Schläger geformt und in Folie mit den Farben des berühmten Vereins gewickelt waren. Das würde seiner Großmutter ganz und gar nicht gefallen.
Er lachte. „Ich bin der Fan. Ich
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