Julia Extra Band 365
ein Glas mit Wasser füllte.
„Warum hast du an jenem Tag meinen Laptop genommen?“, fragte er völlig unvermittelt.
Tawny hätte beinahe das Glas fallen lassen. „Das habe ich dir doch schon erklärt. Ich dachte, du hättest Nacktfotos von meiner Freundin gemacht und dich geweigert, sie zu löschen. Sie sagte mir, dass sie das selbst erledigen könne, wenn sie nur fünf Minuten an deinen Laptop herankäme. Ich habe ihr geglaubt – damals habe ich ihr als Freundin vertraut, aber jetzt weiß ich, dass sie mich angelogen hat. Sie hat für einen Reporter gearbeitet, der ihr viel Geld für Informationen über dich und deine Aktivitäten angeboten hat.“
„Ich weiß“, erwiderte Navarre zu ihrer Überraschung. „Ich habe Julie überprüfen lassen …“
„Und dir ist nicht in den Sinn gekommen, mir das zu sagen?“
„Ich habe keinen Beweis, dass du nicht mit ihr unter einer Decke gesteckt hast, ma petite .“
„Nein, offensichtlich halte ich es für wesentlich lukrativer, ein Kind zu bekommen, das du nicht willst, sodass ich die nächsten zwanzig Jahre allein für es sorgen muss!“, schoss Tawny zurück.
„Ich wusste nicht, dass du auch einmal ein Pflegekind warst“, verteidigte sich Navarre und überging ihren emotionalen Vorwurf. „Davon hast du nichts erwähnt, als ich dir meinen eigenen Hintergrund geschildert habe.“
„Offensichtlich hast du jede Zeile dieses Artikels gelesen“, fauchte sie. „Aber ich war nur ein paar Monate in einer Pflegefamilie. Sobald meine Großeltern erfahren hatten, wo ich war, haben sie mich zu sich genommen. Als ich noch ein Kleinkind war, hatte meine Mutter eine Zeit lang Alkoholprobleme, worauf das Jugendamt aktiv wurde. Als sie ihre Probleme überwunden hatte, konnte ich wieder bei ihr leben.“
„Ganz offensichtlich respektierst du deine Mutter doch für diese Leistung – warum hast du jetzt so ein schlechtes Verhältnis zu ihr?“
Seine offene Frage war ihr unangenehm. „Wegen des Testaments meines Großvaters“, sagte sie mit einem Achselzucken. Am liebsten hätte sie die unschöne Vergangenheit vergessen. „Meine Großeltern besaßen ein Haus in einem Dorf, in dem sie sehr glücklich waren. Als mein Großvater starb, vermachte er das Haus zu gleichen Teilen meiner Großmutter und meiner Mutter. Meine Mutter zwang meine Großmutter, das Haus zu verkaufen, damit sie ihren Anteil ausgezahlt bekam.“
Navarre runzelte die Stirn. „Und das missbilligst du?“
„Natürlich! Meine Großmutter war verzweifelt, als sie so kurz nach dem Tod ihres Mannes auch noch ihr Zuhause verlor. Aber meine Mutter war der Ansicht, dass ihre Rechte vorgehen. Also wurde das Haus verkauft, und Gran, die immer so gut zu uns beiden gewesen war, zog in eine Seniorenresidenz. Allerdings muss ich zugeben, dass sie dort inzwischen sehr glücklich ist.“
„Deine Mutter hat sich egoistisch verhalten und muss damit leben. Zumindest verfügte deine Großmutter danach über genug Geld, um in ein Umfeld zu ziehen, das ihr wirklich gefällt“, urteilte er.
Tawny sagte nichts. Bislang hatte sie keine Anzeichen bemerkt, dass ihre Mutter unter einem schlechten Gewissen litt. Außerdem hatte Celestine ihr ganzes Geld in den Kauf der Senioren-Wohnung gesteckt, sodass sie nun jeden Monat knapp bei Kasse war.
„Ich gehe besser wieder ins Bett“, murmelte sie, doch anstatt es wirklich zu tun, zögerte sie und starrte in seine faszinierenden grünen Augen.
„Ich würde dich gern begleiten, ma petite “, gab er ehrlich zu,
Als hätte er sie mit diesen Worten verbrannt, wirbelte Tawny auf der Stelle herum, marschierte in ihr Zimmer und schloss die Tür sorgfältig hinter sich zu. Dann warf sie sich aufs Bett und ließ den Tränen der Frustration freien Lauf. Dumm und albern, wie sie war, sehnte sie sich doch tatsächlich danach, wieder mit ihm zu schlafen! Wann begriff sie endlich, dass dieser Mann ihr nicht guttat?
Als sie am nächsten Morgen zum Frühstück erschien, hatte Navarre das Hotel bereits verlassen. Sie langweilte sich zu Tode, und nicht mal ihr Zeichenblock half ihr, zur Ruhe zu kommen. „Wo ist dein Chef?“, fragte sie Elise.
„Er hat den ganzen Tag Meetings“, antwortete die blonde Französin. „Morgen geht es zurück nach Hause … ich kann es kaum erwarten.“
„Ja, dann siehst du deinen Freund wieder“, bemerkte Tawny, die dabei dachte, dass sie Navarre schon verdammt gleichgültig sein musste, wenn selbst seine Angestellten vor ihr wussten, dass er nach
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