Julia Extra Band 365
fünfzehnjähriges Schulmädchen von einem berühmten Regisseur auf der Straße entdeckt worden. Gleich mit ihrem ersten Film gewann sie unzählige Preise und wurde schlagartig bekannt. Dass sie noch eine Teenagerin sein sollte, war eine PR-Lüge. In Wirklichkeit war sie einundzwanzig und bald darauf schwanger von dem berühmten Regisseur. Weil die skandalöse Affäre mit einem verheirateten Mann ihren makellosen Ruf und ihre junge Karriere bedroht hätte, fand Navarres Geburt in aller Heimlichkeit statt. Tia reiste mit ihrer älteren Schwester, deren Identität sie annahm, nach Paris, sodass das Kind als das ihrer Schwester galt. Danach kehrte Tia ins Showbiz zurück, während sie ihre Schwester und deren Freund dafür bezahlte, Navarre in Paris großzuziehen.
Tawny runzelte die Stirn. „Wieso bist du dann in Pflegefamilien aufgewachsen?“
„Ich habe überhaupt keine Erinnerung an meine Tante. Sie hat nur ein paar Jahre für mich gesorgt. Das Geld, das Tia ihr zahlte, hat sie für Drogen ausgegeben. Als sie an einer Überdosis starb, kam ich in die erste Pflegefamilie. Erst mit achtzehn, als ich schon an der Uni war, erfuhr ich, dass ich eine Mutter habe, die noch lebt“, erklärte Navarre. „Ein Anwalt kam auf mich zu, der mich zu absoluter Diskretion verpflichtete …“
„Und dann hast du deine Mutter kennengelernt. Muss ein Schock gewesen sein“, vermutete Tawny.
Ganz kurz legte sich ein beinahe jungenhafter Ausdruck über sein Gesicht. Er schmunzelte. „Ich hatte absolute Ehrfurcht vor ihr. Im Moment zeigt sie es zwar nicht, aber Tia kann sehr charmant sein. Seit unserem Kennenlernen treffen wir uns mindestens einmal im Monat und telefonieren und mailen uns oft. Das ist einer der Gründe, weshalb ich so besorgt war, jemand könnte Zugang zu meinem Laptop gehabt haben“, gestand er. „Ich habe ihr durch sehr viele Krisen geholfen und bin so was wie ihr Fels in der Brandung. Ich mag sie sehr.“
Sie nickte. „Obwohl sie nicht offen zu dir steht?“
„Welchen Unterschied würde das in meinem Alter machen? Ich weiß, dass sie nicht perfekt ist“, sagte er achselzuckend. „Was erwartest du von ihr? Sie kannte als Kind selbst nur Missbrauch und Armut.“
Tawny war nicht so verständnisvoll wie er. „Aber was hat sie je für dich getan? Du hattest eine schreckliche Kindheit.“ Tränen funkelten in ihren Augen. „Wenn ich daran denke, dass du ohne Mutter, ohne jegliche Liebe aufgewachsen bist … ich kann den Gedanken einfach nicht ertragen.“
Navarre stand abrupt auf, umrundete den Tisch, zog Tawny von ihrem Stuhl hoch und schloss sie in seine Arme. „ Je vais bien … mir geht es gut. Auch wenn ich zugeben muss, dass ich nicht wusste, was Liebe ist, bis ich dich getroffen habe.“
Tawny errötete. „Bin ich so offensichtlich?“
Sanft wischte er die einzelne Träne fort, die über ihre Wange lief. „An dir ist gar nichts offensichtlich. Du hast mich von Anfang an verblüfft. Je näher ich dich kennenlernte, desto mehr wollte ich verstehen, warum du mich stärker berührst als jede andere Frau.“
Sie blinzelte. „Ich … ich berühre dich? Inwiefern?“
„Auf alle Arten, auf die eine Frau einen Mann berühren kann. Zunächst meinen Körper, dann meinen Verstand und schließlich mein Herz“, verdeutlichte Navarre. „Und du hast dich so tief in mein Herz geschlichen, dass ich ganz verzweifelt war, als wir getrennt waren. Nur mein Stolz hat mich daran gehindert, zu dir zu gehen.“
Tawny musste eine Hand auf seine Schulter legen, sonst wären ihr vermutlich die Knie weggesackt. „Verzweifelt?“, wiederholte sie zweifelnd, denn dies schien ein Wort zu sein, das so gar nicht auf ihn passte.
Ein klägliches Lächeln spielte um seinen Mund. „Wochenlang war ich furchtbar unglücklich und rastlos. Ich dachte, ich wäre einfach nur vernarrt in dich. Mein Gott, habe ich dagegen angekämpft! Ich wollte dich vergessen, aber es hat nicht funktioniert.“
„Navarre …“, hauchte sie unsicher. „Willst du mir etwa sagen, dass du mich liebst?“
„Offensichtlich stelle ich mich dabei nicht besonders geschickt an. Ich glaube, es war Liebe auf den ersten Blick.“ Er schaute sie voller Wärme und Zärtlichkeit an. „Ich bin schon seit Monaten in dich verliebt. Schon bevor ich dich geheiratet habe, wusste ich, dass ich dich liebe. Was meinst du wohl, warum ich so versessen darauf war, dir meinen Ring an den Finger zu stecken?“
„Das B-Baby.“
Navarre zog sie mit dem Rücken an
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