Julia Extra Band 366
Hilfe geeilt. Für sie hätte er den Helden gespielt und ihr den Schutz geboten, nach dem sie sich so verzweifelt zu sehnen schien.
Aber sie hatte nur eine Rolle gespielt. Sie war nicht Hannah, sondern eine durchtriebene Prinzessin, die nur auf das eigene Wohl bedacht war.
Sie war noch immer das störrische, verzogene Mädchen, das er vor neun Jahren gesehen hatte. Ihr Vater hatte zu Ehren ihres Geburtstages einen Ball organisiert, aber sie hatte den ganzen Abend nur geweint.
Damals hatte er so großes Mitleid mit ihrem Vater gehabt, dass er den Ball vorzeitig verlassen und sich geschworen hatte, ihr zukünftig aus dem Weg zu gehen.
Und doch hatte Emmeline ihn gestern Abend unwiderstehlich angezogen. Aber jetzt, da er wusste, wen er vor sich hatte, war sein Verlangen erloschen.
„Sie sind gar nicht krank“, sagte er ihr auf den Kopf zu.
Zuerst wollte sie protestieren, besann sich dann eines Besseren. „Nein“, antwortete sie schlicht.
„Und gestern war Ihnen auch nicht übel, weil sie unterzuckert waren.“
Trotzig und stolz hob sie das Kinn. „Nein.“
Hatte sie noch nicht begriffen, dass das Spiel aus war? Ahnte sie nicht, dass er wusste, wer sie war, und seine Geduld am seidenen Faden hing?
Einen Moment lang schwieg er, um seine Wut in den Griff zu bekommen. „Wie lange sind Sie überfällig?“, fragte er, als er sich einigermaßen gefasst hatte.
Entsetzt riss sie die bezaubernden lavendelblauen Augen auf.
„Ich will die Wahrheit wissen.“ Er spuckte den Satz beinahe aus.
Der Blick, mit dem sie ihn bedachte, wirkte kein bisschen schwach oder ängstlich, sondern stolz und majestätisch.
Wie konnte sie es wagen, die unnahbare Prinzessin zu spielen? Hätte sie nicht um Gnade bitten sollen?
„Ich höre“, stieß er ungeduldig hervor. Wieder fiel ihm ein, wie er sie gestern Abend in den Arm genommen und geküsst hatte. Er hatte sie so begehrt wie keine Frau zuvor. Dennoch brachte es ihn zur Weißglut, dass sie ihn in seinem eigenen Haus zum Narren halten wollte.
„Sieben Wochen“, sagte sie schließlich.
Sieben Wochen , wiederholte er im Geist. Wie sehr er diese Frau verachtete. „Ich nehme an, Alejandro Ibanez ist der Vater.“
Sie nickte nur.
„Und deshalb haben Sie im Mynt Club diese Szene gemacht.“
„Ich habe keine Szene gemacht.“ Sie schaute gequält zur Seite.
Für einen ganz kurzen Moment empfand er beinahe so etwas wie Mitleid für sie, dann schluckte er das Gefühl hinunter. „Was mich weit mehr interessiert, ist die Frage, was Sie mit meiner Assistentin Hannah Smith gemacht haben?“
Ruckartig drehte sie den Kopf in seine Richtung und sah ihn mit großen Augen an. „Wie meinen Sie das?“
„Ich bin nicht in der Stimmung für Spielchen, Prinzessin.“
„I…ich weiß nicht, wovon Sie reden.“
„Sie wissen genau , wovon ich rede.“
„Aber, ich bin Hannah.“
Makin musste einiges aufbieten, um seinen Unmut im Zaum zu halten. „Hören Sie endlich auf, mir Märchen zu erzählen.“
„Aber ich bin …“
„… Emmeline d’Arcy, Prinzessin von Brabant“, beendete er den Satz für sie. „Seit fünf Tagen geben Sie sich als meine Assistentin aus, und ich finde, Sie sind mir eine Erklärung schuldig.“
„Scheich Al-Koury …“
„Ich glaube, wir können die Formalitäten und Respektsbekundungen ruhig weglassen. Du hast weder Respekt vor mir noch ich vor dir. Ich werde dich Emmeline nennen, und du kannst Makin sagen. Und jetzt heraus mit der Wahrheit.“
Sie stand auf und strich ihren elfenbeinfarbenen Rock glatt, der die sanften Rundungen ihrer Hüfte noch betonte. Er konnte seinen Blick einfach nicht abwenden, sein allzu offensichtliches Begehren nicht unterdrücken.
Warum in alles in der Welt wollte er sie immer noch? Nach allem, was sie ihm angetan hatte.
„Wie hast du es herausgefunden?“, fragte sie ruhig.
„Durch Zufall. Ich habe im Internet einen Artikel über Alejandros Unfall gefunden. Daneben war ein Foto von euch beiden beim Turnier in Palm Beach abgebildet. Offenbar hat es ein Paparazzo heimlich aufgenommen. Ihr saht aus, als hättet ihr euch gestritten.“ Ihrem Gesichtsausdruck entnahm er, dass er ins Schwarze getroffen hatte. Wahrscheinlich war es um die Schwangerschaft gegangen, aber Ibanez hatte das Kind nicht haben wollen. Für einen kurzen Moment empfand er doch so etwas wie Mitleid mit ihr.
„Du hattest wohl geweint“, fügte er hinzu. „Da ist es mir aufgefallen.“ Er musterte ihr blasses Gesicht. „Ich kannte den
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