Julia Extra Band 366
ihr lasteten.
Und auch in diesem Moment war sie ein Närrin, als sie das Penthouse durchquerte und dem Chauffeur zunickte, der im Foyer auf sie wartete – denn selbst jetzt wünschte sie, Theo würde sie begleiten, statt sie erst im Haus der Whitneys zu treffen. Sie wollte ihn berühren, die Hitze spüren, die sie anscheinend immer erfüllte, wenn sie ihn nur sah. Theo hatte einfach diese Wirkung auf sie.
Er hat mich ruiniert, ging ihr durch den Kopf, während sie einen Anflug von Verzweiflung spürte. Dabei hatte der schwierigste Teil dieser Scharade nicht einmal begonnen. Falls es so weiterging, konnte sie froh sein, wenn sie überhaupt mit heiler Haut davonkam.
Früher als ihr lieb war, fand Becca sich vor dem Haus der Whitneys wieder. Sie starrte aus dem Fenster der Limousine, die sie in Windeseile aus der Tiefgarage des Penthouses hierher gebracht hatte. Aus jener Garage, die Theo damals bewusst nicht benutzt hatte, um sie den Paparazzi in die Arme zu treiben.
Seltsam, dass die Erinnerung daran sie jetzt mit Verzweiflung erfüllte, obwohl sie das Spießrutenlaufen doch heil überstanden hatte. Mehr als das – es hatte sie direkt in Theos Bett katapultiert und seither war sie kaum zu Atem gekommen.
Was war nur mit ihr geschehen? Sie hätte doch wissen müssen, dass dies nicht passieren durfte. Seit dem Moment, als er ihr zum ersten Mal im Haus der Whitneys gegenübergetreten war. Ihr ganzer Körper hatte Alarm geschlagen angesichts der Gefahr, die er repräsentierte. Er hatte sie dazu gebracht, sich vor ihm zur Schau zu stellen, hatte sie herumkommandiert, und trotzdem schien ihr all das egal zu sein. Selbst jetzt schaffte sie es nicht einmal, das nötige Maß an Empörung aufzubringen, wenn sie daran dachte, wie tief sie gefallen war. Sie hatte sich selbst verloren, das wusste sie. Vielleicht sogar für immer.
Es war die Art, wie er sie ansah. Wenn er ihr das Gefühl gab, nur sie zu sehen, raubte er ihr den Atem und ließ ihr Herz überlaufen. Diesem Blick zu widerstehen, das lag außerhalb ihrer Möglichkeiten. Sie wollte es nicht einmal versuchen.
Als der Wagen zum Stehen kam, wurde sie aus ihren Tagträumen gerissen. Der Chauffeur hielt ihr die Tür auf, und sie stieg aus. Einen Moment blieb sie stehen und sah zu dem Haus auf.
Nicht zufällig galt es als Sinnbild vergangener Zeiten. Das Anwesen ragte an der Fifth Avenue auf wie ein stolzer Geist aus vergangener Zeit, von extravaganter Größe und Eleganz. Becca sah zu den Rundbogenfenstern, die auf die Straße blickten, zu den Balkonen mit den Balustraden und zu dem aufsehenerregenden Dach hoch oben, einer Verbeugung an die Bauweise französischer Schlösser. Selbstbewusst nahm das Haus die gesamte Länge des Blocks ein. Abends sah es anders aus, bedrohlicher, aber auch beeindruckender mit den Scheinwerfern, die die elegante Fassade spektakulär erleuchteten und dem Gebäude die Aura eines Geisterhauses verliehen.
Wie sollte sie sich da nicht wie ein junges, naives Mädchen fühlen, das seinem sicheren Ende zustrebte. Dieser Gedanke ging Becca durch den Kopf, als sie die breite Treppe hinaufeilte.
Obwohl sie weit davon entfernt war, ein gutgläubiges junges Mädchen zu sein. Vielleicht war es auch nur ein Widerhall ihres letzten Besuchs an genau diesem Ort. Als ihr bewusst wurde, dass sie sich kaum noch daran erinnern konnte, wie sie damals gewesen war, blieb sie abrupt auf der Schwelle stehen. Sie sah an sich hinunter, auf das elegante Kleid und die exklusiven Highheels. Passend dazu ein aufwendig gearbeitetes tiefrotes Tuch, um die abendliche Kühle abzuhalten, und eine juwelenbesetzte Tasche. Welch ein Unterschied zu den abgerissenen Jeans und dem ausgebeulten alten Sweatshirt, dachte sie.
Plötzlich befiel sie eine Vorahnung – die perfekte Vision ihrer selbst in ihren alten Stiefeln, den alten Kleidern, aber immer noch mit Larissas Frisur und dieser neuen Haltung, auf dem Weg zurück nach Boston. Bei diesem Bild hätte sie die Augen verdrehen müssen, oder es mit einem Grinsen abtun, so wie sie es früher gemacht hätte. Stattdessen spürte sie tief in sich ein Gefühl von Traurigkeit. Doch sie konnte sich weder die Zeit noch den Raum nehmen, über den Grund nachzudenken. Das hier war die Höhle ihres Feindes. Und dieser Abend würde wehtun, auf die eine oder andere Weise.
Ehe sie sich umbesinnen konnte, hob sie die Hand und betätigte den schweren Türklopfer.
Wut, so stellte sie zehn Minuten später fest, half ihr sehr viel mehr. Wut
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