Julia Extra Band 366
vorbereitet.
Es ist fast so, als hätte ich vergessen, warum ich tatsächlich hier bin, fuhr es ihr durch den Kopf, als sie letzte Hand an ihre Abendgarderobe legte. Als wäre sie wie durch Zauberhand in dieses Penthouse gelangt, in Theos Bett. Oder vielleicht wünschte sie sich das auch nur …
Denn es war sehr viel leichter, nur für die Stunden zu leben, die sie und Theo im Bett verbrachten, ineinander verschlungen, während sie voller Leidenschaft in ungezügelter Fantasie ihre Körper erkundeten. Theo war ein Mann, der ebenso entschlossen wie geschickt auf Erkundungsreise ging. Er war rücksichtslos, konzentriert und genauso fordernd im Bett wie in der Rolle als ihr Lehrmeister. All seine Qualitäten, die er als ihr überheblicher, anmaßender Arbeitgeber an den Tag legte, machten ihn auf der anderen Seite zu einem phänomenalen Liebhaber.
Oh, was er alles tun konnte. Und schon getan hatte.
„Aufwachen“, hatte er an jenem ersten Morgen mit rauer, tiefer Stimme befohlen, während er sie streichelte und sie damit weckte, dass er tief in sie eindrang und ihre Lust schürte.
Sie stand schon in Flammen, ehe sie wusste, wer und wo sie war, hatte sich mit ihm verloren.
Für einen Moment kniff Becca die Augen zu, als sie wieder tief in sich dieses Sehnen spürte. Je mehr sie von ihm bekam, desto mehr wollte sie, als könnte ihre Begierde nie gestillt werden. Noch ein Punkt, über den sie nicht nachzudenken wagte, den sie gleichsam ablegte, um sich später damit zu beschäftigen. Das jedenfalls schwor sie sich.
Doch an diesem Abend musste sie sich ihren Dämonen stellen. Ihren sogenannten Verwandten. An diesem Abend konnte die hässliche Wahrheit, warum sie hier war, nicht länger verdrängt werden.
Ein letztes Mal betrachtete sie sich im Spiegel, dann straffte sie die Schultern. Sie wusste, dass sie so aussah, wie sie sollte. Wie Larissa. Ihr Haar trug sie im klassischen Larissa-Stil. Überdies hatte sie sich für ein elegantes Kleid in hellem Goldton entschieden, das schimmerte, wenn sie sich bewegte, und das Licht zu reflektieren schien, wie ein gebündelter Sonnenstrahl. Sie war perfekt geschminkt und hatte sich sogar für die Kontaktlinsen entschieden, die ihren Augen einen grünen Schimmer gaben, wie bei einer Katze. Sie hatte ihr Bestes gegeben, um Larissa so ähnlich wie möglich zu sein.
Und trotzdem spürte sie einen Knoten im Magen, der nicht zu lösen war. Einen Augenblick legte sie die Hand auf ihren Bauch, um das beklemmende Gefühl zu vertreiben.
„Wir essen heute Abend im Haus der Whitneys“, hatte Theo beim Frühstück in diesem Befehlston gesagt, der keinen Widerspruch duldete. Er hatte nicht einmal von seinem Laptop hochgesehen. Als hätte sie nicht noch eine halbe Stunde zuvor seinen Namen hinausgeschrien, ehe auch er völlig selbstvergessen Erlösung in ihr fand.
Es war, als stünden sie wieder ganz am Anfang. Dabei ist das schon so lange her, dachte sie, und verstand zunächst gar nicht, was geschah. Und als sie endlich begriff, war sie überrascht, wie sehr sie sein Verhalten verletzte.
„Ich wüsste nicht, was ich lieber täte“, sagte sie schnippisch, fest entschlossen, ihm nicht zu zeigen, dass sein Ton ihr wehtat. Und auch sich selbst wollte sie dies nicht eingestehen. Lässig und unbekümmert lümmelte sie auf ihrem Stuhl, ganz die verwöhnte Prinzessin, die sie seit Wochen vorgab zu sein.
Es war ihr ziemlich egal gewesen, wie er sie ansah, sein bernsteinfarbener Blick ein wenig zu sehr von Missbilligung gefärbt. Oder hatte er sich nur wieder in den Geschäftsmann verwandelt, die Seite an ihm, die sie seit mehr als einer Woche nicht mehr an ihm gesehen hatte?
Wach auf, du Närrin, verhöhnte sie sich selbst. Willkommen zurück in der Wirklichkeit.
Denn die bittere Realität war eine andere. Vielleicht wollte er sie in seinem Bett, während er ihren Namen ausstieß und Worte murmelte, denen sie im Tageslicht besehen nicht zu viel Bedeutung zumessen wollte. Ja, vielleicht lächelte er sie manchmal an, wenn sie es schaffte, seine Welt zu erhellen. Aber über all dem stand nur sein Wunsch, dass sie vorgab, Larissa zu sein. Und vielleicht hatte er sich selbst schon die ganze Zeit vorgemacht, sie sei Larissa.
Der Gedanke verursachte ihr Übelkeit.
Aber noch dümmer war es von ihr gewesen, dass sie diese Möglichkeit – diese Wahrscheinlichkeit aus ihrem Bewusstsein verbannt hatte. Weil all diese Tage und endlosen Nächte in der Rückschau nun wie ein schweres Gewicht auf
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