Julia Extra Band 367
langweilig bezeichnen können.
„Sie muss natürlich nicht erfahren, dass du zu den Frauen gehörst, die schnell einen Freund erfinden, um die Sitzordnung ihrer Schwester zu manipulieren“, fügte er hinzu, als hätte er meine Gedanken gelesen.
„Du schlägst hoffentlich nicht vor, zu heiraten, nur um deine Großmutter glücklich zu machen?“, fragte ich schärfer als beabsichtigt.
„So weit wollte ich nicht gehen. Sie soll nur glauben, ich hätte eine geeignete Frau gefunden und würde mit dem Gedanken spielen.“
„Willst du deine Großmutter wirklich belügen?“
„Eine Lüge wäre es nur, wenn wir behaupten würden, wir wären verlobt“, meinte er. Als ich schwieg, fuhr er fort: „Sie leidet sehr darunter, dass ich keinen Kontakt zu meinen Eltern und Harry habe. Deshalb möchte ich ihr das Gefühl vermitteln, dass alles wieder gut wird und sie sich um mich keine Sorgen zu machen braucht. Wäre das denn so verkehrt?“
5. KAPITEL
„So zu tun, als wären wir ein Paar, kommt für mich einer Lüge gleich“, wandte ich ein.
„Aber du hättest kein Problem damit, deine Schwester zu hintergehen?“
„Saffron interessiert es nicht, ob wir beide zusammen sind. Ihr ist nur die Hochzeit wichtig.“
„Und du würdest mich mitnehmen, weil sie dir wichtig ist.“ George lehnte sich an den Kopierer und verschränkte die Arme. „Du könntest ihr ja auch sagen, du wärst stolz auf deine Unabhängigkeit und würdest gern allein kommen.“
Unbehaglich wandte ich den Blick ab.
„Genauso könnte ich Letitia mitteilen, dass meine Zukunft sie nichts angeht und ich eher über glühende Kohlen gehe, als mit meinen Eltern die glückliche Familie zu mimen. Allerdings möchte ich sie genauso wenig verletzen wie du deine Schwester. Wäre es also so schlimm?“
Ehe ich etwas erwidern konnte, richtete er sich auf.
„Denk darüber nach. Aber ich möchte dich nicht unter Druck setzen und könnte verstehen, wenn du Nein sagst.“ Er schlüpfte in seine Stiefel und nahm seine Jacke vom Haken. „Auf jeden Fall begleite ich dich gern zur Hochzeit. Ich möchte mir die Gelegenheit, mit einem Betthäschen wie dir zusammen zu sein, nicht entgehen lassen!“
Noch nie hatte mich jemand so genannt. Ich versuchte, mir vorzustellen, wie es wäre, wenn George das ernst gemeint hätte. Prompt lief mir ein prickelnder Schauer über den Rücken.
„Ich wäre lieber eine wilde Tigerin als ein Betthäschen“, erklärte ich würdevoll, falls er glaubte, ich würde ihn ernst nehmen. Dann zeigte ich ihm die Zähne. „Grrr.“
Als er lächelnd den Türknauf umfasste, hätte ich fast mein Sandwich vergessen. „Danke für das Essen“, sagte ich, bevor er ging.
„Gern.“ Er wandte sich noch einmal um. „Sag mir Bescheid, wie du dich entschieden hast.“
Wäre das denn so verkehrt? Ich lag die ganze Nacht wach und zerbrach mir den Kopf über seine Frage.
Genau wie George gesagt hatte, war ich stolz auf meine Unabhängigkeit. In den frühen Morgenstunden musste ich allerdings zugeben, dass ich mich nicht gerade darauf gefreut hatte, auf Saffrons Hochzeit der einsame Single zu sein. Ihre Freunde hielten mich ohnehin für seltsam. Ich würde gern ihre Gesichter sehen, wenn ich mit einem Mann wie George an meiner Seite auftauchte.
Außerdem hatte meine Schwester die Exklusivrechte an das Promimagazin Glitz verkauft. Wollte ich auf den Fotos wirklich als Saffron Taylors einsame Schwester dastehen?
George hatte mir versprochen, mich so oder so zu begleiten, aber natürlich wollte ich mich bei ihm revanchieren. Und er hatte recht. Was war verkehrt daran, eine alte Dame glücklich zu machen? Außerdem konnte er bestimmt Unterstützung gebrauchen. Für mich war es schon heikel, meinem Vater gegenüberzutreten, doch bei der Anzahl der Gäste wäre die Atmosphäre nicht so angespannt. George hingegen würde sich vermutlich sehr einsam fühlen, wenn er allein zu der Feier seiner Großmutter fuhr.
Seltsamerweise bewog mich gerade diese Vorstellung zu einer Entscheidung.
Ich wollte George meinen Entschluss mitteilen, bevor ich kalte Füße bekam. Am Telefon sagte er, er sei gerade in den Stallungen. Deshalb fuhr ich hin, als die Bauarbeiter Mittagspause machten. Nachdem ich Audrey abgestellt und Jasper mich über eine Boxentür hinweg mit einem Wiehern begrüßt hatte, fand ich George in einer Box, wo er gerade eine Stute striegelte. Lächelnd richtete er sich auf.
„Komm und begrüße Mabel.“
„Hallo, Mabel“, sagte ich von der
Weitere Kostenlose Bücher