Julia Extra Band 367
Tür aus, während ich den Geruch von Heu und Pferd einatmete.
George zog eine Augenbraue hoch. „Du hast doch keine Angst vor Pferden, oder Frith?“
„Nein … überhaupt nicht. Aber ich bewundere sie lieber aus der Ferne.“
„Glaubst du ihr das etwa?“, wandte er sich an die Stute, die daraufhin leise schnaubte. „Frith hat Angst vor einem Softie wie dir.“
Energisch hob ich das Kinn. „Ich habe keine Angst.“
„Dann komm her.“
Als ich zögerte, strich er Mabel über die Stirn, woraufhin diese ihn mit den Nüstern anstupste.
„Sie war früher auch sehr nervös“, erzählte er. „Man hatte sie misshandelt, und sie hat sofort ausgeschlagen, wenn man sich ihr näherte. Aber inzwischen hat sie gelernt zu vertrauen.“
Also ging ich auf die Stute zu, strich ihr über den Kopf und zog die Hand dann schnell wieder zurück, was sie zu verwirren schien.
„Das ist für mich auch kein Streicheln, Mabel“, meinte George. „Komm her, Frith.“
„George, ich …“
Ich verstummte erschrocken, als er meine Taille umfasste und mich so an sich zog, dass ich praktisch zwischen ihm und Mabels Gebiss gefangen war.
So blieb mir nichts anderes übrig, als mich verlegen an ihn zu pressen.
„Schon besser“, lobte er mich, bevor er meine Hand nahm und sie ganz langsam über Mabels Nüstern führte. Ich war ihr so nahe, dass ich ihre langen Wimpern über den großen braunen Augen erkennen konnte. Ihre Nüstern waren samtig weich, und als ich ihren warmen Atem spürte, geschah etwas mit mir.
„Und? Das war doch gar nicht so schlimm, oder?“ Der Klang seiner Stimme so dicht an meinem Ohr rief mir in Erinnerung, dass ich George immer noch gefährlich nahe war. Schnell trat ich einen Schritt zur Seite und verschränkte die Arme vor der Brust.
Dann räusperte ich mich. „Gehört sie dir?“
„Letitia hat sie mir anvertraut, als ich sechzehn war. Es war das schönste Geschenk meines Lebens“, fügte er warm hinzu. „Und das ist jetzt fast sechzehn Jahre her. Inzwischen ist sie also eine alte Dame.“
„Und wer hat sie so misshandelt?“ Da ihr Fell glänzte und Mabel so vertrauensvoll dreinblickte, konnte ich es mir schwer vorstellen.
„Keine Ahnung. Zum Glück hat man sie rechtzeitig gefunden und zu meiner Großmutter gebracht. Letitia ist eine bemerkenswerte Frau und hat ein Gespür für Pferde. Früher hat man sie sogar die Pferdeflüsterin aus Wiltshire genannt und jedes Tier, das irgendwelche Probleme hatte, zu ihr gebracht.“
Liebevoll berührte er Mabels Mähne. „Sie hatte förmlich vor sich hinvegetiert und war so scheu, dass es eine Woche dauerte, bis ich sie berühren konnte. Ich war gerade bei meiner Großmutter, als sie kam. Ich glaube, man hatte mich gerade wieder einmal der Schule verwiesen. Das ist in regelmäßigen Abständen vorgekommen. Und sobald ich Mabel sah, wusste ich, dass sie etwas ganz Besonderes ist.“ Er schüttelte den Kopf. „Zwischen uns gab es sofort eine Verbindung. Ich durfte den ganzen Sommer mit Mabel arbeiten und habe Stunden um Stunden mit ihr verbracht.“
„Du musst ja sehr geduldig mit ihr gewesen sein“, erwiderte ich. Es fiel mir schwer, es mir vorzustellen, weil George auf mich immer so energiegeladen wirkte.
„Ihr Vertrauen zu gewinnen war meine größte Errungenschaft bisher“, gestand er, während er der Stute den Sattel abnahm und ihn über die Boxentür hängte. „Als der Sommer vorbei war, sagte meine Großmutter mir, ich könne sie behalten. Da ich sie natürlich nicht mit nach London nehmen konnte, blieb Mabel in Wiltshire, und ich bin immer mit ihr ausgeritten, wenn ich meine Großmutter besucht habe. Vor einigen Jahren musste Letitia dann aus Altersgründen alle Pferde bis auf Mabel verkaufen. Zum Glück hält Roly auch Pferde, sodass ich sie mit hierhernehmen konnte.“
„Gehören dir von den anderen Pferden hier auch welche?“, erkundigte ich mich.
„Nein, Mabel ist alles, was ich besitze.“ Nachdem er ihr liebevoll die Flanke getätschelt hatte, folgte George mir auf den Hof. „Einige gehörten zu Lord Whellerbys Jagdpferden. Wir haben aber auch ehemalige Rennpferde und solche, die sich von Unfällen oder Krankheiten erholen. Es hat sich schnell herumgesprochen. Ich würde gern mehr Stallungen bauen lassen, um mit verhaltensauffälligen Pferden zu arbeiten. Wir könnten viel mehr tun, wenn wir mehr Platz hätten und wenn …“ Er blieb stehen und lachte verlegen. „Na ja, das sind nur Ideen.“
„Klingt so, als hättest
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