Julia Extra Band 368
hin?“ Als wenn sie das nicht wüsste.
Stefano antwortete nicht, und auch das war eine typische Angewohnheit von ihm. Er gehörte zu den frustrierenden Männern, die nur die Fragen einer Antwort würdigten, die es wert schienen, und den Rest ignorierten. Ein Prinz, der sich nur um seine Angelegenheiten kümmerte. Der Glückspilz.
Kiki fixierte die Lifttüren, als wenn sie sich gleich öffnen und sie wie durch ein Wunder in Sicherheit entkommen lassen könnten, und spürte Stefanos Blick auf sich gerichtet.
„Warum sind Sie überhaupt auf diesem Schiff, Euer Hoheit?“
Sie hörte ihn seufzen. „Nennst du mich so, um mich zu ärgern?“
Kiki sah ihn an. „Funktioniert es denn?“, fragte sie zuckersüß.
Stirnrunzelnd sah Stefano sie an und lächelte. In dem Moment rissen all die Wunden in Kiki wieder auf, die in den letzten Wochen auf dem Schiff verheilt waren. Verdammt! Sie musste weg von hier.
Es war Lust auf den ersten Blick gewesen. Nur Lust. Liebe hätte nicht so geendet.
Stefano hatte sie damals angelächelt, als sie zu spät zum Chirurgen-Workshop im OP gekommen war, weil ihr Auto gestreikt hatte. Er war von ihrem Chef als Referent eingeladen worden und hätte sie tadeln müssen, weil sie zu spät kam, aber stattdessen hatte er ihr ein paar Operationstechniken gezeigt, die sie noch nie gesehen hatte.
Danach hatte er ihr Kaffee und Kuchen spendiert, weil sie keine Zeit zum Frühstücken gehabt hatte, und sie für den Abend eingeladen. Als er sie berührte, war sie so benommen gewesen wie ein Fisch, den man an Land gezogen hat. Sie war ihm hoffnungslos verfallen.
Der Lift schoss hoch, und Kiki hatte das Gefühl von unmittelbarer Gefahr. Was sie tat, war weder vernünftig noch sicher. Sie wusste nicht, wem sie weniger trauen konnte – ihm oder sich selbst.
„Ich will nirgendwo mit dir hingehen.“
Einen Moment hatte sie den Eindruck, ihn wirklich verletzt zu haben. Da war ein kurzes Flackern in seinen Augen … Aber Unsinn. Stattdessen seufzte er, als wäre sie ein ungezogenes Kind.
„Ich will dich nicht lange aufhalten.“
„Den Spruch kenne ich schon.“
Diesmal zuckte er eindeutig zusammen. Gut, er hatte also Schuldgefühle, auch wenn er nicht einmal ahnte, wie groß die sein müssten. Aber sie hatte keine Lust mehr auf Wortgefechte. Sie wollte einfach vergessen, dass sie ihn wiedergesehen hatte, und über die ganze Geschichte hinwegkommen.
Als der Lift stoppte, rührte sie sich nicht. Stefano wartete, dass sie vor ihm ausstieg, aber als sie sich nicht bewegte, hob er die Hand, um sie hinauszugeleiten. Rasch wich sie an die Wand des Fahrstuhls zurück.
„Nein“, wehrte sie ab. „Leb wohl, Prinz Stefano, hab ein schönes Leben.“
So, jetzt hatte sie es gesagt. Dazu hatte sie neun Monate zuvor keine Gelegenheit gehabt. Jetzt war dieses Kapitel abgeschlossen. Endgültig.
Außer dass er nicht ausstieg und sich das Schweigen zwischen ihnen unangenehm dehnte.
Die Lifttüren schlossen sich wieder, und der Aufzug fuhr nach unten.
„Sollen wir jetzt so lange hoch- und runterfahren, bis du aussteigst?“, erkundigte Stefano sich amüsiert.
Kiki wich noch weiter zurück. „Lass mich in Ruhe, Stefano.“
Er versuchte nicht mehr, sie zu berühren, aber seine Stimme fesselte sie. Kiki versuchte sich vorzustellen, dass ihre Ohren mit Watte verstopft wären, aber es funktionierte nicht.
„Ist es zu viel verlangt, dass du mir ein paar Minuten deiner Zeit schenkst? Ich möchte mich entschuldigen und ein paar Dinge erklären – vielleicht können wir dann als Freunde scheiden … oder als weniger, wie du willst.“
Kiki wusste nicht, wie lange sie diese Situation noch aushalten würde, ohne in Tränen auszubrechen.
Sicher, sie könnte einfach aussteigen, weggehen und dann Stunden damit verbringen, sich auszumalen, was wäre wenn, statt das Ganze innerhalb weniger Minuten hinter sich zu bringen. Am besten stellte sie sich dem Gespräch, dann hatte sie es hinter sich. Gute Theorie, aber was, wenn nicht? Schließlich wusste sie immer noch nicht, wem sie weniger trauen konnte.
Sie schwiegen. Der Fahrstuhl hielt an und fuhr dann weiter nach unten. „Himmel noch mal, musst du immer deinen Kopf durchsetzen?“ Kiki trat vor und drückte wieder den Knopf für Deck sechzehn. „Na gut, bringen wir es hinter uns.“ Der Lift fuhr wieder hoch.
Stefano zuckte zusammen. Das hatte er sich anders vorgestellt. Ein höfliches Danke, eine Frage, wie es ihr ging, und eine Entschuldigung, weil er sie
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