Julia Extra Band 368
dort mittlerweile mehr französisch und italienisch geprägt war als griechisch und dass die königliche Familie dort weit bekannter war, als sie geahnt hatte.
Sie war eine Närrin gewesen. Natürlich war Stefano nicht zu einem kleinen Flirt auf der anderen Seite der Erde zurückgekommen.
Seine Familie war mit dem Handel von Gewürzen und Tee aus China reich geworden. Mittlerweile verdiente sie ihr Geld mit qualitativ hochwertigem Olivenöl. Dazu kamen ein Spielcasino und die Pferderennen ähnlich wie in Monaco, wo es den Grand Prix gab. Von Monaco hatten sie auch die Idee übernommen, ein Steuerparadies aus ihrem kleinen Inselstaat zu machen.
Auf Aspelicus gab es ein kleines Krankenhaus, das einen guten Ruf für Unfall- und plastische Chirurgie hatte und das Stefano als Direktor leitete.
Der Stammbaum seiner Familie ließ sich tausend Jahre zurückverfolgen, und in jeder Generation hatte es einen Arzt gegeben, der sich genauso um die ärmeren Patienten gekümmert hatte wie um die, die besser betucht waren.
Wie romantisch das alles geklungen hatte.
Insgeheim hatte Kiki darauf gewartet, dass er zu ihr zurückkam.
Aber das hatte er nicht getan.
Noch gut erinnerte sie sich an den Tag, als sie sich für die „Sea Goddess“ beworben hatte, das alte Schiff ihres Bruders.
Kiki hatte ihren wunderbaren, verrückten Bruder immer vergöttert. Er war der Einzige unter ihren Geschwistern, der sie verstand. Sie wusste nicht, was ihn damals dazu bewogen hatte, als Alleinunterhalter auf dem Schiff anzuheuern, aber bei ihr war es der Wunsch gewesen, von einem leeren Kinderzimmer weg in eine völlig andere Welt zu kommen.
Sie hatte keinem Menschen von ihrem Verlust erzählt. Stefano war nicht da gewesen, und auf einem gewöhnlichen Kreuzfahrtschiff hatte sie ihn am wenigsten erwartet.
Nick hatte gemerkt, was ihren Schwestern entgangen war, und hatte sie, Kiki, zu diesem Schritt ermutigt. Also hatte sie als Serviererin angefangen, was sie dazu gezwungen hatte, wieder offen auf Menschen zuzugehen. Allmählich hatte sie ihr altes Ich wiedergefunden und sogar begonnen, den Männern zu vergeben und mit Nicks Freund Miko und den Kellnern herumzualbern.
Dann hatte sie plötzlich die Medizin vermisst.
Als eine Stelle im Sanitätsbereich frei wurde, hatte sie die Seiten gewechselt und die letzten drei Monate unter Will als Assistenzärztin im Bordhospital gearbeitet.
Es war alles so schön gewesen – bis jetzt .
Vielleicht war es an der Zeit, ihre wahre Bestimmung zu finden. Sich zu verstecken hatte sich als sinnlos herausgestellt. Kiki seufzte.
Stefano war an Bord, und sie konnte nichts dagegen tun. Es war an der Zeit, sich weiterzuentwickeln. Sie würde Will fragen, ob er einen Ersatz für sie finden könnte.
Nachdem der Entschluss gefasst war, fühlte Kiki sich besser, stand auf und trat ans Fenster.
Vier Nächte musste sie noch überstehen, aber mit einem Plan im Hinterkopf würde ihr das schon gelingen. Sie würde nicht noch einmal so dumm sein, Stefanos Attraktivität zu erliegen.
Voller Energie wachte Stefano auf. An diesem Tag würde er das erledigen, was er schon vor Monaten hätte zu Ende bringen sollen. Höchste Zeit, den zugegebenermaßen höchst attraktiven Geist der Vergangenheit auszutreiben.
Stefano hatte nachgesehen, wann die Bordklinik geöffnet war, und als Theros und Marla zu ihrem Tagesausflug aufgebrochen waren und der Sanitätsbereich gerade aufmachte, schien ihm der perfekte Zeitpunkt gekommen.
Eilig lief er die Treppe hinunter, bis ihm aufging, dass seine Hüfte ihm das nicht danken würde und es auch keinen guten Eindruck machte, allzu erpicht auf ein Wiedersehen mit Kiki zu wirken.
Die Krankenschwester begrüßte ihn lächelnd. Es war dieselbe wie tags zuvor, und freundlich erwiderte er ihren Gruß. Sie war attraktiv und genau der Typ, mit dem er sich früher fast täglich die Zeit vertrieben hatte – aber egal, wie anziehend die Frauen auch waren, Kiki hatte jedes Verlangen nach einer anderen im Keim erstickt.
„Ich möchte gerne Dr. Fender sprechen. Ich bin Stefano Mykonides.“
„Natürlich, Euer Hoheit. Ich weiß, wer Sie sind.“ Scheu lächelte sie ihn an, fingerte an ihrem Kragen herum und errötete.
Stefano erwiderte ihr Lächeln und wartete ungeduldig darauf, dass sie ihn anmeldete.
„Aber Dr. Fender hat erst nachher Dienstbeginn.“
In dem Moment ging eine Tür auf, und der leitende Arzt verabschiedete zwei Patienten.
„Vielleicht kann Dr. Hobson Ihnen weiterhelfen?“,
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