Julia Extra Band 368
mitzuteilen.“
Zahir musterte sie durchdringend. „Warum tun Sie das, Katherine? Allein für das Wohl Ihres Volkes? Für die Ehre?“
„Ja.“ Sie überlegte, ob sie aussprechen sollte, was sie bisher nicht zu sagen gewagt hatte. Warum nicht? In diesem Zimmer war sie offen und ehrlich zu ihm gewesen, und er hatte ihr zugehört. „Dafür … und weil es sich für mich wie das Licht am Ende des Tunnels anfühlt.“ Sie konnte kaum glauben, dass sie es laut sagte. Sie hatte sich die Wahrheit ja kaum selbst eingestehen wollen. Aus Angst, dass, wenn sie zugab, wie unglücklich sie war, ihre Mission von vornherein zum Scheitern verurteilt sein würde.
„In welcher Hinsicht?“
„Wenn unsere Ehe zu Ende ist, wird Alexander auf dem Thron sitzen, und ich kann … Ich werde immer Verantwortung für mein Volk tragen, werde immer daran arbeiten, die Bedingungen in meinem Land zu verbessern, aber … Es muss dann nicht mehr mein einziger Lebensinhalt sein.“ Vielleicht würde dann endlich dieses nagende Gefühl verschwinden, dass sie, ganz gleich, was sie auch tat, nie genug tat.
Zahir sah sie nur schweigend an.
„Und Sie? Gibt es ein Licht für Sie, ein Ziel, auf das Sie zustreben?“
Etwas flackerte in seinen Augen auf. „Ich bin froh, dass Sie ein Licht sehen, Katherine. Für mich jedoch ist alles Dunkelheit.“ Er wandte sich dem Computerbildschirm zu, der leise vor sich hin summte. „Nachdem nun alles geregelt ist … Sie werden mich entschuldigen müssen. Ich habe zu arbeiten.“
3. KAPITEL
Katherine hasste Untätigkeit. In Altina kannte sie so etwas nicht, dort waren ihre Tage von morgens bis abends angefüllt mit Aktivitäten. Sie kontrollierte die Budgets der Sozialleistungen, saß in den Sitzungen der verschiedensten Komitees und leistete ehrenamtliche Arbeit in den Kliniken des Landes. Sie hatte kaum einen Moment für sich, und es passte ihr bestens. Es gab ihr das Gefühl, nützlich zu sein.
Doch in Hajar gab es nichts für sie zu tun. Oder anders – im Palast gab es nichts für sie zu tun. Sie hatte gelesen, bis ihr die Augen brannten. Am frühen Vormittag war sie in den Garten gegangen, hatte Blumen geschnitten und die leeren Vasen gefüllt, die ihr bei der Ankunft aufgefallen waren. Inzwischen jedoch war es so heiß, dass man sich nur noch innerhalb der kühlen Palastmauern aufhalten konnte.
Sie war an ein viel gemäßigteres Klima gewöhnt, an frische Bergluft, nicht an Luft, die mit jedem Atemzug in den Lungen brannte. Noch ein Teil des Arrangements, den sie nie bedacht hatte, weder damals, als sie die echte Heirat mit Malik eingehen wollte, noch jetzt, als sie hergekommen war, um auf eine Heirat mit Zahir zu bestehen.
Alles hier war anders. Sogar sie selbst begann schon, sich anders zu fühlen.
Das Klirren von Porzellan und ein lauter Fluch brachen den Bann der Langeweile.
Sie beschleunigte ihre Schritte, eilte durch das Labyrinth der Korridore, bis sie Zahir sah. Er stand bei dem großen Tisch an der Wand. Die antike Vase, in der sie am Morgen einen Blumenstrauß arrangiert hatte, lag in tausend Scherben auf dem Boden. Auch die Blumen sahen nicht so aus, als hätten sie überlebt.
Er hob den Kopf und schaute zu ihr hin, die Augen funkelnd vor Wut. „Haben Sie das gemacht?“
„Was? Die unschuldigen Blumen malträtiert?“
„Haben Sie die Blumen hier hingestellt?“
„Ja. Ich habe drei leere Vasen mit Sträußen gefüllt. Diese hier, eine in meiner Suite und eine in der Halle. Wird man in diesem Land dafür in den Kerker geworfen?“
Er lief über die Scherben, die unter seinen Schuhsohlen knirschten, sein leichtes Humpeln auffälliger als sonst. „Ohne meine Erlaubnis werden Sie hier nichts verändern.“ Er sprach ruhig, mit gefährlich leiser Stimme. „Sie hatten kein Recht dazu.“
Erste Furcht wurde von Ärger verdrängt. Sie stemmte die Hände in die Hüften. „Ihnen macht es vielleicht nichts aus, in einem düsteren, kahlen Palast zu leben, mir schon. Und da das hier jetzt mein Heim ist, bis unser Arrangement ausläuft, übrigens per königlichem Dekret Ihrerseits, brauche ich Ihre Erlaubnis nicht, wenn ich etwas in meinem Heim verändern möchte.“
„Das hier ist nicht Ihr Heim, latifa , täuschen Sie sich da nicht.“
„Hat das irgendwie mit Testosteron zu tun? Bin ich etwa in das Territorium des einsamen Wolfs eingedrungen?“ Der Ärger ließ sie tollkühn werden.
„Verspotten Sie mich nicht.“
„Dann verhalten Sie sich nicht so, dass es Anlass für
Weitere Kostenlose Bücher