Julia Extra Band 369
hat“, sagte er mit verständnisvoller Stimme, die in Drus Ohren wie Hohn klang. „Natürlich übernehme ich dafür die volle Verantwortung. Ich hätte es gar nicht erst dazu kommen lassen dürfen. Es war mein Fehler und es tut mir leid, dass ich offensichtlich falsche Hoffnungen in Ihnen geweckt habe.“
Ihm fiel auf, wie sie zusehends erblasste. Und plötzlich wurden die Bilder ihrer gemeinsamen Nacht in Cádiz wieder lebendig: ihr Weg durch die laue Sommernacht von der Bodega Bar hin zum Hotel, ihr Arm um seine Taille, ihr Mund so nah an seinem, ihr Kuss – viel berauschender als der spanische Sherry, den sie zu Ehren seines Großvaters getrunken hatten, der an diesem Tag gestorben war. Er hatte sich geweigert, die Trauer zuzulassen, und sie stattdessen geküsst. Und selbst jetzt noch hatte er das Gefühl, sie schmecken zu können.
Und mit einem Mal wurde ihm eines bewusst: Er hatte sich die ganze Zeit selbst belogen. Es war keine Wut, die ihn jetzt so erhitzte und sein Blut in Wallung geraten ließ – sondern pures Verlangen.
„Eher würde ich mich in den Sensenmann vergucken als in Sie“, sagte sie verächtlich und schüttelte den Kopf. „Und außerdem war ich Ihre persönliche Assistentin, nicht Ihre Sekretärin.“
„Sie sind das, was ich sage. Das scheinen Sie vergessen zu haben.“ Er versuchte die Erinnerungen zu verdrängen, doch es gelang ihm nicht. Im Gegenteil, sein Körper sehnte sich nach ihr. Er wollte sie berühren, schmecken, besitzen.
„Ich habe nicht eine Sekunde daran verschwendet, mir irgendwelche Hoffnungen zu machen“, zischte sie. Doch ihre Stimme verriet ihm, dass dies nicht stimmte. „Oder Sie etwa, Mr Vila? Waren Sie eifersüchtig? War das vielleicht der eigentliche Grund für meine Nichtbeförderung?“
Was redete sie da nur? Sein Herz schlug hart und schnell in seiner Brust. Großer Gott, wie sehr er sie wollte! Er brauchte irgendeine Strategie. Ja, das war es.
Und im nächsten Augenblick beugte er sich zu ihr und küsste sie.
Es war, als würde ein Feuerwerk explodieren.
Nein, das darf nicht wieder passieren …
Doch weiter kam Dru mit ihren Gedanken nicht. Sein Mund war auf ihrem, heiß und fordernd. Und es war so wundervoll, ihn zu fühlen. So vertraut und doch neu. Er legte einen Arm um ihre Hüften und zog sie so eng an sich, dass Dru ganz überwältigt von seiner plötzlichen Nähe war. Sein Kuss wurde immer verlangender und sie spürte, wie er mit seiner Zunge um Einlass bat.
Und sie öffnete ihre Lippen und ließ es einfach geschehen.
Endlich , jubelte eine Stimme in ihrem Kopf, während sich ihre Brüste aufreizend gegen seinen muskulösen Oberkörper pressten. Dabei bemerkte sie kaum, wie ihr der Schuh aus der Hand glitt und zu Boden fiel. Alles um sie herum versank in einem Rausch aus Lust und Leidenschaft. Sie spürte eine Hitze, fast wie im Fieber, und sie küsste Cayo mit aller Leidenschaft zurück, weil es das Einzige war, das sie in diesem Moment wirklich tun wollte. Sie wollte ihn berühren, ihn schmecken, sie wollte ihn, nur ihn . Und das mit einer Dringlichkeit, die sie selbst erschreckte. Alles erschien plötzlich in einem neuen Licht …
Doch dann löste er sich abrupt von ihr und fluchte etwas auf Spanisch. Und nach dem kurzen Höhenflug landete Dru äußerst unsanft wieder auf dem harten Boden der Realität.
Erschüttert machte sie einen Schritt zurück, dann noch einen. Ihr Atem ging keuchend, stoßweise, ihr Herz raste. Er sah sie nur an, so, als sei das Ganze bloß ein Test gewesen. Ja, und sie war darauf reingefallen.
Dru konnte es nicht länger ertragen. Sie drehte sich um und verließ auf bloßen Füßen den Salon. Immer zwei Stufen auf einmal nehmend, rannte sie die breite Wendeltreppe hinauf. Oben an Deck angekommen, empfing sie grelles Sonnenlicht, und atemlos drehte sie sich um. Da war er auch schon. Dunkel und groß, direkt hinter ihr.
„Wohin so eilig?“, hörte sie ihn rufen. „Ich dachte, Sie hätten nichts gegen einen kleinen Kuss einzuwenden.“ Seine Augen funkelten golden, und sein schön geschwungener Mund verzog sich zu einem ironischen Lächeln.
Dieser Mund …
Stopp, dieser Mann ist ein Teufel in Engelsgestalt, schoss es ihr wie eine Warnung durch den Kopf. Nein, sie wollte das alles nicht. Nicht schon wieder. Noch einmal würde sie das nicht durchstehen! Und plötzlich sah sie nur noch einen Ausweg.
Dru drehte Cayo den Rücken zu. Dann nahm sie Anlauf, schwang sich über die Reling – und sprang ins
Weitere Kostenlose Bücher