Julia Extra Band 369
Mauern stiegen sie die Straße hinan durch die Terrassengärten der Alhambra. Es war ein wunderschöner Anblick, doch Freya hatte das Gefühl, als würde sie in einer Gefängniszelle stecken, deren Tür sich mit jedem Schritt langsam weiter schloss.
„Diese Gärten sind so friedlich“, murmelte Rafe.
Freya lachte erstickt auf. An dieser Situation war nichts Friedliches. Rafe war dabei, ihr Leben zu zerstören. „Zieh es nicht in die Länge, Rafe. Bringen wir es hinter uns. Sag, was du zu sagen hast.“
Doch er schwieg lange, und als Freya mit tränenfeuchten Augen endlich einen Blick wagte, schaute er sie verwundert an. „Ich glaube, es ist nicht das, was du erwartest.“
„Es kann nichts Gutes sein“, sagte sie heiser.
„Nicht?“ Mit sanften Fingern hob er ihren gesenkten Kopf an. „Nun, natürlich bleibt das letzte Urteil dir überlassen. Ich wollte dir sagen, dass ich dich liebe.“
Sie starrte ihn an. War das ein grausamer Scherz? Eine Falle? „Nein …“
Er hob die Augenbrauen. „Das ist nicht die Reaktion, die ich mir erhofft hatte.“
„Aber … gestern Abend hast du mich abrupt zurückgewiesen, hast mich stehen lassen. Und heute muss sich Damita um Max kümmern …“
„Damit wir Zeit allein für uns haben“, erklärte er. „Gestern Abend bin ich gegangen, weil ich über vieles nachdenken musste. Und vieles akzeptieren musste.“
„Über mich?“
„Nein, über mich“, korrigierte er leise und legte die Hand an ihre Wange. „Freya, seit zehn Jahren frisst die Schuld an dir. Sind zehn Jahre Buße nicht genug? Vergib dir endlich.“
Vergebung. Das alles kam so unerwartet, war so wundervoll … Etwas regte sich in ihr. „Aber …“
„Und ich muss endlich meinen Teil der Schuld am Scheitern meiner Ehe akzeptieren.“ Geräuschvoll stieß Rafe die Luft aus. „So lange habe ich mich von Ärger leiten lassen. Als du mir deine Geschichte erzähltest, als ich sah, wie schuldig du dich fühlst … Ich musste daran denken, dass ich mir nie einer Schuld bewusst war. Aber vielleicht ist das dringend nötig. Rosalia war so jung, als wir heirateten. Ich habe sie nicht geliebt, wie ich sie hätte lieben sollen. So, wie ich dich liebe.“
Unglaube wandelte sich langsam in überschäumende Freude. „Ich hatte damit gerechnet, dass du mich wegschickst.“
„Das war mir nicht klar …“ Stirnrunzelnd schüttelte er den Kopf. „Das mit dem Sorgerechtsstreit hätte ich nie sagen dürfen. Aber es waren Ärger und Angst, die aus mir sprachen. Es tut mir so leid, vor allem jetzt, nachdem ich weiß, was du durchgemacht hast.“
Sie meinte, ihrem Herzen wären plötzlich Flügel gewachsen, dennoch hatte sie noch immer Angst zu hoffen. „Ich dachte, nachdem ich mein Geheimnis preisgegeben habe …“ Sie konnte nicht weitersprechen.
„Oh Freya.“ Er zog sie in seine Arme. „Das, was du erlebt hast, hat dich zu dem Menschen gemacht, der du bist – liebevoll und sanft, stark und ehrlich. Glaubst du wirklich, ich würde dir vorhalten, was vor zehn Jahren passiert ist?“ Als sie den Kopf schüttelte, fuhr er fort: „Dabei wäre es verständlich. Schließlich habe ich Rosalia jahrelang Täuschung und Betrug vorgeworfen. Doch gestern Nacht ist mir klar geworden, dass ich mit meinem brennenden Wunsch nach einem Kind vermutlich der Auslöser war. Ich wünschte mir so unbedingt ein Kind, teils aus völlig irrigen Gründen.“ Er schüttelte betrübt den Kopf. „Ich hatte keine glückliche Kindheit, fühlte mich von meinem Vater zurückgestoßen. Ich glaubte, ein Kind würde mir helfen, meine Vergangenheit zu vergessen.“
„Weshalb hat dein Vater dich zurückgewiesen?“, fragte sie flüsternd.
„Meine Mutter war schwanger von einem anderen Mann, als die beiden heirateten … weshalb sie ihn überhaupt geheiratet hat. Er wusste es nicht, fand es aber bald heraus. Deshalb hat er mich nie geliebt. Immer hat er mich wie einen unerwünschten Eindringling behandelt. Ich wusste nie, warum. Meine Mutter hat es mir nie gesagt, aber ich spürte, dass sie sich meiner schämte. Für ein Kind ist es schrecklich, nicht geliebt zu werden …“ Seine Stimme erstarb, er hielt Freya fester. „An meinem achtzehnten Geburtstag hat er es mich wissen lassen. Seiner Meinung nach hatte er seine Pflicht erfüllt. Er warf mich ohne einen Penny hinaus. Ich bin meinen eigenen Weg gegangen und habe es allein geschafft. Aber ich wollte ihm beweisen, dass ich eine eigene Familie haben kann. Vielleicht wollte ich es
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