Julia Extra Band 369
überhaupt lieben konnte. Doch ein Leben ohne Freya konnte er sich nicht mehr vorstellen … ohne ihr sanftes Lächeln, ihren kühlen Blick, die Hitze ihrer Umarmung. Er brauchte sie in seinem Leben, in Max’ Leben. Im Leben ihres ungeborenen Kindes.
Im Leben ihrer Familie.
Rafe ließ die Hände sinken und holte tief Luft. Freya hatte ihm heute etwas Wertvolles geschenkt: ihre Ehrlichkeit, ihre Verletzlichkeit. Sie hatte ihm ihr Geheimnis offenbart, wie er es von ihr verlangt hatte.
Er wusste, war er zu tun hatte: Er musste ihr seine Ehrlichkeit, sein Geheimnis schenken. Ganz gleich, wie viel Angst es ihm einjagte.
7. KAPITEL
Bei strahlendem Sonnenschein wachte Freya auf. Prompt stürzte die Erinnerung an die gestrigen Ereignisse auf sie ein. Mit hämmerndem Herzen schloss sie die Augen wieder. Sie wollte nicht aufstehen, wollte sich nicht Rafe und seiner Zurückweisung stellen. Wie verzweifelt sie ihn gestern geküsst hatte … Würde sie denn nie lernen? Und mit welch leerem Blick er sie angesehen hatte. Wie entschieden er die Tür des Arbeitszimmers ins Schloss gedrückt hatte …
Nebenan hörte sie Max rumoren. Sie fühlte sich bleiern und müde, dennoch stand sie auf und zog sich an. Sie wollte gerade die Tür zum Kinderzimmer öffnen, als sie Rafes tiefe Stimme vernahm.
„Guten Morgen, Max.“
„Rafe!“ Max war offensichtlich begeistert, ihn zu sehen. „Wo ist Freya?“
„Wahrscheinlich schläft sie noch. Du bleibst heute bei Damita und hilfst ihr, churros zu backen. Einverstanden?“
Nur mit halbem Ohr nahm Freya Max’ begeisterten Jubel wahr, schließlich war dieses Gebäck seine Lieblingsnascherei. Sie konnte nur denken, dass Rafe sie bereits aus Max’ Leben verdrängte. Er plante bereits für ihre Abreise.
Übelkeit, die nicht von der Schwangerschaft herrührte, stieg in ihr auf. So schnell. So unerbittlich. Aber was hätte sie von El Tiburón anderes erwarten sollen?
Sie nahm sich zusammen, setzte die ungerührte Maske auf und öffnete die Tür. Sie brachte sogar ein kühles Lächeln für Rafe zustande. „Guten Morgen.“
„Freya!“ Max flog auf sie zu. „Ich backe heute chur … chur … “
„Churros.“ Rafe schmunzelte, dann sah er ernst zu Freya. „Wir müssen reden.“
Sie nickte nur matt. Kaum dass sie etwas von Max’ fröhlichem Geschnatter verstand, während sie zusammen zum Frühstück hinuntergingen. Sie bekam auch kaum einen Bissen hinunter. Alles, was sie tun konnte, war, die Minuten zu zählen, bis Rafe ihr sagen würde, dass sie gehen sollte.
Denn das musste es sein, was er mit ihr zu bereden hatte. Alles deutete darauf hin – die nachdenklichen Blicke, die er ihr sandte, sein grüblerisches Schweigen und dass er bereits arrangiert hatte, Max in der Obhut der Haushälterin zu lassen.
Brechreiz stieg in ihrer Kehle auf. Hastig entschuldigte Freya sich und schaffte es gerade noch ins Bad. Tränen trübten ihr die Sicht, während sie herzzerreißend würgte. Wütend blinzelte sie und wünschte sich die kühle Fassung zurück, die sie jahrelang zur Schau getragen hatte. Jetzt fehlte ihr die Kraft dazu. Zu viel war passiert, sie hatte zu viel verloren, um sich noch hinter einem gelassenen Lächeln zu verstecken.
„Freya?“
Rafe stand vor der Badezimmertür. Hastig wusch sie sich den Mund aus, spritzte sich Wasser ins Gesicht, bevor sie die Tür öffnete und sich an ihm vorbeischieben wollte. Ihre Schultern streiften sich, die Berührung fuhr wie ein Stromstoß durch Freya hindurch, brachte sie abrupt zum Stehen.
„Ich dachte, wir könnten ausgehen.“
Sie nickte knapp. „Ja, natürlich.“
„Freya …“
Sie schüttelte den Kopf. „In ein paar Minuten bin ich so weit.“
Eine Viertelstunde später fuhren sie über die kurvige Straße Richtung Granada. Die Sonne strahlte vom Himmel, tauchte die Berge in flüssiges Gold. Freya schwieg, das Gesicht zum Fenster gewandt. Rafe schien auch keine Lust auf eine Unterhaltung zu haben.
Er parkte den Wagen nahe der Plaza Nueva in Granada. Erst als sie ausstiegen, richtete er das Wort an sie. „Wir können zur Alhambra laufen, wenn es dir nichts ausmacht, bergauf zu gehen.“
Freya zuckte nur mit den Schultern. Ihr war gleich, wohin sie gingen. Sie wunderte sich, warum er sich solche Mühe machte. Brachte er sie an einen öffentlichen Ort, um sicherzustellen, dass sie keine Szene machte? Kannte er sie denn noch immer nicht? Sie machte keine Szenen, selbst wenn ihr Herz entzweibrach.
Im Schatten hoher alter
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