Julia Extra Band 369
schüttelte den Kopf. „Ich habe keine Familie, Asad. Ich habe zwei Erzeuger, die so nett waren, mich bis zum Ende meines Studiums finanziell zu unterstützen.“
Asad zuckte zusammen. „Ziemlich zynische Worte über zwei Menschen, die dir das Leben geschenkt haben.“
„Ich erwarte gar nicht, dass du es verstehst. Bestimmt hast du dich damals auch von deinen Eltern im Stich gelassen gefühlt, aber sie haben dich nie aufgegeben. Nicht wirklich. Ich hingegen war für meine Eltern nie die Tochter, sondern nur eine ungewollte Schutzbefohlene.“
„Und du hast die Abmachung meiner Großeltern mit meinen Eltern als barbarisch bezeichnet“, meinte er schockiert und missbilligend zugleich.
Wieder schüttelte sie den Kopf. Asad hatte recht. Es stand ihr nicht zu, darüber zu urteilen, und anders als sie hatte er eine richtige Familie. Allerdings leugnete er nicht, dass er sich von seinen Eltern im Stich gelassen fühlte.
Er runzelte die Stirn und sah so aus, als wolle er noch etwas hinzufügen.
Abwehrend hob Iris die Hand. „Wie gesagt, erwarte ich nicht, dass du es verstehst. Ich habe es ja selbst nie verstanden, und sie sollten meine Familie sein. So, ich bin müde und möchte jetzt ins Bett. Okay?“
Warum sie ihn das fragte, war ihr allerdings ein Rätsel.
„Ich kann dich wohl nicht davon überzeugen, meins mit mir zu teilen“, sagte er in demselben neckenden Tonfall, den er damals immer benutzt hatte, wenn sie zu ernst geworden waren.
Sie hatte ihm nicht die Wahrheit über ihre Eltern erzählt, weil sie sich dafür geschämt hatte, dass sie nicht geliebt wurde, doch nun erinnerte sie sich auch an den anderen Grund. Asad hatte sich so gut darauf verstanden, sie glücklich zu machen, dass sie dieses traurige Thema einfach nicht hatte ansprechen wollen.
Außerdem hatte sie sich damals immer noch an die Hoffnung geklammert, dass ihre Eltern irgendwann zur Besinnung kommen würden.
Iris musste lächeln. „Du bist ein Idiot.“
Sie musste sich eingestehen, dass sie Asad trotz allem immer noch als Freund betrachtete. Da sie anderen nicht so schnell vertraute, konnte dieses Vertrauen vermutlich auch nicht so schnell zerstört werden. Diese Erkenntnis machte sie nicht gerade glücklich.
Asad, der von ihrem Gefühlschaos nichts bemerkte, schenkte ihr ein sinnliches Lächeln. „Nein, ein Idiot würde die Gelegenheit verstreichen lassen.“
Für einige Sekunden war sie versucht, sein Angebot anzunehmen. Niemals hatte sie so sehr das Gefühl gehabt, irgendwo hinzugehören, wie damals in seinem Bett. Es war alles nur eine Fantasie gewesen, aber es hatte real gewirkt. In seinen Armen hatte sie eine Familie zu haben geglaubt.
Und ihn zu verlieren hatte sie fast umgebracht.
Darauf wollte, ja, konnte sie sich nicht noch einmal einlassen.
Statt zu antworten, betrat sie schnell ihren Raum und ignorierte die Tränen, die ihr über die Wangen liefen.
Auch wenn sie sich dagegen wehrte, stellte Iris am nächsten Tag fest, dass sie genauso schnell dem Charme der vierjährigen Nawar verfallen war wie dem von deren Vater. Von ihrem Mittagsschlaf abgesehen, war diese ihr auf Schritt und Tritt gefolgt.
Es war ein geschäftiger Tag gewesen. Unter fröhlichem Geplauder hatten Asads weibliche Verwandten das Essen für das Fest vorbereitet, und Iris hatte dabei zugesehen.
Es hatte ihr so viel Spaß gemacht, dass sie ein schlechtes Gewissen hatte, weil sie nicht gearbeitet hatte – trotz des Anrufs von Scheich Hakim, der ihr gesagt hatte, sie solle erst nach ihrer offiziellen Begrüßung in der Zeltstadt mit ihren Untersuchungen beginnen.
Genevieve hatte ihr gerade mitgeteilt, dass sie sich jetzt fertig machen sollten. Eigentlich hatte Iris das einzige Kleid anziehen wollen, das sie mitgebracht hatte, doch die alte Dame hatte protestiert.
Sie und Nawar hatten aus ihrer Garderobe ein prachtvolles Gewand herausgesucht, das Iris zu dem Anlass tragen sollte. Außerdem hatte das Mädchen darauf bestanden, ihr die Bäder zu zeigen und ihr alles zu erklären.
Nachdem sie sich in einem großen Kübel mit der duftenden Seife gewaschen hatten, entspannten sie sich jetzt in dem größten Becken im Frauenbereich, das von einer der heißen Quellen gespeist wurde.
„Du musst dich ausruhen. Du darfst nicht planschen oder schwimmen“, erklärte die Kleine mit wichtiger Miene. „Nachher waschen wir uns noch mal mit dem Sand vom Grund.“
„Bestimmt wird die Haut davon ganz weich“, meinte Iris, woraufhin Nawar ernst
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