Julia Extra Band 369
in den braunen Augen blickte die Kleine sie daraufhin an.
Das war nicht fair! Iris schüttelte den Kopf. „Natürlich nicht.“
„Aber können wir nicht übermorgen fahren? Großmutter möchte ein Willkommensfest geben.“
„Was? Warum?“
„Sie sind unsere Gäste“, sagte Genevieve, als würde das alles erklären. „Es wäre unhöflich, es nicht zu tun.“
„Aber Russell und ich können doch morgen mit unserer Arbeit anfangen und rechtzeitig zum Abendessen zurückkehren“, schlug Iris in einem Anflug von Panik vor.
„Es wird viel mehr als ein einfaches Abendessen sein“, mischte Asad sich ein.
Genevieve lächelte charmant. „Ich dachte, vielleicht würden Sie gern bei den Vorbereitungen zusehen.“
Das konnte sie unmöglich ablehnen. „Gern“, erwiderte Iris deshalb höflich. „Danke für das Angebot.“
„Ich kann allein fahren und mit den Untersuchungen beginnen“, bot Russell an, doch zu ihrer Überraschung schüttelte Asad den Kopf, bevor sie widersprechen konnte.
„Die Männer sind traditionellerweise zwar nicht für das Essen zuständig, haben aber andere Aufgaben. Sie dürfen sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, diesen Teil unseres Lebens kennenzulernen.“
„Danke, Scheich Asad.“ Russell lächelte, und seine Augen funkelten. Dieser Verräter!
Asad neigte den Kopf.
„Großmutter hat gesagt, es gibt mansaf . Das ist mein Lieblingsessen, aber sie kocht es nicht oft“, meldete seine Tochter sich zu Wort.
„Tatsächlich?“ Iris lächelte die Kleine an, die ihrem Vater so ähnelte, wenngleich nicht äußerlich. „Wenn ich mich recht entsinne, war das früher auch das Lieblingsgericht deines Vaters.“
Sie hatte sogar einmal versucht, es für ihn zu kochen, und im Internet nach einem Rezept für das traditionelle Gericht, gekochtes Lammfleisch mit Reis und Joghurtsauce, gesucht. Da sie noch nie eine gute Köchin gewesen war, war es ihr nicht besonders gelungen. Asad hatte sich bei ihr bedankt, ihr aber gesagt, man müsse es auf traditionelle Weise zubereiten, nämlich über einem offenen Feuer, damit es seinen vollen Geschmack entwickele.
Sie war sich nicht sicher gewesen, wie sie seine Worte auffassen sollte, weil sie sie gleichzeitig als Kritik und Rechtfertigung empfunden hatte. Ihre leidenschaftliche Begegnung danach hatte allerdings alles wiedergutgemacht. Asad hatte ihr zu verstehen gegeben, dass er ihre Bemühungen zu schätzen wusste.
Danach hatte sie nie wieder versucht, ein traditionelles Gericht aus seiner Heimat zuzubereiten.
„Das ist es immer noch“, erwiderte Nawar jetzt kichernd. „Großmutter sagt immer, wir sind uns sehr ähnlich.“
„Bestimmt hat sie recht.“ Liebevoll zauste Iris ihr das Haar.
„Morgen zeige ich Ihnen die Bäder in den Höhlen“, informierte Genevieve sie dann. „Bestimmt hat mein Enkel den Teil ausgelassen, wie es sich gehört.“
„Ja, davon hat Asad nichts erwähnt“, antwortete Iris.
Tatsächlich war sie erleichtert bei der Vorstellung, dass sie in den nächsten Wochen nicht auf eine Dusche oder ein Bad verzichten musste.
„In den Höhlen südlich des Lagers gibt es heiße Quellen“, ergänzte Asad.
„Die Frauen benutzen die oberen Höhlen und die Männer die unteren. Wahrscheinlich glauben sie, sie vertragen das heiße Wasser besser“, meinte Genevieve und lächelte ihren Mann dabei liebevoll an. „Hanif hat sie als kleiner Junge entdeckt und dem Stamm bei unserer Hochzeit geschenkt.“
Das klang so romantisch, dass Iris lächeln musste.
„Und es beweist, dass dieses Land immer noch voller Geheimnisse für uns steckt“, bemerkte dieser, bevor er sich an Russell wandte. „Mr Green, Sie trinken morgen mit mir und den anderen Männern Kaffee, ja?“
„Bitte nennen Sie mich Russell“, erwiderte ihr Assistent jungenhaft lächelnd. „Ich fühle mich geehrt. Seit ich erfahren habe, dass wir nach Kadar reisen, freue ich mich darauf, richtigen Kaffee zu trinken.“
„Dann ist Ihnen also klar, dass Filterkaffee nicht annähernd an den hier heranreicht?“, erkundigte Asad sich spöttisch und blickte dabei Iris an.
„Ich lasse mich gern überzeugen“, sagte Russell, der ohne Kaffee nicht leben konnte.
Asad hätte sich also nichts Besseres ausdenken können, um ihn morgens anderweitig zu beschäftigen.
Trotz ihrer Bemühungen schaffte Asad es später, Iris zu ihrem Raum zu begleiten.
Vielleicht war sie einfach nicht entschlossen genug. Und dass er in dieser Hinsicht möglicherweise stärker war als
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