Julia Extra Band 369
Italienisch.
Vittorios Züge verdüsterten sich zusehends. „Das dulde ich nicht!“, erklärte er, nachdem Margherita geendet hatte. „Machen Sie Sophia bitte klar, welche Aufgaben sie als Gastgeberin hat. Ich möchte sie pünktlich bei Tisch sehen. Unwohlsein vorzutäuschen und sich trotzig ins eigene Zimmer zurückzuziehen, dulde ich nicht. Richten Sie ihr das bitte aus.“
„Machen Sie sich meinetwegen bitte keine Umstände“, versuchte Cherry ihn zu beschwichtigen. „Ich habe Ihre Gastfreundschaft wirklich schon genug strapaziert.“ Fieberhaft überlegt sie, wie sie möglichst schnell an ihren Sarong kam – mittlerweile war nämlich auch ihr aufgefallen, wie aufreizend der nasse Badeanzug wirkte.
Vittorio ignorierte den Einwurf, und Margherita nickte und zog sich lautlos zurück. Mehr denn je fühlte sich Cherry beim Anblick der Haushälterin an eine riesige schwarze Krähe erinnert.
„Sollen wir?“ Vittorio nahm das Tablett auf und deutete mit dem Kopf auf die Hängematte. Er verbeugte sich leicht und ließ ihr den Vortritt.
Vittorio im Rücken zu haben machte sie noch hilfloser. Sie spürte seine Blicke auf Beinen und Po und fühlte sich bloßgestellt. Doch endlich war die Hängematte erreicht, und Cherry stürzte sich regelrecht auf den Sarong. Erleichtert aufatmend wickelte sie sich darin ein und verknotete die Enden über der Brust. Jetzt war sie wenigstens von den Achseln bis zu den Knien vor Vittorios zudringlichen Blicken geschützt!
„Besser so?“, fragte Vittorio, der inzwischen das Tablett auf den kleinen Tisch gesetzt hatte, und sah sie an.
Cherry errötete bis an die Haarwurzeln. „Ich weiß nicht, was Sie meinen, Signor Carella!“
„Ich nehme an, hier im Schatten fühlen Sie sich besser. Ich weiß, wie sehr Engländer unter unserer Sonne zu leiden haben, ihre Haut verbrennt sofort.“
Er lächelte leicht, und beide wussten, dass er genau das nicht gemeint hatte. Cherry jedoch wahrte Fassung, ignorierte die Anspielung und nahm seine Fürsorge für bare Münze.
„Machen Sie sich bitte meinetwegen keine Sorgen. Ich bin schon mehrere Tage in Italien und habe mich voll akklimatisiert. Außerdem vertrage ich Sonne sehr gut und werde schnell braun und nicht rot.“
„Das beruhigt mich kolossal.“ Er schob den Liegestuhl, in dem vorhin Sophia gesessen hatte, beiseite und zog zwei Rattansessel heran. „Kommen Sie, lassen Sie uns in aller Ruhe unseren Cocktail genießen, bevor wir uns fürs Essen umziehen müssen.“
In aller Ruhe , das war gut! Cherry ließ sich in den Sessel fallen. Vittorios Nähe machte sie ohnehin schon nervös, und die Tatsache, dass er lediglich mit einer winzigen Badehose bekleidet war, machte alles noch schlimmer. Fahrig griff sie nach ihrem Drink – ein Schluck zur Stärkung konnte nicht schaden.
Überrascht hob sie den Kopf und hielt das Glas gegen das Licht. „Was ist denn da drin?“, fragte sie und betrachtete den leicht bläulichen Inhalt. Der Cocktail schmeckte köstlich, schien jedoch gefährlich viel Alkohol zu enthalten.
„Mein Geheimrezept. In Anlehnung an Sex on the Beach habe ich meine Kreation Sex in the Afternoon getauft. Schmeckt sie Ihnen?“
Zweifelnd blickte Cherry in die Flüssigkeit. „Eigentlich schon, aber die Wirkung ist ziemlich heftig.“
„Stimmt, daher ja auch der Name.“
Vittorios Stimme bebte vor Lachen, worüber sie sich ärgerte. Hielt er sie für ein kleines Kind? Schnell trank sie noch einen Schluck. „Und was ist da alles drin?“
„Hauptsächlich Ananassaft mit Limettenstückchen, etwas Gin und Curaçao, das Ganze aufgefüllt mit Champagner – eigentlich nicht mehr als eine Bowle.“
Das Getränk war weitaus mehr. Zwei Gläser davon, und man würde genau das tun, was der Name versprach. Cherry blickte ihn streng an. „Bowle nennen Sie das? Bei uns zu Hause …“
„Wir sind hier im lebenslustigen Italien und nicht im unterkühlten England, mia piccola . Engländer benutzen selbst im Sommer eine Wärmflasche, kein Wunder, wenn da auch der Bowle Temperament und Leidenschaft fehlen.“
Statt über die ironische Bemerkung zu lachen, reagierte Cherry unwillig. Sie fühlte sich in ihrem Nationalstolz getroffen. „Ich versichere Ihnen, auch Engländer sind Enthusiasten, wenn es um wirklich wichtige Dinge geht. Wenn wir unser Herz auch nicht auf der Zunge tragen, sind wir noch lange nicht gefühlskalt.“
„Ich dachte, wir reden über Bowle.“
„Nicht nur.“
Er zog die Brauen hoch. „Also gut.
Weitere Kostenlose Bücher