Julia Extra Band 369
seine Quittung für seine Treulosigkeit bekommen, dessen dürfen Sie sicher sein. Ihre Schwester wird ihm das Leben zu Hölle machen.“
Cherry nickte, denn das glaubte sie auch. Angela hatte eine Vielzahl von gebrochenen Herzen auf dem Gewissen, was die Männer jedoch nicht davon abhielt, sie zu umschwärmen wie Motten das Licht.
„Es ist Pech, eine solche Frau zur Schwester haben, besonders wenn man so sensibel ist wie Sie“, redete Vittorio weiter. „Doch wenn Sie Angela zeigen, dass sie Ihnen nichts anhaben kann, dann wird sie die Macht über Sie verlieren.“
„Aber sie kann mir etwas anhaben“, widersprach Cherry. „Sie ist in der Lage, mich zu verletzen. Das hat sie schon immer getan und wird nicht damit aufhören.“
„Nur weil Sie es zulassen, Cherry. Außerdem hätte Ihre Schwester Liam nicht verlocken können, wenn er der Richtige für Sie gewesen wäre. Gegen aufrichtige Liebe ist nämlich selbst eine geborene Verführerin wie Angela machtlos.“
Vittorio hatte gut reden. Er konnte einfach nicht nachvollziehen, wie es sie geprägt hatte, von klein auf im Schatten von Mutter und Schwester zu stehen.
„Und Ihre Mutter ist bestimmt auch keine glückliche Frau“, stellte Vittorio fest, als hätte er ihre Gedanken erraten.
Cherry runzelte die Stirn. Diesen Gesichtspunkt hatte sie noch nie berücksichtigt. Überrascht stellte sie fest, dass Vittorio recht hatte. Nachdenklich trank sie den letzten Schluck Wein. Kaum hatte sie das Glas abgesetzt, erschien der Ober mit dem Espresso.
Vittorio lächelte ihr zu. „Möchten Sie wissen, wie ich so viel über Menschen dieser Art erfahren habe?“
Cherry nickte, denn das hatte sie sich tatsächlich gefragt.
„Mit einer Frau vom Typ Ihrer Schwester habe ich leidvolle Erfahrungen gemacht. Sprichwörtlich in letzter Minute gelang es mir, mich aus ihren Netzen zu befreien. In der ersten Zeit danach hielt ich mich für einen gebrochenen Mann, erst allmählich erkannte ich, welch fatalem Irrtum ich aufgesessen war. Ich hatte von äußerer Schönheit auf Vollkommenheit des Charakters geschlossen.“
Sprach er von dieser Caterina, die Sophia erwähnt hatte? Die Frau, die er vorgehabt hatte zu heiraten, bevor seine Eltern tödlich verunglückten, und die sich kurz nach dieser Tragödie von seinem besten Freund zum Altar führen ließ?
Sie wollte ihn schon fragen, überlegte es sich dann jedoch anders. Das Gespräch drohte zu vertraulich zu werden. Daher griff sie zur Tasse und lächelte. „Und aus diesem Grund fliegen Sie jetzt wie ein Schmetterling von einer schönen Blume zur anderen?“
Er ging auf den neckenden Ton nicht ein. „Nein, da haben Sie mich falsch verstanden.“
Cherry fühlte sich plötzlich wie ein dummes Kind. Sie senkte den Kopf und war froh, als Vittorio nach der Rechnung verlangte und sie kurz darauf das Lokal verließen.
Nachdem sie ins Auto eingestiegen waren, startete Vittorio den Motor nicht sofort. Er drehte sich zu Cherry um und kam noch einmal auf das Thema zu sprechen. „Ich habe Ihre Schwester noch nie gesehen, doch eins weiß ich: Sie kann Ihnen nicht das Wasser reichen. Sie sind eine Schönheit, auch wenn Sie mir das nicht glauben.“
Er beugte sich vor, drehte sie zu sich und küsste sie zärtlich. Dann erst fuhr er los.
Cherry schloss die Augen und lehnte sich in ihrem Sitz zurück. Sie schwebte wie auf Wolken, obwohl sie es nicht wollte. Mit aller Macht kämpfte sie gegen ihre Gefühle für diesen verwirrenden Mann, von dem sie so gut wie nichts wusste und der in einer Welt lebte, die sie nur vom Hörensagen kannte. Er und sie hatten nichts gemeinsam: Vittorio Carella hatte eine magnetische Wirkung auf Frauen jedes Alters. Sie dagegen, die unscheinbare Cherry Gibbs, hinterließ bei keinem Mann einen bleibenden Eindruck.
Für sie war Vittorio der Mann ihrer Träume, doch was bedeutete sie ihm? Nicht mehr als eine nette Abwechslung. Wenn sie seinem Werben nachgab, würde sich eine Urlaubsromanze entwickeln, die er schon bald wieder vergessen haben würde. Das waren die nüchternen Tatsachen, mochten die Schmetterlinge im Bauch noch so wild flattern.
„Sie sind sehr schweigsam.“ Er blickte sie kurz von der Seite an.
„Ich … ich dachte gerade an Sophia“, log sie. „Ob es ihr wohl wieder besser geht?“
Er zuckte die Schultern. „Bestimmt.“ Seine verhaltene Reaktion zeigte Cherry, dass er seiner Schwester immer noch nicht verziehen hatte, was auch seine folgenden Worte bestätigten. „Schließlich hat
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