Julia Extra Band 370
ihre Tochter bin?“
„Weil du du bist. Und ich kann mich nicht in einen Mann für immer verwandeln. Nicht einmal für dich.“
Sie wollte ihn darauf hinweisen, dass sie das gar nicht von ihm verlangt hatte. Aber dies war der Abschied, dagegen anzukämpfen würde nichts daran ändern.
„Und ich würde dir wieder wehtun. Ich würde deine Gefühle für mich und das, was ich über dich weiß, gegen dich verwenden.“
„Ich liebe dich.“
„Du liebst mich nicht, Shirley“, flüsterte er nach einem langen Schweigen. Angespannt. Unsicher.
„Bekomme ich Punkte dafür, dass ich das nicht gewollt habe?“ Bei den letzten Worten brach ihr die Stimme, was ihm verriet, dass sie zu weinen begonnen hatte.
Hayden rückte an sie heran und schmiegte sich fest an sie. „Bitte wein nicht. Bitte. Ich bin deine Tränen nicht wert.“
„Du hast eine sehr schlechte Meinung von dir selbst. Oder eine sehr hohe von meinen Tränen.“
„Sie sind Diamanten für mich.“
Bei diesen Worten weinte Shirley noch mehr, und er hielt sie, während die Tränen fielen. Stunden vergingen so, ein Leben. Oder vielleicht nur Minuten. Als sie das nächste Mal die Augen öffnete, stahlen sich erste Lichtstrahlen durch den Zeltstoff. Und Hayden lag noch immer hinter ihr, streichelte sie.
Sie drehte sich in seinen Armen um. „Ich liebe dich“, flüsterte sie.
Indem er sie auf die Schulter und den Hals küsste, zögerte er seine Antwort hinaus. „Du verdienst es, dass deine Liebe erwidert wird.“
Er küsste sie auf den Mund, hart und verzweifelt. Shirley klammerte sich an ihn und erwiderte den Kuss leidenschaftlich, es kümmerte sie nicht mehr, was er vielleicht von ihr dachte oder was das über sie aussagte. Oder wie sehr es später wehtun würde.
Dies war ihr letzter Kuss.
Ihr brach das Herz, als sie sich von Hayden losmachte und aufstand. „Ich muss zu Ende packen.“
Er ließ sie gehen, beobachtete sie schweigend, während sie sich anzog und letzte Dinge in ihren Rucksack stopfte. Ihre Qual übertrug sich auf ihn. Aber ganz gleich, wie sehr Shirley jetzt litt, es war immer noch besser als das, was er ihr vielleicht antat, wenn er bei ihr blieb. Das, was er mit seinem Vater gemacht hatte. Wie er ihn psychisch zermürbt hatte. Bis er aus seinem Elternhaus ausgezogen war, das er nie wiedersehen wollte, und seinen Vater eingeschüchtert zurückgelassen hatte. Ein gebrochener Mensch.
Er hatte jede Frau, der er überlegen gewesen war, kontrolliert und emotional blockiert, um sie fernzuhalten. Einfach, weil er es konnte.
Er war so erfolgreich geworden, weil er sich vorgestellt hatte, wie er durch seine Klienten aus der Finanzwelt und der Versicherungsbranche seinen Vater auch finanziell und beruflich ruinieren würde. Mit dieser Fantasie war alles machbar gewesen.
Aber es hatte nicht verhindert, dass er genauso geworden war wie sein Vater. Ein Monster. Nur in einem teureren Anzug.
„Willst du nicht packen?“, fragte Shirley.
„Ich packe, während du beim Frühstück bist“, log Hayden und hasste sich noch mehr.
Sie nickte traurig. Kämmte sich und ging.
Er ließ sich zurück auf die Matratze sinken und verlor sich in Shirleys Duft auf dem Kopfkissen. Den süßen, unschuldigen Duft der Ehrlichkeit.
Obwohl sie es nicht wollte, liebte Shirley ihn. So abgestumpft Hayden auch war, er hielt das fest wie ein kostbares Geschenk.
Er wurde geliebt.
Dann müsste er doch fähig sein, selbst zu lieben? Irgendwie? Irgendwann? Aber Shirley jetzt gehen zu lassen war auf die Dauer so viel respektvoller, als ihr Leiden zu verlängern.
Vielleicht konnte er endlich einmal etwas Gutes für jemanden tun.
Selbst wenn es sich schlecht anfühlte.
Wirklich schlecht.
„Hayden? Der Motor des Vans läuft.“
Zwei Fahrzeuge fuhren an diesem Morgen zurück in die Stadt, zwei blieben zusammen mit den Leuten hier, deren Job es war, die Ausgrabungen zu organisieren. Shirleys Rucksack und Ausrüstung waren ins erste Fahrzeug geladen worden.
Aber ihr gemeinsames Zelt stand noch. Sie steckte den Kopf durch den Eingang.
Hayden saß wieder in dem Campingstuhl in der Ecke. Ansonsten sah es im Zelt genauso aus wie vorhin, als sie zum Frühstück gegangen war.
Ihr Herz fing an zu hämmern. „Du kommst nicht mit.“
„Ich glaube, es ist besser, wenn ich noch ein paar Tage bleibe.“
Sie hatte sich schon verrückt gemacht wegen der langen Fahrt zurück in die Stadt und überlegt, wie sie damit fertig werden sollte, wenn sie sich nur anschwiegen. Sie
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