Julia Extra Band 371
eine bedrohliche Richtung, regte ihre Fantasie an … Und als er seine Hand wieder zurückzog, da wusste sie, dass er es wusste.
Während sie auf der süßen Frucht kaute, machte sie still eine Anmerkung in ihrem Kopf: Datteln sind sexy.
„Man nennt es haysa al-tumreya .“
Seine Stimme war leise, allein für ihre Ohren bestimmt, und genüsslich kaute sie auf der süßen Dattel mit dem pikanten Dip.
„Bei uns ist die Dattelpalme der wichtigste Baum. Er beschattet die Quelle …“ Und während sie aßen, erzählte er ihr von den Oasen in der Wüste, beschrieb Früchte und Gemüse und Gerichte. Bei dem baba ganoush , das sie als Nächstes probierte, schloss sie hingerissen die Augen, um den leicht rauchigen Geschmack der Auberginen auszukosten. Und der Kronprinz erzählte weiter und sie hörte zu und aß und genoss. Und mit jedem Mal, wenn sie ihn ansah, meinte sie, dass er noch faszinierender wurde.
Ja, er hatte recht. Es war schön, keine Entscheidungen treffen zu müssen und einfach nur verwöhnt zu werden. Er erzählte von seinem Land und seinem Leben in Alzirz, und sie erzählte auch ein wenig von sich. Oder besser gesagt, er war es, der sie nach ihrer Familie fragte.
„Meine Eltern kamen letztes Jahr bei einem Autounfall ums Leben.“ Sie erwartete jetzt eine übertriebene Beileidsbekundung, doch er sah sie einfach nur an und wartete darauf, dass sie weitererzählte. „Ich habe einen Bruder – Mark.“
„Kümmert er sich um Sie?“
„Ich kümmere mich um mich selbst.“ Ihr war bewusst, dass sie ein wenig zu harsch klang, und deshalb fügte sie entschuldigend an: „Das letzte Jahr war schwierig, aber ich komme zurecht.“
Sie war dankbar für die Unterbrechung, als der nächste Gang serviert wurde. Rakhal erzählte ihr von dem Palast, der direkt am Meer stand, und der Wüste, in die er sich öfter zurückzog, um nachzudenken.
„Das klingt wunderschön.“
„Es würde Ihnen gefallen“, versicherte er überzeugt, und für einen Moment sah er sie vor sich – als schimmerndes Juwel in seinem Harem.
Irgendwann während des nächsten Gangs rückte er seinen Stuhl neben ihren und fütterte sie erneut. Natasha vergaß völlig, dass sie in einem gut besetzten Restaurant saßen, und sie vergaß auch die eigene Unerfahrenheit in Gesellschaft dieses erfahrenen Mannes. Denn sie sehnte sich danach, mehr von den Geschichten zu hören, die er mit leiser tiefer Stimme erzählte, und automatisch rückte sie noch ein wenig näher an ihn.
Auch für Rakhal hatte dieser Abend etwas Außergewöhnliches, vor allem wegen der Offenheit. Er erzählte nie einer Frau von seiner Heimat, redete nicht über seine Gedanken und sein Leben, doch in die Unterhaltung mit Natasha passte es, es war angenehm. Jetzt sprachen sie über Traditionen, und er war ehrlich, sagte ihr, dass er eines Tages nach Alzirz zurückkehren und eine Braut für sich aussuchen würde. Nun, völlig ehrlich war er nicht – er verschwieg, dass das schon sehr bald stattfinden würde.
„Wie suchen Sie sie aus?“ Natasha war ehrlich neugierig. „Muss sie reich sein? Aus einer aristokratischen Familie stammen?“
„Wir brauchen keinen zusätzlichen Reichtum. In dieser Hinsicht ist Alzirz eine Ausnahme – die königliche Familie wählt den Partner aus dem einfachen Volk. Meine Großmutter war Scheicha Königin, mein Großvater ein weiser Mann aus der Wüste. Sie wählte ihn wegen seines Wissens aus, in einer Zeit der Veränderung in unserem Land, damit die alten Traditionen und Weisheiten dennoch bewahrt blieben. Wenn ich König bin …“
„Sie werden also eines Tages König sein?“ Sie konnte die Überraschung nicht verbergen. „Haben Sie Angst davor?“
Verständnislos sah er sie an. „Ich habe niemals Angst vor etwas.“
Nein, das konnte sie sich auch nicht vorstellen. Noch nie hatte sie einen so selbstsicheren Mann getroffen. „Sie sind also der Älteste?“
„Ich habe keine Geschwister.“ Mit Zufriedenheit sah er die kleine Falte auf ihrer Stirn, denn auch in seiner Heimat waren viele Erben erwünscht. Es war wichtig für den Weiterbestand seines Landes. „Meine Mutter starb im Kindsbett.“
„Das tut mir leid.“
Rakhal hielt nicht viel von Sentimentalität. Er war nicht damit aufgewachsen, und wie sein Vater ihm erklärt hatte, konnte er niemanden vermissen, den er nie gekannt hatte. Dennoch rührte sich bei Natashas Beileidsbekundung etwas tief in ihm.
„Wie war sie?“
„Sie starb bei meiner Geburt, woher also
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