Julia Extra Band 371
geschwebt.
Heute zählte wieder die Wirklichkeit.
Es sollte eigentlich nicht viel Bedeutung haben, dass sie die Leidenschaft füreinander neu entdeckt hatten, aber für Callie hatte es das leider doch.
Sie war wieder da, wo sie vor acht Jahren gewesen war: in einer Beziehung mit Verfallsdatum, was sie auch genau wusste. Und gar nicht mochte.
Archer war im Grunde immer noch der herumziehende, freiheitsliebende Mann wie damals.
Wie ihr Vater … Der war auch nach Belieben aufgetaucht, mit Geschenken und Versprechungen, die er nicht hielt, weil er seine Tochter sofort vergaß, sobald er sie nicht mehr sah.
Es war immer toll gewesen, wenn er zu Besuch kam, aber die darauf folgende Enttäuschung war umso schwerer zu ertragen gewesen.
Auf Capri hatte sie den Fehler gemacht, ihre Gefühle zu maskieren und so zu tun, als wäre ihre Beziehung nicht mehr als eine kleine Affäre. Diesmal würde sie nicht so dumm sein.
Diesmal verdiente sie mehr. Sie verdiente Antworten.
Diesmal würde Callie ihn nicht einfach gehen lassen. Nein, sie würde ihn nicht kampflos aufgeben.
Es ging ihr ja gar nicht um eine tiefe, bedeutsame Beziehung! Sie wollte nur ein bisschen Freude und Ablenkung in der traurigen Zeit, die ihr wegen der Krankheit ihrer Mutter bevorstand.
Ich habe mich verändert, also hat Archer es bestimmt auch getan, dachte Callie. Er hatte ihr zugehört und sie getröstet, als sie ihm von ihrer Mutter erzählte, und er ging so nett mit seinen Brüdern und Izzy um. Er war nicht ausschließlich auf sich bezogen wie damals, sondern kümmerte sich durchaus um andere.
Ja, auch er hatte sich in den acht Jahren verändert.
Das hoffte sie jedenfalls.
Und sie würde es herausfinden!
Archer küsste sie sanft auf den Hals. „Seit wir hier sind, möchte ich dich ausziehen, aber es geht nicht, weil Kinder anwesend sind.“
„Hör auf! Man könnte uns sehen.“
„Na und?“ Er ließ die Lippen über ihre Schulter gleiten.
Während ihre Haut erregend zu prickeln begann, presste Callie sich an ihn. Was immer Archer ihr geben konnte, sie würde es nehmen. Mit Freuden.
Ein lauter Pfiff kündete an, dass sie nicht länger ungestört waren. Archer ließ sie, leise fluchend, los. Sie schob die verrutschten Träger des Kleids zurecht.
„Tut mir leid, euch zu stören, aber gleich werden die Reden gehalten“, erklärte Travis kein bisschen bedauernd.
Archer funkelte ihn an. „Hättet ihr dieses langweilige Zeug nicht für die Hochzeit aufsparen können?“
„Wieso? Hättest du jetzt Besseres zu tun?“
„Klar!“ Archer lächelte schief. „Und wenn du ein bisschen Verstand hättest, würdest du das Gleiche tun, statt hier diesen Hochzeitsunsinn zu zelebrieren.“
„Was spricht dagegen, die Weihnachtsfestivitäten noch um einen echten Familienschwof zu erweitern? Das hält die Eltern bei Laune“, meinte Travis und grinste.
„Es ist ein trauriger Anblick, wenn sich einer wie du in ein romantisches Weichei verwandelt“, meinte Archer spöttisch und nahm Callie bei der Hand. „Geh schon mal vor, Bruderherz. Wir kommen gleich nach.“
Travis nickte und ließ sie allein. Nun war die beste Gelegenheit, Archer zu fragen, warum er sich so verspannte, wenn er mit seinen Angehörigen zusammenkam.
„Ich habe online Geschenkgutscheine für deine Familie bestellt“, begann Callie vorsichtig. „Ist das okay?“
„Klar!“ Plötzlich war er gereizt, einsilbig und abweisend.
„Warum wirst du so verschlossen, sobald du mit deiner Familie zusammenkommst?“, fragte sie nun unverblümt.
„Was du da sagst, ist doch totaler Blöd…“
„Wirklich?“, unterbrach sie ihn rücksichtslos. Als er nicht antwortete, sondern nur finster zu seinen Eltern und Tom hinüberblickte, fügte sie hinzu: „Als deine Brüder bei dir zu Hause aufgetaucht sind, konnte ich die Spannung fast mit Händen greifen. Seither hast du entweder gearbeitet oder warst Surfen, jedenfalls hast du deine Familie nicht besucht.“
Archer blickte finster drein. Zwischen seinen Brauen zeigte sich eine tiefe Falte.
„Und heute Abend hatte ich den Eindruck, zur Party zu gehen wäre das Letzte, was du willst“, machte Callie unbeirrt weiter.
Immerhin stand er noch da und hörte ihr zu, was sie als gutes Zeichen deutete.
„Deine Familie lobt dich in den höchsten Tönen, also verstehe ich nicht ganz, Archer, warum du so schroff bist. Vielleicht …“
„Vielleicht solltest du dich da einfach raushalten“, fuhr er sie an.
Das tat weh! Und es zerstörte
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