Julia Extra Band 371
hatte.
„Ich habe einen Mann kennengelernt …“, hatte Jennifer Gray ihr in der Kindheit oft genug anvertraut. „Dieses Mal ist es der Richtige “, schwärmte sie dann.
Danach war Jennifer mehrere Tage lang verschwunden gewesen und hatte ihre Tochter allein in der Wohnung zurückgelassen, ohne Geld, Essen oder saubere Kleidung. Allerdings war es noch unerträglicher, wenn sie die Männer mit nach Hause brachte und Rosie verbot, das Kinderzimmer zu verlassen. Dann lag ihre Mutter den ganzen Tag im Bett oder auf dem Sofa, trank, und lachte laut über die Witze ihres Angebeteten. Dabei vergaß sie, dass Rosie gewaschen, mit Nahrung versorgt und zur Schule gebracht werden musste. Am Ende war die Fürsorge auf Rosie aufmerksam geworden und hatte sie zu Pflegeeltern geschickt.
Die Erinnerung an jene Zeit ernüchterte Rosie schlagartig.
Nachdem sie mit den übrigen Büros fertig war, kehrte sie in das Zimmer von Alex zurück. Er saß hinter dem Schreibtisch. Verlegen trat sie ein. „Stört es Sie, wenn ich jetzt putze?“
„Nein, gar nicht“, sagte er fröhlich und lächelte ihr hinter dem Laptop aufmunternd zu. Das Lächeln war so sinnlich, dass eine Welle der Hitze in Rosie aufstieg, als hätte er ein Feuer in ihr entfacht. Sie spürte, dass ihre Brustwarzen sich aufrichteten und ihre Knie zitterten.
„Möchten Sie einen Drink?“, fragte er lässig, während er zu einem Servierwagen schlenderte und ein Glas nahm.
Verwundert über das Angebot sagte Rosie: „Nein, danke.“ Insgeheim machte sie sich Vorwürfe, weil sie eigentlich lieber Ja gesagt hätte. Zu viel hing von ihrem Job ab, als dass sie es sich erlauben konnte, während der Arbeitszeit zu flirten. Was war nur mit ihr los? Ein Mann wie Alex wollte höchstens eine heiße Nacht mit ihr verbringen. Mehr nicht. Sie gehörte ganz anderen gesellschaftlichen Kreisen an und war längst nicht so gebildet wie er. Während sie dabei war, ihren Schulabschluss nachzuholen, hatte er bestimmt ein abgeschlossenes Studium in der Tasche.
Irritiert, dass sie den Drink ausgeschlagen hatte, fragte Alexius sich, ob er sie gleich zum Abendessen hätte einladen sollen. Ihm fiel auf, dass sie sich in seiner Gegenwart unwohl fühlte. Ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen, verschwand sie zur Tür, sobald sie mit dem Putzen fertig war. Wusste sie, wie sehr gerade ihre Zurückhaltung ihn reizte? Die Aussicht, noch einen weiteren Abend in diesem Büro verbringen zu müssen, gefiel Alexius auf jeden Fall ganz und gar nicht.
Halte dich besser von ihm fern, warnte eine Stimme in Rosies Kopf. Alles andere würde nur Ärger heraufbeschwören. Alex Kolovos brachte ihr inneres Gleichgewicht durcheinander, und sie benahm sich in seiner Gegenwart albern. Je eher sie dieses seltsame Feuer erstickte, desto besser.
Aus dieser Überzeugung heraus bat Rosie am nächsten Abend ihre Kollegin Zoe, die Seiten des Flurs miteinander zu tauschen. Zoe runzelte die Stirn. „Wieso?“
„Dieser Typ, der jeden Abend so lange arbeitet, er … flirtet mit mir“, gab Rosie zögernd zu. „Das verursacht mir Unbehagen.“
„Mit mir darf der jederzeit flirten“, gestand Zoe. „Der sieht doch umwerfend aus. Manchmal stehst du dir selbst im Weg, Rosie. Gefällt er dir etwa nicht?“
„Schon, aber das würde doch zu nichts führen.“
„Die schönsten Erlebnisse führen oft zu nichts. Trotzdem würde ich niemals darauf verzichten wollen“, erwiderte die weit erfahrenere Zoe.
Während der gesamten Schicht widerstand Rosie der Versuchung, einen Blick in Alex’ Büro zu riskieren. Als sie danach ihre Siebensachen packten, schaute Zoe sie finster an. „Ich hatte ja gehofft, der Typ würde mich angraben, aber er hat mich nicht einmal angesehen. Als wäre ich unsichtbar! Offensichtlich steht er nur auf dich.“
In dieser Nacht lag Rosie im Bett und versuchte, sich nicht darüber zu freuen, dass Alex den Köder nicht angenommen hatte. Zoe war ausnehmend hübsch und hätte gewiss nicht Nein zu einem Drink gesagt. Wahrscheinlich hätte Zoe zu einer Menge Dinge nicht Nein gesagt.
War es das, was sich der attraktive Grieche von ihr erhoffte? Eine Runde Sex nach Büroschluss, ohne weitere Verpflichtungen? Was sonst könnte er von ihr wollen?
„Heute Abend übernimmst du wieder die alten Büros“, sagte Zoe am nächsten Abend vor Schichtbeginn. „Wenn der schöne Fremde dich belästigt, weis ihn einfach zurecht. Du bist doch sonst nicht auf den Mund gefallen!“
Die Ermahnung der Kollegin
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