Julia Extra Band 372
schließlich, und Jared atmete erleichtert aus. Er hatte keine Ahnung, worüber sie den ganzen Nachmittag reden sollten. Aber er konnte nicht einfach ihr Dach reparieren und dann verschwinden. Er schuldete ihr noch etwas, auch wenn er nicht genau wusste, was. Vielleicht würde er es heute Nachmittag herausfinden.
„Gut, ich komme so um zwei.“
Er frühstückte mit Dave und erfuhr von ihm, was er sich in der Stadt ansehen konnte. Zuerst einmal erstand er in Petes Laden, wo er sich die Arbeitsstiefel und die Flanellhemden gekauft hatte, eine Einweg-Kamera und eine warme Jacke. Er vergrub die Hände tief in den Taschen, als er die Hauptstraße hinunterging, und fühlte sich ganz wie er selbst – lebendig, wach, zum ersten Mal wieder seit Jahren.
Er atmete die eisige Dezemberluft tief ein und ließ das Ambiente der kleinen, weihnachtlich geschmückten Stadt auf sich wirken. Er war vierunddreißig Jahre alt, Multimillionär und Promi-Anwalt. Vermutlich könnte er sich auch in North Carolina als Anwalt niederlassen, denn er wollte nichts lieber, als mit Elise zusammen zu sein.
Aber das war falsch. Sie war acht Jahre jünger als er und wollte sich zu einem einfachen Leben in einer kleinen Stadt niederlassen. Und er hatte nie ein einfaches Leben angestrebt. Er war auch als Person immer kompliziert gewesen. Ein Workaholic. Selbst wenn er all seinen Mut zusammennahm und bei Elise blieb, so wusste er doch, dass er, sobald die erste Mandantin anrief und ihn bat, nach L. A. zurückzukommen, er in seine Kanzlei zurückkehren und seine Pflichten als Anwalt wiederaufnehmen würde.
Zumindest hatte er immer so gehandelt, als er noch mit MacKenzie zusammen gewesen war. Er hatte sie so oft allein gelassen, dass er nur noch wenige Erinnerungen an ihre gemeinsame Zeit besaß – von den letzten gemeinsamen Tagen nur noch, wie er das Apartment frühmorgens verlassen und abends nach einem langen Arbeitstag dorthin zurückgekehrt war. Und das Gleiche würde er auch Elise antun. Nur dass er sie in North Carolina zurücklassen würde, während er in L. A. rund um die Uhr seine Mandanten betreute. Und das war wirklich der Grund, warum er nicht zulassen durfte, dass etwas zwischen ihnen passierte.
MacKenzies Ermordung, seine Trauer darüber und Elises eigene Schwierigkeiten waren nur der Vorwand für das echte Problem. Er war ein Workaholic. Und ebenso wie MacKenzie verdiente auch Elise etwas Besseres.
Nach mehreren Stunden Stadtbesichtigung und Einkaufstour wollte er wieder in seine Pension zurück, um sich zu duschen, bevor er zu Elise fuhr. Als er an einem Juweliergeschäft vorbeikam, fiel sein Blick auf ein goldenes Schmuckstück.
Ein Herz aus Gold.
Er beugte sich vor und sah es sich genau an. Irgendwie fiel ihm bei seinem Anblick sofort Elise ein. Er überlegte, ob sie einmal etwas Ähnliches getragen hatte. Das goldene Herz erinnerte ihn daran, dass Elise sein Herz geheilt hatte. Er hatte ihr zwar kaum etwas von sich erzählt, aber genau deshalb war sie die Richtige gewesen, um ihn aus dem Kokon seiner Trauer hervorzulocken. Sie konnte zuhören. Sie hatte exakt die richtigen Dinge gesagt und getan.
Sein Blick fiel auf ein Schild im Schaufenster, auf dem „Das perfekte Geschenk für den perfekten Menschen zu Weihnachten“ stand. Und das stimmte. Es war das perfekte Weihnachtsgeschenk. Er musste zwar noch vor dem Fest wegfahren und würde auch nicht wiederkommen. Aber er konnte Elise nicht verlassen ohne ein Geschenk. Vielleicht war es nicht klug, sich zu wünschen, dass sie sich an ihn erinnerte, aber irgendwie erschien es ihm richtig.
Noch bevor er geläutet hatte, öffnete Elise ihm die Eingangstür. „Frohe Weihnachten!“, begrüßte sie ihn munter.
Er klopfte sich den Schnee von den Schuhen und trat ein.
Maude kam mit Molly auf dem Arm in die Eingangsdiele. „Frohe Weihnachten.“
Jared zog seine Jacke aus. „Ihr seid ja schon so festlich gestimmt!“
Elise strahlte ihn an. „Wir backen gerade Weihnachtsplätzchen. Die Lebkuchen sind schon fertig. Möchtest du einen?“
Er hängte seine Jacke an den Garderobenständer und wandte sich zu ihr, trat dann aber schnell wieder einen Schritt zurück. Mit schräg gelegtem Kopf sah sie ihn forschend an. Hatte er gerade den Impuls unterdrückt, sie an sich zu ziehen und mit einem Kuss zu begrüßen?
Der Gedanke elektrisierte sie, dass er sie so unbefangen küssen wollte.
„Ich bin kein großer Freund von Süßem“, sagte er und folgte Maude in die Küche, wo er
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