Julia Extra Band 373
gar nicht zu Weihnachten bei sich im Haus haben. Seit Tagen schon versuchte er, seiner Tochter das auszureden.
Weil er gedacht hatte, es würde sich um eine ältliche Witwe handeln. Doch Mrs Morgan war eine junge schöne Frau Mitte zwanzig.
Eine sehr spröde junge Frau …
„Ja – und?“, hakte sie jetzt nach, als das Schweigen sich dehnte.
„Und eine dritte Person dabei zu haben würde die Stimmung aufheitern und es weniger bedrückend machen.“
Beth fuhr sich mit der Zungenspitze über die trockenen Lippen. „Ich wusste nicht, dass Ihre Frau erst kürzlich verstorben ist.“
„Vor zehn Monaten, um genau zu sein. Janet und ich waren allerdings bereits seit mehr als zwei Jahren geschieden“, erklärte er steif.
Das klang nicht nach einer gütlichen Trennung. Dennoch musste es ein Schock gewesen sein, vor allem für die Kleine.
Ließ Beth sich jetzt von der eigenen Erfahrung mit Ben und ihren Eltern nachgiebig stimmen und in etwas hineinziehen? Falls ja, so hatte das nichts mit Nick Steele zu tun, sondern allein mit Bekka. Denn Nick Steele machte definitiv den Eindruck, als könnte er sehr gut auf sich selbst aufpassen und seine Emotionen kontrollieren.
Falls er überhaupt welche hatte …
Aber das war unfair. Sie ließ ihre Meinung von Vorurteilen bestimmen. Ganz offensichtlich liebte der Mann seine Tochter sehr, wenn er bereit war, sich zu Weihnachten eine Fremde ins Haus zu holen, nur um es für Bekka erträglicher zu machen.
Ehrlich gesagt … Beth wäre es lieber gewesen, wenn sie Nick Steele allein auf Arroganz hätte reduzieren können.
„Nun, ich nehme an, es wäre akzeptabel, wenn ich heute Abend mit Ihnen beiden etwas essen gehe …“
„Gut, das ist dann also abgemacht“, bestätigte er ihre Zustimmung, bevor sie es sich anders überlegen konnte. „Ich muss jetzt dringend zu einer Sitzung. Genaueres besprechen wir dann heute Nachmittag.“ Damit unterbrach er die Verbindung.
In dem leeren Schulkorridor starrte Beth böse auf das Handy in ihrer Hand, als wäre das kleine Gerät daran schuld, dass sie so überrumpelt worden war.
„Ich bleibe noch und achte darauf, dass die Mädchen nichts vergessen“, teilte Beth Nick mit, als er nach der Aufführung zu ihr hinter die Bühne kam. „Ich komme später nach.“
Bewundernd betrachtete er ihr schulterlanges Haar – jetzt natürlich trocken. Das dunkle Kastanienrot war der perfekte Rahmen für ihren hellen Teint und die blauen Augen mit den dichten langen Wimpern.
Beth vermied es tatsächlich, ihn direkt anzusehen, während er lässig an eine Wand gelehnt stand und zusah, wie aufgeregte Mädchen aus dem Umkleideraum kamen und fröhlich schnatternd zu ihren Eltern liefen. Dann glitt sein Blick wieder zu der Lehrerin.
Kein Zweifel … zierlich, in hellblauem Pullover und dunkler Hose, die ihre zarten Kurven betonten, war Bethan Morgan eine ausnehmend hübsche junge Frau. Mit der tropfnassen Frau von vor zwei Tagen hatte sie überhaupt nichts mehr gemein.
„Mr Steele?“
Nick kniff leicht die Augen zusammen und setzte eine kühle Miene auf, als ihm klar wurde, dass er sie schon viel zu lange ansah. „Da wir den Abend zusammen verbringen werden, halte ich es für besser, wenn Sie mich Nick nennen.“
Beth hielt den Blick weiterhin starr auf seinen Krawattenknoten gerichtet. Dass er hier hinter der Bühne aufgetaucht war, machte sie nervös, vor allem, weil sie sich sehr bewusst war, wie elegant und attraktiv er in dem dunklen Geschäftsanzug aussah, der die breiten Schultern und langen muskulösen Beine betonte.
„Bethan?“ Leiser Humor schwang in seiner Stimme mit.
Irritiert sah Beth in sein Gesicht … und wünschte, sie hätte es nicht getan. Denn sofort wurde ihr Blick von seinen amüsierten grauen Augen festgehalten, Augen in einem markanten und gleichzeitig sinnlichen Gesicht. Ein Gesicht, das den Puls einer jeden Frau in die Höhe treiben konnte.
Ihren auch?
Leider ja.
Eigentlich seltsam, denn der Mann war das genaue Gegenteil des blonden, völlig unkomplizierten Ben mit den blauen Augen …
Oder auch des jungen Mannes, mit dem sie sich vor zwei Monaten zu einem unverbindlichen Dinner getroffen hatte – die erste Verabredung seit Bens Tod.
Nachdem sie Ben und ihre Eltern verloren hatte, musste sie sich ein ganzes Jahr lang benommen durch den Alltag kämpfen, hatte einen trostlosen Tag nach dem anderen mühselig hinter sich gebracht. Ihren Eltern hatte sie sehr nahe gestanden, und Ben hatte sie ihr ganzes
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