Julia Extra Band 373
Leben geliebt. Er war ihr Ehemann und bester Freund gewesen.
Es hatte gedauert, bis sie den Schock verwunden und endlich akzeptiert hatte, dass Ben und ihre Eltern nicht mehr lebten. Ihr war klar geworden, dass sie einen Tapetenwechsel brauchte, sie musste das Städtchen verlassen, in dem sie aufgewachsen war, in dem sie und Ben sich ein gemeinsames Leben aufgebaut hatten.
Anfangs hatte sie Schwierigkeiten gehabt, sich an den Trubel und das hektische Tempo der Großstadt London zu gewöhnen, doch mit der Zeit hatte sie neue Freunde im Lehrerkollegium gefunden und gesellte sich von Zeit zu Zeit dazu, wenn man ins Kino oder in ein Restaurant ging. Und vor zwei Monaten hatte sie sich mit dem jungen Mann verabredet, der zweimal pro Woche einen Gitarrenkurs an der St. James’s leitete. Ein wirklich netter Mann, in dessen Gesellschaft Beth sich wohlgefühlt hatte.
Mit Nicholas Steele war es das genaue Gegenteil. Der Mann machte sie nervös. Und sie wollte dieses aufreibende Bewusstsein für ihn nicht empfinden. Etwas an Nick Steele sagte ihr laut und deutlich, dass sie sich besser von ihm fernhalten sollte.
Sie reckte die Schultern. „In Bekkas Interesse halte ich es für angebracht, dass wir bei Mr Steele und Mrs Morgan bleiben.“
„Bekka ist aber im Moment nicht hier, Bethan.“
„Ich ziehe Beth vor“, korrigierte sie zerstreut. „Und Bekka kommt gleich, daher …“
Er musterte sie mit zusammengekniffenen Augen. „Sind Sie immer so spröde?“ Die Frau war ja schreckhaft wie ein junges Fohlen.
Ärger blitzte kurz in den blauen Augen auf, als sie ihn ansah. „Ich bin noch nicht ganz auf der Höhe nach der Erkältung, und die Zeit vor den Weihnachtsferien ist immer anstrengend, es gibt so viel zu tun … Melanie, du hast einen Flügel verloren“, rief sie einem Mädchen im Engelskostüm zu, wandte sich dann wieder Nick zu. „Ich fürchte, Sie müssen mich entschuldigen, Mr Steele. Ich sollte mich wirklich um die Mädchen kümmern.“
„Halte ich Sie etwa davon ab?“
„Ja, Sie lenken mich ab.“ Eine Falte erschien auf ihrer Stirn. „Wenn Sie mir den Namen des Restaurants sagen, können Sie und Bekka schon vorfahren. Ich komme dann nach.“
Aufmerksam betrachtete er sie. „Warum habe ich das Gefühl, dass Sie keineswegs die Absicht haben, nachzukommen?“
Vermutlich, weil sie genau das vorgehabt hatte. Nick Steele wiederzusehen und festzustellen, wie nervös er sie machte, hatte Beth zu dem Entschluss gebracht, dass es wohl besser wäre, den Namen des Restaurants zu „vergessen“, sobald er ihn ihr nannte. Und falls er sie auf dem Handy anrief, um zu fragen, wo sie blieb, konnte sie immer noch ihre Erkältung als Entschuldigung vorschieben. Nur hatte er ihren Plan leider durchschaut.
„Seien Sie nicht albern, Mr Steele“, bestritt sie kratzbürstig. „Wie schon gesagt … ich habe hier noch Dinge zu erledigen, bevor ich gehen kann.“
„Dann werden Bekka und ich im Wagen auf Sie warten.“
Sie presste die Nägel in die Handballen. „Ich kann mir ein Taxi nehmen.“
„Es macht überhaupt keine Umstände, wenn wir auf Sie warten.“ In seinen silbergrauen Augen stand eine eindeutige Herausforderung.
„Nun gut“, gab sie unwillig nach. „Es wird wohl noch eine Viertelstunde dauern.“ Was sicherlich keine Umstände machen würden, wenn sie sich recht an den luxuriösen Wagen erinnerte.
Ein spöttisches Lächeln spielte um die sinnlichen Lippen. „Ich freue mich schon.“
Frustriert sah Beth ihm nach, als er Bekka, die jetzt aufgedreht hüpfend aus dem Umkleideraum kam, mit einer festen Umarmung an sich drückte. Die Kleine hatte das gleiche dunkle Haar und die gleichen grauen Augen wie ihr Vater, und fröhlich plaudernd gingen die beiden zusammen nach draußen.
Beth war es viel zu warm, sie war aufgeregt und nervös. Ihr Herz pochte heftiger, und ihre Handflächen waren feucht. Und so ungern sie es sich auch eingestand … sie wusste, das lag nur daran, weil sie den Abend in der aufreibenden Gesellschaft Nicholas Steeles verbringen würde.
3. KAPITEL
„Daddy geht morgen Nachmittag mit mir und meinen Freundinnen zum Bowlen, Mrs Morgan. Wollen Sie nicht auch mitkommen?“, schlug Bekka spontan beim Dessert vor.
Nick war überrascht, wie glatt der Abend bei Bekkas Lieblingsitaliener verlaufen war. Vor allem natürlich deshalb, weil Beth sich hauptsächlich mit seiner Tochter beschäftigt und ihn nur selten direkt angesprochen hatte. Die beiden kamen offensichtlich sehr gut
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