Julia Extra Band 374
nur schaffte sie das nicht so recht. Die Erinnerungen an den Vortag waren noch zu frisch, und sie verstand nicht, wie Niklas seine Qual einfach abschalten konnte.
Sie sollte lernen, wie man das tat, weil sie bald nach Hause fliegen musste.
Die Anziehungskraft, die sie zweifellos auf ihn ausübte, würde mit der Zeit vergehen, genau wie seine Schuldgefühle wegen allem, was er ihr zugemutet hatte. Das wollte Meg auf keinen Fall miterleben. Ihr war der Gedanke unerträglich, dass Niklas eines Tages von ihr gelangweilt sein könnte.
Wenn er sie nicht für immer wollte, konnte sie aber auch nicht bloß fürs Erste so weitermachen.
„Fertig?“, fragte Niklas, als sie aus dem Bad kam.
„Scheint so.“ Schließlich hatte sie nichts zu packen.
„Soll ich Ihre Sachen mitnehmen und in die Reinigung geben?“, fragte Rosa.
„Ich werfe sie weg. Ich will sie nie wiedersehen.“
„Okay.“ Rosa hängte sich ihre Handtasche über die Schulter. „Ich sorge schon mal dafür, dass das Auto bereitsteht.“
Meg kehrte ins Bad zurück, hob die Kleidungsstücke vom Boden auf und stopfte sie in den Papierkorb im Wohnzimmer.
„Nicht den.“ Niklas fischte den Gefängnisanzug wieder heraus und drehte sich lächelnd zu ihr um. „Vielleicht brauche ich ihn irgendwann wieder.“
Sie erwiderte das Lächeln nicht. „Für dich ist das alles ein Spiel, oder?“
„Nein, Meg. Ist es nicht.“
Im Fahrstuhl bemerkte sie, dass er eine Tüte trug. Er hatte die Häftlingskleidung tatsächlich mitgenommen.
Als sie das Hotel verließen, zog er Meg an sich und schützte sie vor den Presseleuten, tat es erneut, als sie zum Polizeirevier kamen. Bevor sie den Vernehmungsraum betrat, um ihre Aussage zu machen, küsste er sie eingehend. Damit erreichte er nur, dass ihr zum Weinen war. Weil sie nicht nur Sex von ihm wollte, weil sie sich so viel mehr wünschte.
„Du schaffst das.“ Niklas wischte ihr mit dem Daumen eine Träne ab. „Erzähl ihnen einfach, was passiert ist. Rosa wird bei dir sein.“
„Ich weiß.“
„Das ist nichts, wovor du Angst haben musst. Und danach fahren wir sofort weg von hier … nur wir beide.“ Er lächelte und küsste sie noch einmal, um sie zu beruhigen.
Meg erwiderte weder den Kuss noch das Lächeln.
Es wurde eine lange, ausführliche Aussage, und Meg kam es so vor, als würde sie immer wieder dieselben Fragen beantworten.
Nein, sie hatte Miguel nie getroffen. Nein, Emilios hatte ihn nicht erwähnt.
Sie wusste nicht, wer Emilios angerufen hatte, aber nach diesem Anruf hatte er vorgeschlagen, dass sie spazieren gingen.
„Wann haben Sie gemerkt, dass es nicht Niklas ist?“, übersetzte Rosa die nächste Frage.
„Ich habe es nicht bemerkt“, antwortete Meg wieder.
„Aber Sie haben gesagt, Sie seien in Panik geraten, lange bevor Sie die Pistole gesehen haben?“
„Ja.“
Die Polizeibeamten zwangen sie, es immer wieder durchzugehen. Es fiel ihr so schwer, alles zu erklären. Es fiel ihr schwer, sich selbst zu verstehen. Auf dem Revier wollte sie nicht darüber sprechen, dass sie überrascht gewesen war, weil er nicht mit ihr geschlafen hatte. Dass es vielleicht der wichtigste Anhaltspunkt dafür gewesen war, nicht Niklas vor sich zu haben. Was ihr zum Bewusstsein brachte, wie leer ihre Beziehung war.
„Und was hat Sie in Panik versetzt?“, übersetzte Rosa erneut.
„Mir ist klar geworden, was für ein Fehler es war, ihn zu heiraten. Ich wollte nur noch weg von ihm.“
„Von Emilios?“
„Von Niklas“, sagte Meg und sah Rosa die Stirn runzeln.
Dann führten sie sie weiter zurück, zu dem Tag, als sie Niklas im Flugzeug kennengelernt hatte, und zu ihrem nächtlichen Gespräch.
„Ich habe ihn gefragt, wie er zur Waise geworden sei, und er erwiderte, er wisse es nicht.“
„Sie haben gefragt, ob er jemals nach seiner Familie gesucht hätte?“
„Ja.“
„Und was war seine Antwort?“
„Er hat gesagt, er hätte seinen Anwalt Miguel darauf angesetzt, aber er hätte nichts erreicht.“
„Das hat er ganz bestimmt gesagt?“, fragte der Beamte mit Hilfe Rosas.
„Ja.“ Meg nickte.
Er sah sie lange scharf an, und Rosa übersetzte seine nächste Frage. „Sind Sie sicher, dass es nicht etwas ist, worüber Sie gestern Abend mit Niklas gesprochen haben?“
„Ich habe doch gerade erzählt, wann es war.“
„Sie erinnern sich genau an dieses Gespräch im Flugzeug?“, hakte der Beamte noch einmal nach.
„Ja.“
Noch einmal gingen sie alles durch. Nein, sie habe nicht
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