Julia Extra Band 377
Offensichtlich hatte sie sogar etwas zugenommen.
„Schon viel besser.“ Alex strahlte. „Die Therapie tut mir gut, durch die neuen Medikamente fühle ich mich wieder ganz normal. Natürlich tut es noch schrecklich weh, das Baby verloren zu haben. Aber die Psychotherapeutin hilft mir dabei zu akzeptieren, dass ich die Fehlgeburt nicht verschuldet habe. Anscheinend endet ein Viertel aller Schwangerschaften mit einer Fehlgeburt. Ich war völlig fertig, weil ich wusste, dass ich Rocco für immer verloren hatte. Jetzt frage ich mich, wie ich so dumm sein konnte, mich in einen so egoistischen Mistkerl zu verlieben.“
Ally sah auf und begegnete dem Blick eines jungen Mannes im Rollstuhl. Alex hatte sich in den vergangenen Tagen mit dem Australier Andrew Claxton angefreundet, der bei einem Verkehrsunfall verletzt worden war und seinen besten Kumpel verloren hatte. Es tat Alex gut, sich um ihn zu kümmern, denn es lenkte sie von ihren eigenen Problemen ab.
Und Ally? Sie fühlte sich von Vittorio benutzt. Teilweise hatte sie selbst schuld, weil sie so naiv gewesen war, sich in ihn zu verlieben. Genau das hatte er geplant, als Rache dafür, dass sie ihn hinters Licht geführt hatte.
Immer wieder fragte sie sich, wann er ihr auf die Schliche gekommen war. Schrecklich, dass sie ihm all die Lügen hatte auftischen müssen! Ein Gutes hatte die Scharade wenigstens gehabt: Chiara hatte einen gesunden Jungen zur Welt gebracht, allerdings sieben Wochen zu früh. Ally hatte sich sehr für Vittorios kleine Schwester gefreut, als sie heute Morgen aus der Zeitung davon erfahren hatte. Vittorios Mission war erfolgreich gewesen. Das Intermezzo mit ihr würde er sicher schnell vergessen. Jedenfalls hatte er sich nicht wieder bei ihr gemeldet.
Am Nachmittag schlenderte sie durch den herbstlichen Klinikgarten. Sie wollte Alex nicht stören, die sich um Andrew kümmerte. Plötzlich hörte sie hinter sich Schritte auf dem bunten Laub knirschen. Sicher Alex’ Therapeutin, die sie gelegentlich auf ihren Spaziergängen begleitete. Lächelnd wandte Ally sich um. Vittorio!
„Hallo, Alice.“
„Was tust du denn hier?“, fragte sie schockiert. „Nach allem, was du mir angetan hast.“
„Ist das nicht mein Text?“, erwiderte er.
„Wohl kaum.“ Wütend funkelte sie ihn an. „Wieso musstest du unbedingt mit mir schlafen? Ich habe mich nur auf diese Scharade eingelassen, weil ich herausfinden wollte, was zwischen Alex und Rocco passiert ist. Sie wollte nämlich nicht darüber sprechen. Ich hatte nicht damit gerechnet, von dir verführt zu werden. Das war gemein, insbesondere wenn man bedenkt, was ich für dich empfunden habe.“
„Was empfindest du jetzt für mich?“, fragte er gespannt.
„Was glaubst du wohl?“ Wütend musterte sie ihn.
Vittorio zögerte eine Sekunde. „Liebst du mich?“
Mit dieser Frage hatte sie nicht gerechnet. Ihr Herz begann zu rasen. Schmetterlinge flatterten in ihrem Bauch, als sie Vittorio ansah.
„Wie … wie kommst du denn darauf?“, stammelte sie.
„Ich muss es wissen.“
„Warum?“
„Weil alles von deiner Antwort abhängt.“
„Sprichst du von deinem Unternehmen?“, erkundigte sie sich verbittert. „Dir ist schon klar, dass ich Paolo Lombardi stecken könnte, was für ein Mistkerl sein Patensohn ist. Paolo wäre auch entsetzt, wenn er erfährt, wie niederträchtig du mich benutzt hast. Er schätzt mich nämlich sehr. Und wenn ich ihm empfehle, sein Portfolio bei dir aufzulösen, dann tut er das auch.“
„Das kannst du dir sparen, denn ich habe Paolo bereits über Roccos Machenschaften informiert, sobald ich wusste, dass du für die australische Niederlassung seines Unternehmens arbeitest. Ich wollte, dass er Bescheid weiß, bevor die Presse Wind davon bekommt. Wir haben lange diskutiert, bevor ich beschlossen habe, Rocco aus meiner Firma zu entlassen.“
„Aber wie wird Chiara darauf reagieren? Noch dazu so kurz nach der Geburt des Babys?“, fragte Ally besorgt.
„Du wirst es nicht glauben, aber sie hat schon am Tag der Hochzeit bedauert, den Kerl geheiratet zu haben. Sobald sie wieder bei Kräften ist, lässt sie sich scheiden. Vielleicht bringt Rocco das zur Besinnung. Und wenn nicht, ist es nicht mehr unser Problem.“
„Und warum hast du mich so mies behandelt?“ Sie musterte ihn kühl.
Vittorio schob sich eine widerspenstige Strähne aus der Stirn. „Tut mir leid. Ich wusste von Anfang an, wer du bist. Du hattest ja deine Handtasche im Wagen vergessen. Natürlich
Weitere Kostenlose Bücher