Julia Extra Band 377
finden?“, fragte sie kleinlaut.
Parker fuhr sich mit der Hand durchs Haar, machte es noch wirrer als sonst. „Das Brett kannst du vergessen.“
Das alles war so absolut unfair. Amber sah aufs Wasser hinaus und blinzelte angestrengt die Tränen zurück. Parker sollte sie nicht heulen sehen. Sie wischte sich mit der Hand über die Augen und schnüffelte. Außerdem bibberte sie vor Kälte. Als sie das Rascheln von Stoff hinter sich hörte, drehte sie sich wieder zu Parker um.
Er hatte sein Kapuzenshirt ausgezogen und stülpte es ihr über den Kopf. „Mach dir deshalb keine Gedanken, Ace“, brummte er.
Ihr wurde leicht ums Herz, weil er sich um sie kümmerte und sich Sorgen um sie machte. Und sie liebte den Spitznamen, den er ihr gegeben hatte. Sie schob die Arme in die nassen Ärmel und sog tief den Duft ein, der in dem Sweatshirt hing.
„Ich sag einfach, ich hab’s verloren.“ Der schöne Mund wurde schmal, seine Miene düster. „Meine Mom kann mich so oder so nicht ausstehen.“
Parker klammerte die Finger um sein Whiskeyglas.
Amber Davis.
Ihre Identität aufzudecken, war ein Schock für sein System. Sein Hirn wurde überflutet von Erinnerungen an seine Kindheit. Er bemühte sich, die schöne Frau zu ignorieren, die ihm als Mädchen auf Schritt und Tritt gefolgt war und andächtig bei jedem Wort an seinen Lippen gehangen hatte, die jede seiner Bewegung beobachtet hatte … und die ihn im Moment der schlimmsten Erniedrigung gesehen hatte.
Du warst ein Fehler.
Er kippte den restlichen Drink herunter und konzentrierte sich auf den Plan für heute Abend. Seiner Mutter aus dem Weg gehen, Reese absagen und dann nichts wie weg hier.
Amber sah ihn forschend an. „Erinnerst du dich noch, wie …“
Er ließ sie die Frage nicht zu Ende bringen. „Ja“, brummte er, ohne den Blick von dem leeren Glas in seiner Hand zu heben. „Ich erinnere mich.“
Die ganze Zeit über spürte er Ambers Blick auf sich, aber er brauchte einen Moment – mehrere –, um sich zu sammeln, bevor er die Frau wieder ansehen konnte, die ihn vor Jahren wie ein Baby hatte heulen sehen.
Dem Himmel sei Dank für Handys!
Parker sah auf die Nummer auf dem Display, als sein Handy vibrierte. Mit einem „Was gibt’s, Robby Boy?“, nahm er den Anruf an.
„Wieso bist du nicht in Rosies Bar?“
Nirgendwo wäre er jetzt lieber. Die Bar war der Treffpunkt für das 57. Revier. Er ließ den Blick über die eleganten Gäste in dem schicken Restaurant mit der Panoramaaussicht über ganz Manhattan gleiten. Der einzige Lichtblick war die hübsche Rothaarige, die viel zu süß und daher vollkommen verkehrt für ihn war. Doch einem kleinen Flirt hatte er nicht widerstehen können.
Und war das nicht ein kapitaler Fehler gewesen?
„Ich bin beschäftigt“, antwortete er seinem Partner und warf einen flüchtigen Blick auf Amber.
Schimmernde helle Haut, ein sinnlicher Mund und Augen von der gleichen Farbe wie Ahornsirup.
Sie war ein stilles Kind gewesen. Ein Lamm unter Wölfen im Michaels-Haushalt, das eindeutig an seinen Beschützerinstinkt appelliert hatte. Teilweise hatte es wohl daran gelegen, dass ihm eingedrillt worden war, auf Reese und Amber aufzupassen, wenn Ambers Mutter es nicht gerade tat. Außerdem hatte er selbst genau gewusst, wie es sich anfühlte, ein Außenseiter im Michaels-Haushalt zu sein.
Amber hatte sich zu einer Schönheit gemausert, doch die offene Unschuld, die sie als Kind gezeigt hatte, war ihr erhalten geblieben. Das sah er in ihrem Gesicht, in den ehrlichen Augen. Parker konnte sich nicht daran erinnern, wie es war, unschuldig zu sein.
Schon seit Langem glaubte er nicht mehr an Unschuld.
Die Augen jetzt auf Amber gerichtet, unterhielt er sich mit Rob am anderen Ende der Leitung. „Glaub mir, ich würde jetzt auch lieber ein Bier mit meinem Partner in Rosies Bar trinken, als hier in diesem schnieken Restaurant zu sitzen.“
„Dann setz dich in Bewegung und komm her.“
„Geht nicht, Robby Boy. Ich muss hier erst etwas erledigen.“
Eine lange Pause folgte, dann fragte Rob: „Das hat doch nicht mit dem Miller-Fall zu tun, oder?“
Parker hatte das Gefühl, gevierteilt zu werden „Nein, ich mache diesen Job schon lange genug. Mich kann nichts mehr schockieren.“
Sein Partner machte sich inzwischen Sorgen, dass der Fall ihn mitgenommen haben könnte, und glaubte, Parker würde langsam ausbrennen bei all dem Mist, mit dem sie sich Tag für Tag herumschlagen mussten. Parker jedoch beunruhigte es
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