Julia Festival Band 0105
Einheimische und begrüßten sie herzlich, als sie das Restaurant betraten, manche der Anwesenden bedachten sie jedoch auch mit neugierigen Blicken.
Sie entschied sich für Wasserkressesuppe und Perlhuhn in Rotweinsoße, Miles hingegen wählte Leberpastete und Steak mit Austern.
„‚Kommen Sie oft her?‘ ist die übliche Eröffnungsfloskel in solchen Momenten“, begann er, nachdem die Kellnerin die Bestellung notiert hatte. „Ich weiß allerdings, dass es auf Sie nicht zutrifft – was also schlagen Sie stattdessen als Thema vor?“
„Keine Ahnung.“ Sie spielte mit ihrem Glas. „Ich fürchte, mein Konversationstalent ist ziemlich eingerostet.“
„Und ich bezweifle, dass ich je eines hatte.“ Er lächelte. „Das verspricht ein recht schweigsamer Abend zu werden.“
„Daran bin ich gewöhnt.“ Sie erwiderte sein Lächeln. „Jenny verbringt die meiste Zeit in ihrem Zimmer und lernt für die Prüfungen. Deshalb bin ich mir oft selbst überlassen.“
„Was will Ihre Schwester nach der Schule machen?“
„Sie hat ein Stipendium für Naturwissenschaften bekommen, aber ich glaube nicht, dass sie sich schon den Kopf über ihren künftigen Beruf zerbrochen hat.“ Angesichts seiner erstaunten Miene setzte sie rasch hinzu: „Sie ist schließlich noch jung und braucht nichts zu überstürzen.“ Sie lehnte sich auf der gepolsterten Bank zurück. „Ich musste mich durch die Schule kämpfen, aber Jenny scheint leicht zu lernen.“
„Das freut mich“, erwiderte er höflich. „Auf der Weinkarte steht ein guter St. Emilion, oder bevorzugen Sie Burgunder?“
„Nein, der Bordeaux wäre mir recht.“ Sie erinnerte sich wehmütig an einen Urlaub, als sie mit ihrem Vater die Weingüter im Südwesten Frankreichs besucht hatte.
„Da ist es schon wieder.“
Verwirrt sah Chessie Miles an. „Wie bitte?“
„Dieser Gesichtsausdruck von Ihnen – wie ein Kind, das gerade hört, dass Weihnachten verboten wurde.“
„Oje, wie unachtsam von mir. Ich will versuchen, von nun an fröhlicher auszusehen.“
„Sind all Ihre Erinnerungen so schmerzlich?“
„Woher wissen Sie, dass ich mich erinnert habe?“
„Ich habe geraten – immerhin habe ich ähnliche Erfahrungen gemacht.“ Er leerte sein Glas. „Wollen Sie darüber reden?“
Sie schüttelte den Kopf. „Was soll ich sagen? In der einen Minute sitzt man auf hohem Ross, in der nächsten liegt man mit dem Gesicht im Dreck und weiß nicht, ob man je wieder auf die Beine kommt. So habe ich es erlebt. Den Rest haben Sie sicher damals in den Zeitungen gelesen. Die Presse hat nichts ausgelassen.“
„Die Berichte waren nicht zu übersehen.“ Miles betrachtete sie eindringlich. „Warum sagen Sie es nicht?“
„Was denn?“
„Dass Ihr Vater völlig unschuldig war und nur durch seinen vorzeitigen Tod daran gehindert wurde, die Vorwürfe zu widerlegen.“
Chessie schüttelte erneut den Kopf. „Würde er noch leben, wäre er meiner Meinung nach noch immer im Gefängnis. Sein Tod war in vieler Hinsicht ein Segen für ihn. Er hätte es gehasst …“ Sie biss sich auf die Lippe. „Entschuldigung, ich langweile Sie. Dies sollte eine Feier sein und kein Leichenschmaus.“
„Ich hätte nicht gefragt, wenn es mich nicht interessieren würde, Francesca.“
Warum will er es wissen?, überlegte sie. Da sie nun nicht in ihrer gewohnten Umgebung waren, glaubte er vielleicht, über etwas anderes als das neueste Manuskript oder häusliche Probleme plaudern zu müssen.
Trotzdem hätte er ein weniger persönliches Thema wählen können. Musik, zum Beispiel, oder Kinofilme.
Worüber unterhielten sich ein Mann und eine Frau beim Essen und einer Flasche Wein? Sie war total aus der Übung – und nervös. Seit Alastair hatte Chessie keinen festen Freund mehr gehabt. Die Verabredungen, die sie in London gehabt hatte, waren völlig harmlos gewesen. Und nach London hatte es niemanden mehr gegeben.
Bis zum heutigen Abend – der natürlich nicht zählte, wie sie sich sogleich ermahnte.
Sie atmete erleichtert auf, als die Kellnerin erschien und sie zu ihrem Tisch führte. Die Suppe und die Pastete, die ihnen gleich darauf serviert wurden, waren so gut, dass sich jegliches Gespräch erübrigte.
Chessie und Miles saßen in einem der kleineren Räume, die an den allgemeinen Speisesaal grenzten. Die Wände waren getäfelt, auf den jeweils für zwei Personen gedeckten Tischen brannten Kerzen und schufen eine intime Atmosphäre.
Als die Teller abgeräumt wurden,
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