Julia Festival Band 0105
gewachsen war, seit Jenny ihr die Neuigkeit überbracht hatte.
Es war eine Ironie des Schicksals, dass Miles ausgerechnet diesen Tag gewählt hatte, um ihr seine Pläne für ihre Zukunft darzulegen. Sie seufzte. Sobald sie Miles ihre Entscheidung mitgeteilt hatte, würde sie Silvertrees verlassen müssen. Trotz seiner Beteuerungen würde die Situation zwischen ihnen dann zu peinlich sein.
Im Nachbarort gab es eine Arbeitsvermittlung. Chessie wollte sich dort nach einem Job erkundigen und sich dann eine billige Unterkunft suchen.
Warum hat Miles mir das angetan?, fragte sie sich verzweifelt. Ihr Leben hatte sich gerade ein wenig normalisiert, und nun war alles wieder ruiniert. Dabei begehrte er sie nicht einmal.
Obwohl sie darüber eigentlich froh sein sollte. Was hätte sie gemacht, wenn er ihr nachgestellt hätte?
Ehe sie es verhindern konnte, malte sie sich aus, in Miles’ Armen zu liegen, den Duft seiner Haut zu atmen und seinen Mund auf ihrem zu spüren, der ihre Lippen sanft teilte. Die erste Liebkosung durch seine starken Hände …
Chessie war schockiert über die Richtung, die ihre Gedanken einschlugen. Ein heißer Schauer durchrann sie. Die festen Knospen ihrer Brüste richteten sich auf. Ihre grünen Augen glänzten wie im Fieber.
So konnte sie unmöglich an den Tisch zurückkehren. Miles würde sie durchschauen, und dann wäre sie endgültig verloren.
3. KAPITEL
Wenn ich nicht bald zum Tisch zurückgehe, wird Miles einen Suchtrupp nach mir ausschicken, dachte Chessie nervös, als sie sich zum fünften Mal das Haar kämmte. Ich kann mich nicht ewig hier verstecken.
Auf dem Weg in den Speiseraum begegnete ihr Jim Fewston. „Guten Abend, Miss Lloyd. Ich hoffe, es hat Ihnen geschmeckt.“
„Das Essen war köstlich“, versicherte sie. Aber die Unterhaltung …
„Und wie geht es Ihrer kleinen Schwester?“ Er schüttelte den Kopf. „Heutzutage sind sie erwachsen, bevor man es überhaupt merkt.“
„Ja, so ist es wohl.“
„Manchmal“, fuhr er fort, „sind sie sogar reifer, als gut für sie ist.“
Chessie fühlte sich plötzlich unbehaglich. Bis jetzt hatte sie geglaubt, der Wirt wolle lediglich höflich mit ihr plaudern, doch nun war sie sich dessen nicht mehr so sicher.
Er senkte vertraulich die Stimme. „Hoffentlich war sie an dem Abend neulich nicht zu verärgert. In einem anderen Pub wäre sie damit vielleicht durchgekommen, aber ich kenne sie schon ihr ganzes Leben und weiß, dass sie noch nicht achtzehn ist. Die hiesige Polizei ist wie wild hinter minderjährigen Alkoholsündern her, und ich will meine Lizenz nicht verlieren. Der Typ, mit dem sie hier war, ist mir herzlich egal, aber als sie Wodka mit Tonic verlangte, musste ich sie bitten, zu gehen.“ Er seufzte. „Sie verstehen sicher meine Lage und tragen es mir nicht nach.“
„Ich fürchte, ich verstehe gar nichts.“ Sie hob hilflos die Hände. „Wollen Sie etwa sagen, dass Jenny hier war und Alkohol haben wollte? Tut mir leid, aber Sie müssen sich irren.“
„Es ist kein Irrtum, Miss Lloyd“, erklärte er nachdrücklich. „Warum fragen Sie sie nicht? Oft hilft ein offenes Wort. Es ist gewiss nicht leicht, ein Mädchen in diesem schwierigen Alter aufzuziehen, zumal Sie selbst nur eine halbe Portion sind, wenn ich so sagen darf. Aber diese Sache ist etwas, das im Keim erstickt werden muss. Und ich werde auch ihren Freund im Auge behalten“, fügte er energisch hinzu.
„Jenny hat keinen Freund“, protestierte Chessie. „Sie geht abends nicht einmal aus, sondern lernt in ihrem Zimmer.“
„Nicht jeden Abend, Miss Lloyd, das werden Ihnen die anderen Wirte bestätigen. Ich schlage vor, Sie erkundigen sich einmal.“ Er nickte ihr kurz zu und ging zurück zur Bar.
Benommen blickte sie ihm nach und versuchte, seine Worte zu verkraften. Jenny und Alkohol?
Die Kellnerin hatte inzwischen den Kaffee gebracht, machte jedoch keine Anstalten, sich zurückzuziehen. Stattdessen redete sie lächelnd mit Miles, während sie das Geschirr zurechtrückte. Sie nestelte am Ausschnitt ihrer Bluse und warf kokett das Haar zurück.
Du liebe Zeit, dachte Chessie verblüfft, sie flirtet tatsächlich mit ihm! Und er genoss es offenbar, denn er lehnte sich entspannt zurück.
Die Szene bewies ihr einmal mehr, wie wenig sie über Miles’ Privatleben wusste. Der ganze Abend hatte alle möglichen Fragen aufgeworfen, auf die sie lieber verzichtet hätte.
Chessie näherte sich mit schnellen Schritten dem Tisch, und die Serviererin
Weitere Kostenlose Bücher