Julia Festival Band 05
dass Laura auf die Tür zusteuerte. „Das Telefon steht neben dem Schrank im Flur.“
„Ich weiß, wo das Telefon steht, Mutter“, erwiderte Laura, ohne sich umzuschauen.
Janka nickte. „Ich wollte nur sichergehen“, sagte sie freundlich.
10. KAPITEL
Noch nie hatte Laura sich am Heiligabend so einsam gefühlt, und das, obwohl ihre Mutter praktisch die gesamte Nachbarschaft eingeladen hatte. Außerdem waren Robbies Lehrerin und die Frauen gekommen, die für Laura arbeiteten. Freunde und Geschenke, Musik und gutes Essen hatten das Haus von sechs bis elf Uhr erfüllt. Trotzdem konnte Laura sich nicht erinnern, jemals so einsam gewesen zu sein. So fühlt man sich, wenn jemand, mit dem man fest gerechnet hat, nicht gekommen ist, überlegte sie.
Tim war nicht gekommen.
Laura setzte sich im Bett auf und zog die Knie an die Brust. Was war nur mit ihr los? Weihnachten war für sie die schönste Zeit im Jahr. Selbst damals, als ihre Eltern arm waren und keine Geschenke für sie kaufen konnten, hatte sie sich glücklicher gefühlt als sonst.
Nicht einmal, nachdem Craig sie verlassen hatte, war sie so niedergeschlagen gewesen.
Laura seufzte, während sie sich mit der Hand durchs Haar strich. Es war lächerlich, solche Gefühle für einen Mann zu entwickeln, den sie kaum kannte. Gut, mit seinem Lächeln hatte er ihr Herz erobert, und sein Kuss hatte neue Lebensfreude in ihr erweckt … und eine Sehnsucht, die sie kaum noch ertragen konnte. Aber war dies ein Grund dafür, deprimiert zu sein, wenn er nicht bei ihr war?
Warum fühlte sie sich wie in einem tiefen Abgrund? Sie wusste doch kaum etwas über ihn, bis auf die wenigen Informationen, die sie erlauscht hatte.
Laura wusste genug, um die Wahrheit zu erkennen.
Sie unterdrückte ein Schluchzen. Zum Teufel mit ihm! Warum hatte er diese Gefühle in ihr geweckt? Warum wünschte sie sich, geliebt zu werden? Er hatte ihr vorgespielt, dies alles könnte Wirklichkeit werden.
„Unruhig?“
Die freundliche Stimme ihrer Mutter erfüllte den dunklen Raum. Mit einem langen Morgenmantel bekleidet stand sie auf der Türschwelle. „Wieso bist du noch wach?“, fragte Laura.
Janka kam herein. „Ich habe dich weinen hören. Die Wände sind eben nicht dicker, weißt du. Man könnte dich noch in Ohio weinen hören. Du vermisst ihn, stimmt’s?“
Sie setzte sich auf die Bettkante, so wie sie es früher immer getan hatte, als Laura noch ein Kind war. Geduldig wartete sie auf eine Antwort, während sie die Hand auf den Arm ihrer Tochter legte.
„Nein.“ Warum soll ich mich weiter belügen, fragte Laura sich plötzlich. „Ich weiß es nicht, vielleicht.“ Hilflos zuckte sie die Achseln. „Ich vermisse etwas.“ Dann blickte sie auf und sah ihre Mutter mit festem Blick an. „Ich habe alles. Dich, Robbie, einen Job, der mir gefällt, ein Haus.“
Janka nickte, doch sie ließ sich von ihrer Tochter nicht täuschen. „Ja. Und deine Lieblingssendung im Fernsehen einmal in der Woche.“ Ein verschmitztes Lächeln umspielte ihre Mundwinkel.
Laura lachte. Sie hatte ihrer Mutter nie etwas vormachen können, schon als Kind nicht. „Was willst du damit sagen?“
Janka hätte ihre Tochter gern in die Arme genommen, ihr übers Haar gestrichen und ihr versichert, dass alles gut würde. Aber Laura war kein Kind mehr. Es gab Dinge, die sie allein entscheiden musste. Risiken musste sie nun selbst tragen. Niemand konnte ihr dies abnehmen. „Dass du viel redest, um dich selbst über die Wahrheit hinwegzutäuschen, die du sehr wohl kennst.“
Nun warf Laura den Kopf in den Nacken. Die Geste erinnerte Janka an Lauras Vater. Zu viel Stolz ist auch nicht gut, überlegte sie. „Ich brauche keinen Mann, Mutter.“
Hierin stimmte Janka nicht mit ihr überein. Zugegeben, Laura brauchte nicht irgendeinen Mann, aber sie brauchte diesen Mann. Denn er würde sie bis an ihr Lebensende lieben. „Wir alle brauchen jemanden, der uns auf diese besondere Weise liebt.“
„Nun ja“, gab Laura zögernd nach. „Aber ich fürchte mich davor.“
Janka lächelte. „Jeder hat Angst.“ Sie erinnerte sich an ihre eigene Jugend und an die erste Liebe. „Und es muss auch aufregend sein, sonst wäre es nicht so etwas Besonderes, wenn der Richtige kommt. Und Timot’y ist der Richtige.“ Sie drückte Lauras Hand. „Ruf ihn morgen früh an.“
Wie gern wollte sie das tun, sehr gern sogar. Wenn sie nur nicht so ängstlich wäre. „Und was soll ich ihm sagen?“
„‚Frohe Weihnachten‘ wäre ein
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