JULIA FESTIVAL Band 76
grellen Blitze aufgehellt. Der Donner klang jetzt so nah, dass er das ganze Haus zu erschüttern drohte.
Das Plätschern in der Dusche hatte aufgehört. Austin lehnte sich an die Küchentheke und beobachtete die Tür. Er konnte jetzt schon sagen, wie Rebecca aussehen würde, wenn sie herauskam: feuchte Haare und große Augen, blass und fast zerbrechlich wirkend in seinem Bademantel. Sie würde ihn ansehen, erröten und dann den Blick niederschlagen. Rebecca Chambers erinnerte ihn immer an ein Schulmädchen. Natürlich war ihm ihre Backfischschwärmerei für ihn nicht entgangen.
Es dauerte noch zehn Minuten, bis die Badezimmertür endlich vorsichtig aufgemacht wurde. Rebecca sah genauso aus, wie er sie sich vorgestellt hatte. In seinem Bademantel schien sie fast zu verschwinden.
„Wie wäre es mit einer Tasse Kaffee?“
Sie hatte alle Schminke aus dem Gesicht gewaschen und sah aus wie siebzehn. Die lockigen Haare hingen glatt gebürstet auf ihre Schultern. Sie nagte an ihrer Unterlippe.
Ihm wurde warm. Einen Moment lang wünschte er, sie wäre wie Jasmine, die ihn an den Wochenenden besucht hatte: reich, einsam und gelangweilt. Sie hatten miteinander geschlafen, wild und ekstatisch, aber mehr hatte sie nicht verbunden. Ihre Beziehung war völlig unproblematisch gewesen. Vor drei Monaten hatten sie ihre Affäre beendet.
Jasmine fehlte ihm nicht, nur nach ihrem Körper sehnte er sich manchmal. Es wäre ein Fehler, eine ähnliche Beziehung mit Rebecca anzufangen, obwohl ihre schlanke Figur, die so anders war als Jasmines üppige Formen, ihn in Versuchung führte. Im Bett war sie wahrscheinlich eine Wildkatze. Aber ihre unschuldige Ausstrahlung hielt ihn davon ab, es herauszufinden.
„Ja, Kaffee täte jetzt gut“, sagte sie, machte einen Schritt auf ihn zu und blieb dann wieder stehen.
Er schenkte die Tassen voll. „Milch oder Zucker?“
„Nur Milch, bitte.“
Sie kam näher. „Danke. Es tut mir leid, wenn ich Ihnen so viel Arbeit mache. Den ganzen Boden habe ich nass gemacht. Und der Bademantel ist himmlisch. Meine Sachen werden bestimmt bald wieder trocken sein, und dann fahre ich wieder und lasse Sie in Ruhe. Abgesehen von dem Auto natürlich. Aber Sie wollten ja einen Abschleppdienst rufen. Das wird natürlich wahrscheinlich eine Weile dauern bei dem Wetter und so. Ich weiß wirklich zu schätzen …“
„Rebecca?“
Sie schloss den Mund und sah zu ihm auf. Ihre Augen waren groß und dunkel, ihre Wangen hochrot. „Ja?“
„Sie reden Unsinn.“
Die Röte vertiefte sich. „Das sind die Nerven.“
„Zur Nervosität besteht überhaupt kein Grund.“ Er griff an ihr vorbei zum Wandtelefon und wählte eine Nummer. Aber offenbar meldete sich niemand, denn er legte den Hörer wieder auf, ohne etwas zu sagen. Er machte ihr ein Zeichen, ihm zu folgen.
„Was ist?“, fragte sie und tappte auf ihren nackten Füßen gehorsam hinter ihm her.
„Die Leitung ist zusammengebrochen. Das passiert öfter bei schlechtem Wetter.“
„Das heißt, Sie können keinen Abschleppwagen rufen?“
Der panische Unterton in ihrer Stimme hätte ihn fast zum Lächeln gebracht. Fast. Er machte ihr nicht gern Angst, andererseits würde sie ihn dann vielleicht nicht mehr so schmachtend anschauen.
Er setzte sich in einen Sessel und stellte seine Tasse auf der zum Couchtisch umfunktionierten Holzkiste ab. Rebecca versank im Sofa.
„Wenn der Strom nicht ausfällt, müsste die Leitung in ein, zwei Stunden wiederhergestellt sein“, versicherte er und knipste die Stehlampe an.
Rebecca umklammerte ihre Tasse. „Und wenn doch nicht?“
„Dann müssen Sie bis morgen hierbleiben.“
Ihr Mund öffnete sich, aber sie sagte nichts.
„Ich beiße nicht“, beruhigte er sie.
„Ich weiß.“ Sie seufzte, und ihre Enttäuschung war nicht zu überhören.
Ein Blitz tauchte den Raum in sein gleißendes Licht, fast im selben Augenblick krachte es donnernd. Rebecca fuhr zusammen und trank hastig einen Schluck Kaffee. Sie prustete. „Da ist ja Schnaps drin.“
„Ja, und?“
Sie sah ihn an, als hätte er gerade vorgeschlagen, dass sie nackt durchs Dorf spazieren sollte. „Wieso schütten Sie Schnaps in den Kaffee?“
„Ich bitte um Entschuldigung. Aber ich hätte schwören können, dass Sie schon über einundzwanzig sind.“
Sie setzte sich auf und sah ihn durchdringend an. Der Goldton des Sofas bildete einen reizvollen Kontrast zu ihren dunklen Locken. „Ich bin bereits neunundzwanzig, aber das ist nicht der springende
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