JULIA FESTIVAL Band 76
dachte Rebecca bitter. Aber so war Austin nun mal. Er hatte ihr ja auch nie vorgemacht, dass er sie aus Liebe heiratete.
„Ich habe keine besonderen Erwartungen“, behauptete sie, obwohl sie gegen ein bisschen Zärtlichkeit nichts einzuwenden gehabt hätte. Aber das konnte sie ihm nicht sagen. Warum spürte er nicht einfach, was sie brauchte?
„Ich habe in allen größeren Läden ein Kundenkonto für dich eingerichtet“, sagte er jetzt. „Ansonsten haben wir ein gemeinsames Bankkonto. Zum Putzen und Aufräumen hatte ich immer eine Hilfe, und ich denke, das sollten wir beibehalten. In den nächsten Tagen werden wir einen neuen Wagen für dich kaufen. Sag mir, wann du Zeit dafür hast.“
So ging es eine Weile weiter, und Rebecca bekam allmählich das Gefühl, dass er sie mehr als Angestellte und weniger als Ehefrau betrachtete.
Irgendwann hielt sie es nicht mehr aus. „Austin, hör auf damit!“ Endlich sah er sie an. Aber sein Gesichtsausdruck verriet nichts über seine Gefühle. „Das klingt ja, als hättest du dir eine neue Sekretärin zugelegt! Ich weiß ja, dass es nicht besonders glückliche Umstände sind, unter denen wir geheiratet haben. Aber wenn wir es wirklich versuchen, könnte es trotzdem gut gehen. Ich mag dich, und du magst mich auch. Das hast du wenigstens behauptet. Gib mir nicht das Gefühl, dass diese Heirat das Schlimmste ist, was dir bisher im Leben passiert ist!“
Sie konnte es nicht mehr verhindern, dass eine Träne ihr über die Wange rollte. Austin wischte sie ihr mit einem Seufzer weg. „Hör auf zu weinen, Rebecca“, befahl er. „Schließlich bist du es, die jetzt schon alles bereut, nicht ich.“
„Wie kommst du denn darauf?“
„Gib dir keine Mühe. Dir ist diese Hochzeit offenbar unendlich peinlich. Es wundert mich, ehrlich gesagt, dass du überhaupt ja gesagt hast.“
Er drehte sich nach vorne um und wollte den Zündschlüssel umdrehen, aber sie hielt sein Handgelenk fest. „Austin, warte. Wie kommst du darauf, dass mir unsere Hochzeit peinlich ist? Ich gebe ja zu, dass ich Bedenken habe. Aber das hat nur mit mir zu tun. Ich bin nicht so wie die Frauen, mit denen du bisher zusammen warst. Wenn ich nicht schwanger geworden wäre, wärst du nicht einmal auf die Idee gekommen, mit mir auszugehen! Peinlich ist diese Ehe also höchstens für dich.“
Austin lehnte sich zurück. „Und warum durfte dann niemand etwas davon erfahren?“
Auf einmal schämte Rebecca sich. Hatte sie ihn vielleicht völlig falsch beurteilt? Sie hatte ihn verführt, um endlich keine Jungfrau mehr zu sein. Nicht ein einziges Mal hatte sie dabei überlegt, was das für ihn bedeutete. Sie hatte ihn benützt, so wie Männer seit ewigen Zeiten Frauen benutzten.
„Austin, es tut mir so leid“, flüsterte sie und warf sich in seine Arme.
Er hielt sie fest und streichelte sie tröstend. Aber sie wusste, dass er eigentlich derjenige war, der Hilfe brauchte.
„Ich habe mich geschämt“, gestand sie jetzt leise. „Für mich. Ich konnte es nicht ertragen, dass vielleicht alle denken, ich hätte dich in die Falle gelockt. Und dann hatte ich Angst, dass du dich so darüber aufregst, dass du mich gar nicht mehr heiraten willst. Und dass du deshalb nicht in die Kirche kommst.“
Er legte die Hände um ihr Gesicht. „Ist das alles?“, wollte er wissen.
„Das ist schlimm genug.“ Sie schlug die Augen zu ihm auf und sah, dass er lächelte. „Du bist nicht böse?“
„Nein. Aber man darf Angst haben, Rebecca. Ich habe auch Angst.“
„Du?“
„Ich bin auch nur ein Mann.“
Und zwar ein guter Mann. Aber sie hütete sich, das laut zu sagen, sonst zog er sich sofort wieder in sein Schneckenhaus zurück.
„Beim nächsten Mal reden wir gleich darüber, wenn es ein Problem gibt. Versprochen?“, bat sie.
„Versprochen.“
Sie streckte ihm die Hand hin, aber statt einzuschlagen, beugte er sich vor und küsste sie. Es war ein flüchtiger Kuss, und doch kribbelte ihr Bauch dabei.
Er richtete sich wieder auf. „Lass uns nach Hause fahren.“
Nach Hause. Rebecca setzte sich zurück und entspannte sich ein wenig. Alles würde gut werden. Ein Lächeln spielte um ihren Mund, als sie an die vor ihr liegende Nacht dachte. Es war fast vier Wochen her, dass sie sich geliebt hatten, und seitdem war nicht ein Tag vergangen, an dem sie nicht daran gedacht hatte.
Sie musste eingeschlafen sein, denn als sie die Augen öffnete, stand Austin neben ihrer offenen Beifahrertür.
„Wach auf, du
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