JULIA FESTIVAL Band 76
keine Familie. Am liebsten hätte sie sich in einem Mauseloch verkrochen. Aber sie holte nur tief Luft und trat aus der Sakristei in das Kirchenschiff.
Am Altar warteten Travis und Elizabeth, die ihr aufmunternd zulächelten, und der Pfarrer. Und Austin.
Ihr wurde ganz schwach vor Erleichterung. Nichts in Austins Gesicht verriet, was er dachte. Aber das störte sie nicht. Sie war einfach nur froh, dass er da war.
Er trug einen anthrazitfarbenen Anzug. Bisher hatte sie ihn nur in Jeans gesehen, und auf einmal wurde ihr klar, dass es so vieles gab, was sie nicht über ihn wusste. Welche Träume hatte er, welche Wünsche? Würde er je lernen, ihr zu vertrauen, sie zu lieben?
Sie blieb stehen, unfähig, noch einen Schritt zu tun. War sie verrückt geworden? Was tat sie da eigentlich? Aus den Augenwinkeln bekam sie mit, dass Elizabeth sich auf sie zubewegte. Austin verharrte regungslos. Ihre Blicke verfingen sich ineinander.
Dann sagte er ihren Namen und lächelte, und alle ihre Zweifel waren mit einem Mal wie weggeblasen. Austin wandte nicht ein einziges Mal den Blick von ihrem Gesicht. Als sie vor ihm stand, streckte er den Arm aus und nahm ihre Hand.
Der Pfarrer hielt seine kleine Ansprache, aber Rebecca bekam kein Wort davon mit. Sie konnte nur an den Mann denken, der neben ihr stand. Der Pfarrer betrachtete seinen Ohrring mit einem Stirnrunzeln, und sie hätte am liebsten gelacht. Sie mochte den Ohrring, weil er verbotene Gedanken in ihr weckte – und weil er zu ihm gehörte.
„Nimmst du, Austin Lucas, Rebecca Chambers zu deiner Ehefrau?“
„Ja.“
„Und du, Rebecca Chambers …“
Rebecca sah zu Austin auf. „Ja“, sagte sie.
Er lächelte. Dieses Lächeln drang bis in ihr Herz. Er drückte ihre Hand, und jede Angst verließ sie. Sie heirateten, weil sie ein Kind bekamen, so wie unzählige Paare vor ihnen. Kinder bedeuteten Zukunft und Glück. Sie hatten noch so viel voneinander zu erfahren, aber es würde eine wundervolle Entdeckungsreise werden. Das wusste sie.
„Die Ringe, bitte“, sagte der Pfarrer, und Austin griff in seine Westentasche.
Rebeccas Augen weiteten sich. Er hatte ihr einen Ring gekauft, der über und über mit Diamanten besetzt war. Sie hatte ganz vergessen, wie reich er war. Aber das war ihr auch nicht wichtig, solange er wusste, dass sie ihn nicht seines Geldes wegen geheiratet hatte.
„Der Ring ist wunderschön“, sagte sie leise.
„Ich freue mich, dass er dir gefällt.“
Sie bewegte die Hand, so dass die Diamanten funkelten.
„Ich hätte mir nie erträumt, dass ich einmal so etwas Kostbares besitzen würde.“
Stolz blitzte in seinen Augen auf, und sie wusste, dass sie das Richtige gesagt hatte.
„Wo ist der Ring für den Bräutigam?“, fragte der Pfarrer.
„Wir haben keinen“, antwortete Austin.
„Doch, natürlich“, widersprach Rebecca. „Ich habe dir auch einen Ring gekauft. Oder willst du keinen?“ Sie versuchte, ihre Enttäuschung zu verbergen. „Es macht nichts, Austin. Du sollst dich ja wohl fühlen.“
„Ich hatte nicht damit gerechnet, dass du daran denkst“, sagte er jetzt. „Natürlich möchte ich deinen Ring tragen.“
Sie hatte lange nach einem Modell gesucht, das sie sich an seiner Hand vorstellen konnte, und schließlich einen schmalen Goldreif mit eingraviertem Muster gefunden. Zum Glück hatte sie die richtige Größe getroffen.
„Danke“, sagte er.
Seine Augen waren dunkel geworden, und Rebecca deutete den Ausdruck darin als Zuneigung. Sie würden es schaffen. Jetzt wusste sie es endgültig.
Travis schenkte sich ein Glas Champagner ein. „Ihr habt uns ja ganz schön an der Nase herumgeführt“, stellte er fest. „Ich wusste nicht einmal, dass du Rebecca kennst.“
Die beiden Damen waren verschwunden, um sich frisch zu machen, und so waren Travis und Austin allein.
„Rebecca wollte nicht, dass jemand etwas erfährt.“
„Hast du nicht immer gesagt, dass du nicht heiraten willst?“ Travis lehnte sich zurück. „Versteh mich nicht falsch. Ich freue mich sehr für euch. Eine bessere Frau als Rebecca hättest du gar nicht finden können. Aber warum musste es so überstürzt sein?“
Austin lächelte ein wenig. „Denk doch mal nach. Warum heiraten Leute so schnell?“
Sein Freund runzelte die Stirn und setzte sich dann mit einem Ruck auf. „Rebecca ist schwanger?“ Austin nickte, und Travis schlug ihm auf die Schulter. „Gratuliere! Das ist ja phantastisch.“ Er lachte breit. „Wahrscheinlich ist dir ganz schön
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