JULIA FESTIVAL Band 76
ihr Zimmer gehen zu lassen, und je mehr verletzte er sie. Außerdem hasste er Jahrmärkte.
Sie bewegte sich die Stufen hinunter.
„Rebecca“, rief er, bevor er sich daran hindern konnte.
Sie blieb stehen und hielt ihm die Hand hin. Sie sagte nichts, und sie musste auch nichts sagen. Er ging auf sie zu.
Nur heute, dachte er. Ausnahmsweise. Schließlich bin ich mit ihr verheiratet. Da ist es meine Pflicht, an ihrer Seite zu sein.
Rebecca wartete, während Austin den Wagen auslud. Er ließ sie nicht einmal die Tüten mit den Servietten tragen.
„Ich bin schwanger und nicht invalide“, protestierte sie vergebens.
„Widerspruch zwecklos“, beschied er sie sanft. „Je weniger du mich störst, desto schneller bin ich fertig.“
Endlich kam er zu ihr. „Womit wollen wir anfangen?“
Sie wies auf den bunten Stand neben der großen Achterbahn. „Mit Zuckerwatte.“
„Bist du sicher, dass dir dieses klebrige Zeug auch bekommt?“, fragte er besorgt, als er seine Geldbörse zückte.
„Ja, natürlich“, erwiderte sie. „Bis jetzt habe ich von Übelkeit noch nichts gemerkt. Es geht mir wunderbar.“ Sie riss ein Stück von der süßen Watte ab, um es sich in den Mund zu stecken. „Hm.“
Dann wickelte sie eine Zuckersträhne um ihren Zeigefinger und bot ihn ihm, ohne nachzudenken, an. Ihre Blicke trafen sich. In seinen Augen stand ein Ausdruck, den sie nicht entziffern konnte.
Er neigte sich vor und hielt ihr Handgelenk fest. Dann nahm er ihren Finger in den Mund und lutschte daran. Eine Gänsehaut breitete sich auf ihrem Körper aus. Langsam, wie um sie nicht zu erschrecken, hob er die Hand an ihr Gesicht und strich ihr sanft die Haare aus dem Gesicht. Ihr Blick fiel auf seinen Mund. Sie wünschte sich sehnsüchtig, er würde sie küssen.
Unendlich langsam bewegten sie sich aufeinander zu. Nie gekannte Zärtlichkeit erfasste Rebecca. Sie wollte Austin in den Armen halten und von ihm gehalten werden, wollte ihn beschützen und von ihm beschützt werden, wollte ihm Sicherheit geben und selbst Halt finden. Sie wünschte sich, sie könnte ihn lieben.
„Austin, ich …“, begann sie aus einem Impuls heraus.
„Sieh einer an“, sagte da eine Stimme. „Ich hatte zwar Gerüchte gehört, aber ich konnte es einfach nicht glauben.“
Austin ließ den Arm fallen, als hätte ihn ein Schlag getroffen. Er drehte sich um, und Rebecca folgte seinem Blick. Die rothaarige Frau, die Austin Monate lang besucht hatte, stand hinter ihm.
„Jasmine“, sagte er. „Was tust du denn hier?“
Die Frau hatte ebenmäßige, klassisch schöne Züge. Nicht ein Fältchen störte das perfekte Bild. Das enge Strickkleid ließ ihre fantastische Figur mehr als nur ahnen. Rebeccas Selbstvertrauen brach wie ein Kartenhaus zusammen.
Austins frühere Freundin richtete ihre Aufmerksamkeit nun auf Rebecca. „Das muss deine reizende Frau sein. Ich freue mich so, Sie kennenzulernen.“
„Gleichfalls“, behauptete Rebecca.
Jasmines Blick fiel auf ihren Diamantring. „Darf ich einmal sehen?“ Rebecca hob die Hand. „Wirklich sehr schön. Austin, du hast immer schon einen erlesenen Geschmack gehabt. Ich wünsche dir und deiner Frau viel Glück.“
„Danke“, gab Austin zurück und sah Rebecca an. „Wollen wir gehen?“
Immerhin schien er nicht darauf aus zu sein, die Begegnung mit seiner ehemaligen Geliebten unnötig auszudehnen. Aber vielleicht will er auch nur der übermächtigen Versuchung entgehen, dachte Rebecca düster.
Sie verabschiedeten sich und nahmen ihren Rundgang wieder auf.
„Es ist längst vorbei zwischen uns“, sagte Austin.
„Ich weiß.“ Rebecca schob die Hand unter seinen Arm.
Es war heiß geworden. Ein kleiner Junge stieß mit Schwung an Austins Beine, und Austin hielt ihn an der Schulter fest. „Hoppla, junger Mann. Nicht ganz so schnell.“ Der Junge sah ihn groß an und rannte davon. Austin schüttelte den Kopf. „Kinder.“
„Du warst in dem Alter wahrscheinlich auch nicht besser“, meinte Rebecca.
„Wahrscheinlich nicht. Aber ich war nie auf einem Jahrmarkt.“
„Hat deine Mutter dich denn nie mitgenommen?“
Er schüttelte den Kopf und setzte sich abrupt in Bewegung. Rebecca fasste nach seiner Hand. „Nicht, Austin. Wir können auch über etwas anderes reden, wenn du willst. Bitte.“
Er nahm ihre Hand und drückte sie leicht. „Meine Mutter hat mich nie irgendwohin mitgenommen, höchstens, um mich dort loszuwerden.“ Er mied ihren Blick. „Es macht mir nichts aus, darüber zu
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