JULIA FESTIVAL Band 76
einer Gruppe unter. Es dauerte lange, aber die Wunde verheilte.“
„Ich hätte zu dir gehalten.“
„Das kannst du nicht wissen.“
Er stellte seine Flasche ab, beugte sich vor und griff nach ihrer Hand. „Doch, das kann ich. Verdammt, Jenny, du hast mir alles bedeutet. Ich hätte dich nie im Stich gelassen.“
„Wir waren so jung. Wir hatten Pläne. Diese Nacht veränderte alles.“ Sie sah ihn an. „Du wolltest schon immer aus Harrisville weg.“
„Mit dir.“
„Es war ein wunderschöner Traum, Chase, aber er war nicht zu verwirklichen.“
„Warum nicht?“
„Wir waren Kinder. Mit kindischen Träumen und Hoffnungen.“ Sie blickte an sich hinab. „Sieh mich an. Ich stamme aus einer Arbeiterfamilie. Und du …“
„Ich bin Bauarbeiter.“
„Nein. Du bist immer noch der Sohn des Stahlwerksbesitzers. Es war schön, Aschenputtel zu sein. Du hast meine Zeit auf der High School verzaubert. Der Sohn des reichsten Mannes der Stadt verliebt sich in die Tochter des Gewerkschaftspräsidenten. In Romanen oder im Fernsehen kommt das großartig an, aber nicht im wahren Leben. Ich wurde erwachsen.“
„Du gabst auf“, sagte er. „Du hattest die Chance, aber du hast sie nicht genutzt. Du hättest fortgehen können, aber du hattest Angst.“
„Ja, zu Anfang blieb ich, weil ich nicht wusste, wohin ich sollte. Aber irgendwann blieb ich, weil ich es wollte.“
„Und jetzt?“
„Ich gehöre hierher.“
„Ich nicht. Ich habe nie hierher gehört. Sobald ich kann, verlasse ich Harrisville wieder.“
Chase hatte seinen Traum verwirklicht, und sie gönnte es ihm. Aber warum schmerzte es sie so? Warum konnte sie ihn nicht vergessen?
Alec hatte es ihr bewiesen. Vielleicht liebte sie Chase nicht mehr. Aber sie würde nie wieder einen anderen lieben. Ihr Leben war Harrisville. Und Chase zählte die Stunden bis zu seiner Abreise.
Es ist zu spät, dachte sie. Es war, als wollte sie einen Zug in voller Fahrt aufhalten. Chase würde ihr das Herz brechen, und sie konnte nichts dagegen tun.
6. KAPITEL
Das Läuten des Telefons zerriss die Nacht. Jenny sprang auf und eilte an den Apparat.
„Hallo?“
Sie lauschte und legte die Hand über den Hörer. „Es ist Terry. Aus dem Krankenhaus. Dein Vater scheint das Bewusstsein wiederzuerlangen.“
Chase stand auf. „Sag ihr, dass ich komme.“
Jenny teilte es der Krankenschwester mit und legte auf. „Er ist noch nicht wieder bei klarem Verstand, aber vielleicht kannst du mit ihm sprechen.“
Er blieb an der Haustür stehen. „Wir beide sind noch nicht fertig.“
„Ich weiß. Aber du gehörst jetzt ins Krankenhaus.“
„Ich rufe dich an.“
„Nein.“
„Warum nicht?“, fragte er überrascht. „Willst du denn nicht …“
„Komm her, wenn du in der Klinik fertig bist.“
„Hierher? Es kann spät werden.“
Er bot ihr eine Ausrede. Sie wollte sie nicht. „Das Gästezimmer und ich werden auf dich warten.“
„Und die Nachbarn?“
„Lass sie reden.“ Sie lächelte. „Ich bin ein großes Mädchen. Ich habe alle deine Fragen beantwortet. Sei ehrlich zu mir. Möchtest du nicht zurückkommen?“
„Ich bin vor Mitternacht zurück“, versprach er. „Falls es später wird, rufe ich an.“ Er öffnete die Tür und drehte sich noch einmal um. „Danke.“
„Es ist mir ein Vergnügen.“ Sie ging zu ihm und küsste ihn auf die Wange. Sie fühlte die Bartstoppeln an den Lippen. Sein Duft weckte den Wunsch, von ihm umarmt zu werden.
Sie sagte nichts mehr. Wenn er zurückkam, würden sie dort weitermachen, wo sie aufgehört hatten.
Als Chase die Herzstation betrat, kam ihm Terry entgegen. „ich bin froh, dass du hier bist“, sagte sie lächelnd. „Dein Vater spricht schon. Die Medikamente werden in etwa fünfzehn Minuten wirken. Wenn alles gutgeht, müsste er morgen früh hellwach sein. Hast du etwas gegessen?“
„Heute Mittag.“
„Es ist halb acht abends. Dein Blutzucker hängt dir bestimmt in den Knien. Weiß du nicht, wie wichtig eine vernünftige Ernährung ist?“
Chase tippte gegen ihre Nase. „Du bist bestimmt eine großartige Mutter.“
„Spar dir die Schmeichelei für die Tagschicht.“
Sie führte ihn zu seinem Vater und beugte sich über das Bett. „Mr. Jackson, Ihr Sohn ist hier. Können Sie mich hören?“
„Denise“, flüsterte der alte Mann. „Ich kann dich nicht sehen. Wo bist du?“
„Hier.“ Terry strich ihm über das schüttere weiße Haar. „Deine Mutter hieß Denise, nicht wahr?“
„Ja.“
„Er redet
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