JULIA FESTIVAL Band 76
zerzaustes Haar war zu sehen.
„Ich verspreche, ich werde alles wiedergutmachen“, flüsterte er. „Ich schwöre es.“
An der Haustür zog er die Stiefel an und ging zum Wagen. Er frühstückte in einem Schnellrestaurant und fuhr zum Werk. Die erste Schicht begann eineinhalb Stunden, bevor das Verwaltungspersonal kam. Er parkte den Bronco in einer abgelegenen Ecke und zählte die ankommenden Wagen.
Er hatte keine Ahnung, wie es um das Unternehmen bestellt war. Die Maschinen waren seit Jahren nicht erneuert worden, das hatte er gesehen. Die Konkurrenz war mörderisch. Wahrscheinlich warf Jackson Steel schon lange keinen Profit mehr ab. Als die Sirene den Beginn der Frühschicht verkündete, hatte er die Antwort, nach der er suchte. Die Produktion war gedrosselt. Auf dem Parkplatz standen nur halb so viel Autos wie vor elf Jahren.
Sein Vater würde sterben. Jackson Steel würde an den ältesten Sohn übergehen. An den einzigen Sohn.
„Ich will es nicht“, sagte er laut.
Mit gerunzelter Stirn starrte er auf das Werk. Eine dünne Schicht Asche hatte sich auf die Frontscheibe gelegt. Die meisten Wagen wiesen Roststellen auf.
Ein Mann kam auf ihn zu. Frank Davidson. Er hielt einen Becher Kaffee in der Hand und nippte daran, als Chase ausstieg.
„Ich wollte sehen, wie es dem Werk geht“, sagte Chase.
„Es sind schwere Zeiten. Die Leute haben Angst vor Entlassung. Sie müssen ihre Familien ernähren.“
„Diese Firma ist ein Dinosaurier. Sie hätte längst tot sein müssen.“
„Mit Stahl lässt sich auch heute noch Gewinn machen. Mit dem richtigen Mann an der Spitze“, erwiderte Jennys Vater.
Chase lehnte sich gegen die Motorhaube. „Sehen Sie mich nicht so an. Ich bin nur der verwöhnte Sohn eines reichen Mannes.“
„Das waren Sie mal. Meine Tochter hat mir erzählt, dass Sie sich verändert und etwas aus sich gemacht haben. Vielleicht habe ich Sie gestern zu schnell verurteilt. Aber das entschuldigt nicht, dass Sie bei ihr übernachtet haben. Wieder.“ Davidson leerte den Becher und warf ihn in den Abfallkorb.
Chase musste lächeln. „Gibt es etwas, das Sie nicht wissen?“
„Ja. Ich weiß nicht, was aus meinen Leuten wird, wenn Ihr Vater stirbt. Ihr Urgroßvater hat dieses Werk gegründet. Mein Großvater hat für ihn gearbeitet. Das bedeutete einmal etwas. Jetzt ist alles anders. William Jackson interessiert sich nicht für seine Belegschaft. Er hört uns nicht zu. Ich will nichts Schlechtes über ihn sagen, aber …“
„Noch lebt er.“
„Tut mir leid“, sagte Davidson verlegen. „Sie haben recht. Trotzdem müssen wir uns bald über die Zukunft von Jackson Steel unterhalten.“
Chase öffnete die Wagentür. „Das Werk hat keine Zukunft.“
„Es gibt Entscheidungen, die getroffen werden müssen.“
„Vergessen Sie es. Ich werde das Werk nicht übernehmen.“
„Hier arbeiten noch immer tausend Menschen. Wollen Sie die auch vergessen?“
„Ich muss ins Krankenhaus“, erwiderte Chase.
Davidson beugte sich vor und starrte auf sein Gesicht. „Ich habe Ihnen die Nase gebrochen, nicht?“
Chase rieb sich den Nasenrücken. „Wenn Jenny meine Tochter gewesen wäre, hätte ich dasselbe getan.“
Ihr Vater zog eine Augenbraue hoch. „Sagen Sie bloß, es gibt etwas, worin wir uns einig sind?“
„Sie haben recht. Ich war verantwortlich für das, was ihr in jenem Sommer passiert ist. Es ist nicht leicht, mit der Schuld zu leben. Aber Sie sollen wissen, dass ich vorhabe, es wiedergutzumachen.“
„Dafür scheint es mir ein wenig zu spät zu sein, aber das müssen Sie und Jenny selbst entscheiden. Wenn Sie ihr noch einmal wehtun, breche ich Ihnen mehr als nur die Nase.“ Davidson streckte die Hand aus.
Chase zögerte, bevor er sie ergriff.
Davidson drehte sich um und sah zu den Werkshallen hinüber. „Hier wird sich bald eine Menge verändern. Vielleicht glauben Sie, dass Sie nichts damit zu tun haben werden, aber die Verantwortung verändert einen Menschen.“
„Mich nicht.“
„Wenn Sie es sich lange genug einreden.“
7. KAPITEL
Langsam öffnete Chase die Tür zur Herzstation. Es war sieben Uhr morgens. Terry war schon fort. Eine jüngere Krankenschwester begrüßte ihn. Sie war schwanger.
„Wann kommt das Baby?“, fragte er.
„In vier Monaten.“ Sie lächelte. „Ihr Vater ist wach. Wir haben ihm Frühstück gebracht, aber er wird wohl kaum etwas essen. Sie können mit ihm sprechen.“
„Gut.“
Chase nahm seinen Mut zusammen. Er war ein Jackson und
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