JULIA FESTIVAL Band 78
etwas zu überstürzen. Alles aufzugeben, ohne zu wissen, was sie erwartete. Immerhin hatte sie es hier bisher auch irgendwie ausgehalten. Nein. Sie würde sich in aller Ruhe nach anderen Berufs- und Weiterbildungsmöglichkeiten erkundigen und sich auf dem Wohnungsmarkt umschauen. Dabei alles genau planen und vorbereiten. Auf diese Weise bestanden gute Chancen, dass es wirklich der Start in ein neues Leben sein würde. Kein Fehlstart.
5. KAPITEL
Carolyn traute ihren Ohren nicht. Völlig benommen starrte sie Cliff an. Zwar hatte sie damit gerechnet, dass er sie weiterhin mit seinen Verführungskünsten belästigen könnte. Aber an die Möglichkeit, dass er mit ihr zusammenleben wollte, hätte sie noch nicht einmal im Traum gedacht.
„Ich werde dich nicht belügen“, fuhr er ruhig fort. „Und dir auch keine falschen Hoffnungen machen. Ich denke nicht an Heirat. Aber solange du mit mir lebst, bist du wirtschaftlich unabhängig und kannst dir einige deiner Träume erfüllen.“
Das brachte Carolyn augenblicklich in die Realität zurück. „Du glaubst, dass du mich kaufen kannst?“, fragte sie voller Verachtung.
„Nein. Ich möchte mit dir teilen“, erwiderte er so, als wäre es die normalste Sache der Welt. „Wie du es in deinem ersten Wunsch geäußert hast. Und deinen zweiten Wunsch schließt das mit ein. Nur beim dritten muss ich passen. Denn Gesundheit kann niemand garantieren. Doch bisher war ich nie ernstlich krank. Also bin ich auch darin kein allzu großes Risiko, meinst du nicht auch?“
Carolyn schluckte. Sie forschte in seinen Augen, konnte aber kein Anzeichen der Geringschätzung darin finden. Nur eine große Sehnsucht. Er schien es wirklich ernst zu meinen.
„Ich will dich in meinem Leben, Carolyn“, drängte er noch einmal.
„Warum?“, fragte sie schließlich zögernd. Sie hätte den Wunsch verstanden, noch einmal mit ihr zu schlafen. Aber sein Leben zu teilen, Seite an Seite …
„Das habe ich mich auch immer wieder gefragt“, antwortete er mit leichter Selbstironie. „Ich sah dich. Beobachtete deine Bewegungen. Ich hörte dich reden. Und wusste, dass du die Frau bist, mit der ich leben möchte.“
Carolyn schüttelte ungläubig den Kopf. „So einfach?“ Sie war unfähig, diese Erklärung bewusst zu verstehen. Konnte es sein, dass Cliff sich in sie verliebt hatte? Nein. Das mochte sie nicht glauben. „Und wenn ich nicht interessiert bin?“, fragte sie deshalb nüchtern. Wahrscheinlich sammelte er Frauen, die ihm gefielen. Und lebte so lange oder so kurz mit ihnen, bis er ihrer überdrüssig war.
„Ich nehme an, ich müsste mich irgendwie damit abfinden. Wenn du mir keine andere Wahl ließest.“
Carolyn senkte verwirrt den Blick. Sie war verrückt, dass sie sich überhaupt mit diesem zweifelhaften Angebot auseinandersetzte. Trotzdem fühlte sie sich geschmeichelt. Cliff hatte ihr damit auf seine Art das größte Kompliment gemacht. Aber es blieb trotzdem eine Beziehung ohne Zukunft.
Andererseits war es sehr verlockend. Denn wenn sie mit ihm zusammenlebte, würde sie nicht mehr einsam sein. Und sie mochte ihn. Sogar sehr. Sie mochte sein freundschaftliches Verständnis. Er brachte sie zum Lachen. Sie fühlte sich geborgen, wenn er da war. Und auch die Tatsache, wie sehr er sie körperlich anzog, konnte nicht einfach ignoriert werden. An seiner Seite würde sie neue Horizonte erobern. Wenn sie mit ihm zusammenlebte, würde sie schließlich sehr viel mehr mit ihm teilen als nur das Bett. Oder?
„Wir haben überhaupt nichts gemeinsam“, sagte sie schließlich zögernd.
„Doch. Wir werden ganz sicher sehr viele Gemeinsamkeiten entdecken“, meinte er so zuversichtlich, dass es keinen Widerspruch duldete, und schaute sie drängend an. „Nun, was sagst du?“
Carolyn lachte. Mit dieser optimistischen Sicherheit würde Cliff jede Hürde im Leben nehmen. Wahrscheinlich glaubte er, selbst Berge versetzen zu können. Doch dann wurde sie wieder ernst. Wie lange würde es dauern, bis er herausfände, dass sie doch nicht in sein Leben passte? Und sie genauso einfach aus ihm strich, wie er sie dazu eingeladen hatte? Nein. Dieses Schicksal würde sie nicht ertragen. „Danke für dein Angebot, Cliff, aber …“
„Die Antwort ist nein“, vollendete er ihren Satz gefasst. „Und es gibt nichts, was deine Meinung ändern könnte?“
„Ich fürchte, nein.“ Sie lächelte ironisch. „Ich bin recht altmodisch, Cliff. Und die Rolle der Mätresse ist ganz eindeutig nichts für
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