JULIA FESTIVAL Band 78
zu Cliff legal wäre. Doch es nützte nichts, sich über Unmögliches den Kopf zu zerbrechen. Marlee würde sich mit ihrem Verhältnis abfinden müssen, genauso wie sie selbst.
Cliff hatte wie immer einen siebten Sinn, was Carolyn betraf. Als er aus dem Bad kam, genügte ein Blick, um zu fragen: „Was ist passiert?“
Sie erzählte von Marlees Anruf und der Secondhand-Einladung zum Dinner bei seiner Schwester.
„Ich erledige das“, sagte er knapp. Ein kurzes Telefonat war alles, was er dazu brauchte. „Wir sind herzlich willkommen“, informierte er sie zufrieden, als er zurückkam.
Carolyn schaute ihn fragend an. „Marlee hat erzählt, dass du am Morgen nach der Hochzeit eine Auseinandersetzung mit Pam hattest.“
Er zuckte gleichgültig die Achseln. „Ich hab nur ein paar Dinge richtiggestellt.“
„Ging es um mich?“
„Um dich, um mich und um Lebensauffassungen im Allgemeinen.“ Er lächelte. „Du brauchst dir wirklich keine Gedanken zu machen.“
Nicht, solange er an ihrer Seite war. Trotzdem fragte sie sich, wie er Marlee diese etwas prekäre Situation erklären wollte.
Wahrscheinlich gar nicht. Er hatte erreicht, was er wollte, und brauchte keine Rechtfertigung, weder für sich selbst noch für andere. Cliff Selby würde sich niemandem erklären.
Doch wie der nächste Tag zeigte, war das wirkliche Leben nicht ganz so einfach. Zwar war das Essen bei den Harcourts sehr erfreulich verlaufen, denn Carolyn war von der ganzen Familie akzeptiert worden. Und die unerfreuliche Aussprache mit Marlee war auch überstanden. Aber Cliff war auf der Rückfahrt ungewöhnlich schweigsam. Carolyn merkte, dass er über irgendetwas nachgrübelte. Sie versuchte, ihn mit Bemerkungen über die Hochzeitsfotos abzulenken, aber seine eintönigen Antworten ließen deutlich erkennen, dass er an keinem Gespräch interessiert war. Immer mehr verstärkte sich das unangenehme Gefühl, dass sie irgendetwas falsch gemacht hatte.
Bei ihrer Rückkehr bot sie ihm gleich an, einen Kaffee zu machen. Vielleicht würde ihn das etwas aufmuntern. Er folgte ihr in die Küche, lehnte sich lässig an eine der Bänke und schaute zu, wie Carolyn die Kaffeemaschine in Gang setzte. Die ganze Zeit über war sie sich seiner forschenden Blicke bewusst. Schließlich konnte sie es nicht mehr ertragen. Sie schwang herum und schaute ihn auffordernd an. „Was ist los, Cliff?“, konfrontierte sie ihn.
„Ray hat mich heute Mittag zu einem Gespräch von ‚Mann zu Mann‘ beiseite genommen“, antwortete er ehrlich.
„Und?“
„Was und?“, konterte er noch immer verschlossen.
Carolyn seufzte. „Alles klar. Dann hat Marlee ihn wahrscheinlich darum gebeten. Sie ist sehr fürsorglich. Und sie fürchtet, dass du nicht der Richtige für mich bist. Ich habe versucht, ihr die Situation zu erklären.“
„Ich denke, mir solltest du auch einiges erklären, Carolyn“, sagte er ruhig. Aber seine ganze Haltung strahlte eine so starke Anspannung aus, dass Carolyns Nerven vibrierten.
„Was zum Beispiel?“, fragte sie verwirrt.
„Als ich dich auf Marlees Hochzeit fragte, wie ernst deine Beziehung zu Jeff ist, sagtest du, nicht sehr.“
Carolyn runzelte die Stirn. In seiner Stimme klang unterschwellig verletzter Stolz mit. Worauf wollte er hinaus? „Wie kann ich auch ein ernstes Verhältnis zu einem Mann haben, der mich nicht mehr will? Ich hab dir doch erzählt, dass Jeff sich von mir getrennt hat. Was willst du noch hören?“
„Du hast mir nicht gesagt, dass ihr kurz vor der Hochzeit standet“, erklärte er ruhig. „Und auch nicht, wie sehr du ihn geliebt hast. Und noch viel weniger, dass es genau Marlees Hochzeitstag war, an dem er sich von dir getrennt hatte. Per Telefon.“
Carolyn errötete. Inzwischen wusste sie, dass sie sich damals bei ihren Gefühlen für Jeff etwas vorgemacht hatte. Wahrscheinlich war sie mehr in den Gedanken an Liebesglück und Heirat verliebt gewesen, als in Jeff selbst.
„Ich glaubte damals, dass du eine Affäre hattest, die zu Ende ging, bevor sie ernst wurde“, sagte er erregt. „Aber das war nicht so, oder?“
„Als Jeff mich an jenem Morgen anrief, glaubte ich, es sei das Ende der Welt. Aber das Leben geht weiter, Cliff. Und ich habe erfahren, dass es ganz sicher nicht das Ende der Welt war.“
Die Wahrheit schien ihn nicht zu besänftigen. „Ray deutete an, dass dein Entschluss, mit mir zu leben, eine Affekthandlung war. Und es sei völlig untypisch für mich, den Vorteil eines tiefen seelischen
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