JULIA FESTIVAL Band 84
bewirkt. Sie konnte es ihm kaum verübeln, dass er ein neues Leben ohne sie begonnen hatte.
Er gehörte ihr nicht. Er würde ihr nie wieder gehören.
„Meine Frau ist vor zwei Jahren gestorben.“
Katie brauchte einen Moment, um Carvers schlichte Feststellung wirklich zu begreifen. Dann stürmten eine Masse unterschiedlicher Emotionen auf sie ein, wobei das Gefühl von Vergeudung vielleicht das beherrschendste war.
Sie registrierte nicht, dass der Aufzug angehalten hatte und die Türen aufglitten. Erst Carvers Stimme riss sie aus ihrer Erstarrung.
„Wir sind im achtzehnten Stock angekommen.“
„Oh! Tut mir leid!“ Sie verließ den Aufzug so überstürzt, dass sie nicht einmal daran dachte, sich von Carver zu verabschieden.
Am Ende des leeren Flurs, den sie betrat, sah sie eine große, doppelflügelige Glastür und wandte sich automatisch in diese Richtung. Erst als Carver neben ihr auftauchte, wurde ihr klar, dass er ihr aus dem Aufzug gefolgt sein musste. Sie blieb stehen und blickte ihn fragend an.
„Ich muss auch in diesen Stock“, erklärte er ihr spöttisch. „Hast du hier einen Termin?“
„Ja, mit Robert Freeman“, antwortete sie unwillkürlich. „Und du?“
Er hielt ihr eine der Glastüren auf und bedeutete ihr, in den Empfangsbereich der dahinter liegenden Büros einzutreten. „Ich arbeite hier, Katie“, sagte er dabei gelassen.
Sie blieb wie angewurzelt auf der Türschwelle stehen. Wie kam ein Arzt dazu, bei einer Investmentgesellschaft zu arbeiten? „Du arbeitest hier …?“
Er beugte sich vor und flüsterte ihr ins Ohr: „Ich bin einer der Partner der Firma … Andrews, Dane und Freeman.“
Verschlug ihr diese Information schon die Sprache, so raubte ihr der unverkennbare Duft seines Aftershaves den letzten Atem. Katie durchzuckte es heiß. Kein Zweifel, wo sie diesen Duft zuletzt gerochen hatte. Erst wenige Abende zuvor … Erschrocken wich sie zurück und betrat den Empfangsbereich.
„Wie … wie schön für dich“, erwiderte sie heiser, schaffte es jedoch nicht, ihn anzusehen. Er kann unmöglich der Pirat gewesen sein, überlegte sie verzweifelt. Doch ihr Herz pochte wie wild angesichts der Möglichkeit, dass Traum und Wirklichkeit miteinander verschmolzen waren.
Die äußerlichen Ähnlichkeiten … und ihre erregende Reaktion darauf … hatten sie auf dem Maskenball schwach werden lassen. Aber das ließ noch längst keinen eindeutigen Rückschluss auf seine Identität zu. Genauso wenig wie das Aftershave, das er benutzte. Vermutlich war es eine beliebte Marke, die viele Männer dieser Tage bevorzugten. Es war dumm, sich von derartigen Zufällen so aus der Fassung bringen zu lassen.
„Das Leben geht weiter“, lautete Carvers lakonische Antwort auf ihre wenig enthusiastische Reaktion.
„Ja“, antwortete sie lahm und ärgerte sich über ihre Unbeholfenheit.
Carver war also kein Arzt geworden, wie seine Mutter es sich von ihm erhofft hatte, aber trotzdem musste er weit vorangekommen sein, wenn sein Büro sich in diesem eindrucksvollen Gebäude befand. Ein solcher beruflicher Erfolg musste Balsam für seinen gekränkten Stolz gewesen sein. Was dagegen ihren Stolz betraf … Vorausgesetzt, die Chance würde sich ergeben, würde sie Carver zurückhaben wollen, nachdem er jetzt offenbar wieder frei war? War es möglich, noch einmal von vorn anzufangen?
Er machte die Glastür hinter ihr zu. Katie nahm all ihren Mut zusammen und sah ihn an, um festzustellen, ob es noch eine zweite Chance für sie beide geben könnte. Vergeblich. Seine Miene gab nichts preis.
„Laura wird sich um dich kümmern“, sagte er kühl und deutete zum Empfangstisch.
Nachdem er sie so in andere Hände abgeschoben hatte, wandte er sich ab und ging über einen Flur davon, als könnte er nicht schnell genug von ihr fortkommen … genau wie der Piratenkönig auf dem Maskenball, nachdem er ihr erklärt hatte, der Tanz sei vorbei. Katie blickte ihm nach, wie gelähmt von diesem Vergleich, der sich ihr unwillkürlich aufdrängte.
War es doch Carver gewesen in dem Piratenkostüm? Ein Witwer, allein, der die gleiche magnetische Anziehung empfunden hatte wie sie, weil die Chemie zwischen ihnen immer noch stimmte. Immer stimmen würde?
Katie erschauerte. Selbst wenn es Carver gewesen war, so hatte er sehr deutlich gemacht, dass er nichts mehr mit ihr zu tun haben wollte, jedenfalls nicht mit der Carmen, deren Rolle sie gespielt hatte. Und er konnte unmöglich gewusst haben, wer sie wirklich war.
Der
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