JULIA FESTIVAL Band 95
pressten. Energisch rief er sich ins Gedächtnis, dass Kayla nur eine gute Freundin war. Doch das änderte nichts an seiner plötzlichen Erregung. Er hatte so etwas schon früher erlebt. Aber Kayla sollte die gute Freundin in seinem Leben bleiben. Auf diese Weise würde es keine hässlichen Szenen geben, keine falschen Erwartungen, und es bestand keine Gefahr, dass sie sich wieder trennten.
Er ließ Kayla nur höchst ungern ziehen. Aber sie plante diese Reise seit Jahren. Sie wollte die Welt sehen, während er beim Militär genügend herumgekommen war. Der uralte Gegensatz: Sie wollte Flügel, er sehnte sich nach Wurzeln.
Vielleicht sollte er ihrem Rat folgen und wirklich mehr ausgehen. Es würde ihn von der Leere ablenken, die ihre Abwesenheit in seinem Leben hinterließ. Entschlossen stand er auf. „Du versuchst nur, vom Abwasch abzulenken. Glaub ja nicht, dass ich dich davonkommen lasse.“
Stöhnend reichte sie ihm die Hand, und er zog sie auf die Füße. „Okay, Boss. Ich gehorche. Du weißt, wie sehr ich den Abwasch hasse.“
Zehn Minuten später hatte Patrick die Arme bis zu den Ellbogen in das Seifenwasser getaucht.
Kayla saß neben ihm auf der Anrichte, hielt ein Geschirrtuch in der Hand und wartete auf das nächste Glas.
„Tut mir leid, dass ich vorhin so merkwürdig reagiert habe, als du mir von deinem Date erzählt hast“, sagte sie. „Ich war total überrascht. Wahrscheinlich möchte ich jede freie Minute mit dir verbringen, nachdem ich nicht mehr lange bleibe.“
Er lächelte und dachte an ihr mürrisches Gesicht. „Kein Problem.“
Sie nahm das Glas, das er ihr reichte, und begann es abzutrocknen. Ihr Haar glänzte im Licht. Sie trug ein schlichtes weißes T-Shirt und Jeans. Ihre Füße waren nackt. Sie streifte immer sofort die Schuhe ab, wenn sie das Haus betrat. „Hast du jemals daran gedacht, zu heiraten?“
Patrick spülte einen Teller ab und reichte ihn ihr. „Hin und wieder. Aber ich fühle mich noch zu jung.“
„Du bist einunddreißig!“
„Daran hast du mich schon früher erinnert.“
„Und? Was hält dich von einer Heirat ab?“
Er zuckte mit den Schultern. „Ich habe noch keine passende Frau gefunden“, gab er zu.
Kayla beugte sich vor und berührte seine Schulter. „Es liegt an deinem Vater, oder?“
„Ja, wahrscheinlich. Meine Eltern müssen sich sehr geliebt haben. Ich erinnere mich nicht daran. Als meine Mutter starb, war ich erst zwei. Woran ich mich erinnere, ist die tiefe Trauer meines Vaters. Er lebte noch zwanzig Jahre, und es verging kein Tag, an dem er sich nicht nach ihr sehnte.“
Eines Tages, er musste neun oder zehn Jahre alt gewesen sein, war Patrick früher als sonst nach Hause gekommen und hatte seinen Vater im Wohnzimmer entdeckt. Der ältere Mann hatte am Tisch gesessen und das Hochzeitsalbum vor sich aufgeschlagen. Tränen waren über sein Gesicht gelaufen.
Die Erinnerung daran war so deutlich, als wäre es gestern gewesen. Die tiefe Trauer hatte den Jungen furchtbar erschreckt, und er hatte sich lautlos in sein Zimmer zurückgezogen.
„Ich möchte niemals so sehr lieben wie er“, sagte Patrick leise, nahm einen Topf und scheuerte ihn. „Es war eine furchtbare Tragödie.“
„Die große Liebe muss wundervoll und sehr romantisch sein. Genau das wünsche ich mir“, erklärte Kayla überzeugt.
Patrick schüttelte den Kopf. „Zu viel Schmerz. Ich achtete und bewunderte meinen Vater. Aber ich glaube, er war zu schwach. Er wollte sich gar nicht erholen. Ich möchte nicht, dass mir so etwas widerfährt.“
Kayla sah ihn aufmerksam an. „Es könnte sein, dass du irgendwann keine Wahl hast.“
„Man hat immer die Wahl.“
„Du brauchst eine Frau, die dich aus diesem Tief reißt.“
„Ich bin in keinem Tief.“
Kayla ging nicht auf seine Bemerkung ein. „Aber was für eine Frau?“ Sie runzelte die Stirn. „Jemand, der geduldig ist und Tiere liebt. Jemand, mit dem du richtig reden kannst.“ Sie deutete mit dem Kopf zum Wohnzimmer. „Jemand, dem es nichts ausmacht, dass die Hälfte der Tapeten von den Wänden gerissen ist und die andere Hälfte noch drankommt.“
„Eine Rothaarige“, warf er ein.
„Hübsch, klug und humorvoll“, fuhr sie fort. „Mit anderen Worten: Du brauchst mich!“
Bei ihren Worten fiel ihm der Topf aus der Hand und stürzte ins Becken. Erschrocken sah er Kayla an, und sie lächelte verschmitzt.
„Nun?“, fragte sie. „Hat es dir die Sprache verschlagen?“
„Ja.“
„Sehr gut. Es gefällt
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