JULIA FESTIVAL Band 95
dich unterstützen, anstatt dir Vorwürfe zu machen. Geh zu Cole, und sage ihm die Wahrheit!“
„Danke, Fallon, und drück mir die Daumen.“
Die Fahrstuhltür öffnete sich, und Cole trat auf den Korridor des Hotels, der mit dicken Teppichen ausgelegt war. Die Beerdigung war vorüber und ebenso die Testamentsverlesung. Morgen würde er den Anwalt seines Großvaters noch einmal treffen, um verschiedene Einzelheiten zu klären. Jetzt war er einfach zu müde, über die Dinge nachzudenken, die in nächster Zeit auf ihn zukamen. Er wollte nur noch in sein Bett und schlafen.
Doch das war sein Problem. Er konnte nicht schlafen. Sobald er das Licht ausschaltete, dachte er an Elissa. Er hatte schon während des Fluges die ganze Zeit über sie nachgedacht. Sie hatte ihn nach New York begleiten wollen, und er hatte sie durch sein krankhaftes Misstrauen vertrieben. Dass es so gekommen war, war allein seine Schuld. Er musste einen Weg finden, sie zurückzugewinnen. Vielleicht gab sie ihm doch noch eine Chance.
Als Cole die Tür zu seinem Hotelzimmer erreichte, hörte er jemanden rufen. „Mr. Stephenson!“ Es war der Etagenkellner. „Einen Augenblick bitte! Es könnte sein, dass ich einen Fehler gemacht habe, und dann möchte ich ihn gleich berichtigen.“ Der junge Mann in dem maßgeschneiderten Anzug knetete nervös seine Finger.
„Was ist los?“, fragte Cole.
„Ihre Frau ist da. Sie bat mich, sie hereinzulassen, aber wenn das nicht in Ihrem Sinne ist …“
Elissa? Hier?
Cole suchte mit zitternden Händen nach seinem Zimmerschlüssel. „Das haben Sie großartig gemacht“, lobte er ihn aufgeregt. „Einfach großartig.“
Er ließ den verdutzten Hotelangestellten stehen und betrat das Zimmer. Gedämpftes Licht war eingeschaltet. Elissas Handtasche lag auf dem Couchtisch, und ihre Pumps standen neben dem Sofa. Eine Flasche von seinem Lieblingswein stand bereit. Erleichtert atmete Cole auf. Sie war zurückgekommen. Warum, das war ganz egal.
Eine leichte Bewegung auf dem Balkon erregte seine Aufmerksamkeit. Er riss die Vorhänge auf und trat ins Mondlicht. „So schön hatte ich diese Stadt nicht in Erinnerung“, sagte Elissa und löste sich von dem faszinierenden Anblick der Großstadt, um Cole zu begrüßen.
In ihrem eng anliegenden schwarzen Kostüm sah sie ausgesprochen verführerisch aus. „Vielleicht liegt es auch daran, dass wir keine besonders schöne Aussicht hatten“, entgegnete Cole.
„Nein, das glaube ich nicht. Ich möchte den Grund dafür eher darin sehen, dass ich mich verändert habe.“ Elissa ging auf Cole zu und nahm ihn in die Arme. „Wie geht es dir?“, fragte sie.
„Ich weiß es nicht genau. Ich fühle mich ein wenig benommen.“
„Die Sache mit deinem Großvater tut mir leid. Ich wünschte, du hättest ihn noch kennengelernt.“
„Ja, das wäre schön gewesen.“ Ihre Wärme erinnerte ihn an ihr letztes Zusammentreffen. „Elissa, ich …“
„Nein, Cole, sag nichts. Lass mich zuerst reden, damit ich nichts vergesse. Es tut mir leid, dass ich dich verlassen habe. Die ganze Zeit über habe ich dir versichert, es nie wieder zu tun, und bei der ersten Gelegenheit dann versagt. Manche Lektionen sind eben schwer zu lernen.“
„Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Ich habe dich mit meinem verfluchten Misstrauen ja geradezu in die Flucht getrieben.“
„Doch, ich muss es dir erzählen, und ich muss auch noch ein paar andere Dinge klarstellen. Als wir anfangs verheiratet waren, war ich der Situation überhaupt nicht gewachsen. Ich lebte in der ständigen Angst, dich zu enttäuschen. Ich hatte das Gefühl, dir nichts geben zu können. Du hast immer gearbeitet, also hatte ich keine Möglichkeit, für dich zu kochen, Sex war von Anfang an ein Problem, also war auch das ein Fehlschlag, deshalb zog ich die falschen Konsequenzen und verließ dich. Ich hoffte dabei, dass du mir folgen und mich zurückholen würdest.“
„Ich dachte, du liebst mich nicht mehr, ich wollte dich zu nichts zwingen.“
„Das weiß ich jetzt. Aber vorher dachte ich eben, dass ich dir nichts bedeute. Erst als ich das Geld aus unserem Fonds bekam, wuchs mein Selbstvertrauen, und ich startete einen zweiten Versuch. Ich wollte dir als großzügige Helferin in der Not imponieren.“
„Es ist dir auch gelungen, das Vertrauen der Kinder zu gewinnen.“
„Ja, und das nicht des Geldes wegen. Und das ist, glaube ich, auch der Punkt gewesen, an dem ich erkannte, dass es möglich ist, mich um meiner selbst
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