JULIA FESTIVAL EXTRA Band 04
wahrheitsgemäß. Es lag ihr nicht, sich als etwas darzustellen, was sie nicht war. Außerdem wurde sie tatsächlich meist zu Feiern aus der Familie oder ihrem Freundeskreis gebeten zu singen, wofür sie überhaupt kein Honorar verlangte.
„Aber Sie haben doch sicher eine Gesangsausbildung genossen“, ließ Michelle nicht locker.
Ihr kritischer Ton ärgerte Gina. Was ging das diese Frau an? „Wenn Sie Gesangsstunden meinen … ja, natürlich. Und ich habe auch an einigen Wettbewerben teilgenommen.“
„Und warum haben Sie dann nicht eine ernsthafte Karriere in dieser Richtung verfolgt?“
„Nicht für jede Frau kommt die Karriere an erster Stelle“, mischte sich Isabella Valeri-King bezeichnend ein.
Michelle zuckte die Schultern. „Es kommt mir nur wie eine Talentvergeudung vor, falls Ihre Stimme wirklich gut genug ist.“
Dabei sah sie Gina bedeutungsvoll an, und Gina ärgerte sich erneut. Warum war Alessandro Kings Verlobte so offensichtlich bestrebt, sie in ihre Schranken zu verweisen? Michelle war doch eine Frau, die anscheinend alles besaß, wovon andere Frauen nur träumen konnten … einschließlich des Mannes, dessen Ring sie trug.
„Ich hatte andere Vorstellungen für mein Leben“, antwortete Gina nun schlicht. „Und was die Qualität meiner Stimme angeht, bin ich ja gekommen“, sie wandte sich ganz bewusst Isabella Valeri-King zu, „damit Mrs. Valeri-King beurteilen kann, ob sie ihren Anforderungen gerecht wird.“
„Und ich freue mich darauf, eine Kostprobe Ihrer Kunst zu hören.“ Die alte Dame lächelte ermutigend. „Wenn das Demoband Ihres Agenten ein Anhaltspunkt ist“, sie sah ihren Enkel direkt an, „dann möchtest du vielleicht sogar, dass Gina auf deiner Hochzeit singt, Alessandro.“
Schweigen. Eisiges Schweigen. Gina spürte plötzlich Spannungen unter den Anwesenden, die nichts mit ihr zu tun hatten. Befangen nippte sie an ihrem Wasser und hielt es für das Klügste, sich nicht einzumischen.
Michelle sah Alessandro herausfordernd an. Er räusperte sich und wandte sich an seine Großmutter. „Nonna, das haben wir doch bereits besprochen. Michelle will Harfenmusik, keinen Gesang.“
„Ich habe gehört, was Michelle will, Alessandro“, lautete die kühle Antwort. „Aber habe ich auch gehört, was du willst?“
„Es ist der große Tag der Braut“, antwortete er resigniert.
Isabella Valeri-King sah die Verlobte ihres Enkels scharf an. „Ist das Ihre Meinung, Michelle … dass die Hochzeit allein der Tag der Braut ist und der Bräutigam sich in allen ihren Wünschen fügen muss?“
Michelle lächelte selbstgefällig. „Nun, Alessandro tut mir gern den Gefallen, wenn ich mir Harfenmusik für meine Hochzeit wünsche.“
„Ich habe stets empfunden, dass kein Instrument, auch keine Harfe, in der Weise Wärme und Gefühl vermitteln kann, wie dies einer schönen menschlichen Stimme möglich ist.“
„Das ist reine Geschmackssache“, wehrte Michelle ab. „Eine Harfe ist eben ein sehr elegantes Instrument.“
„Unbestritten. Aber ich bin der Ansicht, dass bei aller Eleganz auf eurer Hochzeit auch ein wenig Raum für die Liebe sein sollte.“ Isabella Valeri-King wandte sich lächelnd an Gina. „Sind Sie jetzt bereit?“
„Ja, natürlich.“ Gina stellte ihr Glas beiseite und nahm ihre Handtasche. „Ich habe ein Band mit dem Soundtrack mitgebracht. Gibt es im Ballsaal eine entsprechende Anlage …?“
„Selbstverständlich.“ Isabella Valeri-King sah ihren Enkel an. „Alessandro wird alles für Sie einrichten und Ihnen eine Fernbedienung geben, sodass Sie das Band ganz nach Wunsch einschalten und stoppen können.“
Ginas Herz pochte wie wild. Würde er denn auch zuhören? Ihr entging nicht, dass über Michelles Gesicht ein unwilliger Ausdruck huschte. Dennoch nickte sie Alessandro lächelnd zu. „Danke.“
„Es ist mir ein Vergnügen“, erwiderte er freundlich, doch Gina vermutete, dass auch er nicht begeistert war, dass seine Großmutter ihn derart überrumpelt hatte. Und seine Verlobte würde auf jeden Fall eine sehr kritische Zuhörerin sein.
Isabella Valeri-King stand auf und gab damit das Signal. Gina nahm Marco das Glas aus der Hand und hob ihn vom Stuhl.
„Gehen wir jetzt zu den Spiegelkugeln, Mom?“, fragte er gespannt.
„Ja, Liebes.“
„Komm, Marco, gib mir deine Hand“, forderte Isabella Valeri-King ihn freundlich auf. „Ich zeige dir alles, während deine madre sich bereit macht, für uns zu singen.“
Ohne zu zögern, reichte
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